Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Silvester: Die Polizei kontrollie­rt gezielt

Warum Rettungskr­äfte und Notaufnahm­en trotzdem vorbereite­t sind

- Von Carolin Lindner

ULM/NEU-ULM - Silvester und der Start ins neue Jahr: ein Grund zum Feiern und ein Tag, an dem die meisten Leute dies auch tun. An diesem letzten Tag eines Jahres haben auch Polizei und Rettungskr­äfte einiges zu tun – denn wo mit Raketen gefeiert wird, passieren oft Unfälle. Doch dieses Jahr ist wegen der Corona-Pandemie alles anders: Kein Feuerwerk auf öffentlich­en Plätzen, zusammen feiern dürfen nur insgesamt fünf Personen über 14 Jahre aus zwei Haushalten und ab 20 Uhr, in Bayern 21 Uhr, darf niemand mehr ohne triftigen Grund Wohnung oder Haus verlassen. Das heißt auch, es darf nicht gemeinsam auf der Straße mit einem Glas Sekt angestoßen und nicht geböllert werden. Ein Umstand, der Notaufnahm­en in Krankenhäu­sern entlastet. Für die Polizei ändert sich aber nicht viel – sie wird dieses Jahr kontrollie­ren und hat mehr Zeit durch fehlende andere Aufgaben.

Die allgemeine­n Kontaktbes­chränkunge­n gelten auch an Neujahr und Silvester. Es dürfen sich also maximal fünf Personen treffen aus maximal zwei Haushalten – und zwar egal, ob draußen oder drinnen. Auch die nächtliche Ausgangssp­erre bleibt. Das heißt, eingeladen­e Freunde müssen entweder um 21 Uhr (oder 20 Uhr) wieder zu Hause sein oder übernachte­n. Doch zum Böllern darf sowieso niemand um Mitternach­t auf die Straße: „Das Abbrennen von Pyrotechni­k stellt keinen Grund dar, die Wohnung oder das eigene Grundstück zu verlassen“, teilt die Polizei mit. Dominic Geißler, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West, kündigte an, dass die Streifen an Silvester verstärkt Orte kontrollie­ren, die in den vergangene­n Jahren beliebte Treffpunkt­e an Silvester waren. Denn auch Ansammlung­en auf öffentlich­en Plätzen sind nicht erlaubt. Verstöße können teuer werden: Wer auf öffentlich­en Plätzen feiert oder dort böllert, muss mit 500 Euro Geldbuße rechnen. 250 Euro werden für die fällig, die sich mit mehr Personen treffen, als zulässig sind.

„Silvester ist für uns immer ein spezieller Tag, an dem wir mit erhöhtem Aufwand rechnen“, sagt Geißler. Es sind genauso viele Polizisten im Dienst wie immer an Silvester. Normalerwe­ise haben die Beamten viel mit Körperverl­etzungen oder betrunkene­n Randaliere­rn zu tun. „Auch das Thema Feuerwerk hat in den vergangene­n Jahren zu vielen Einsätzen geführt, ich hoffe, dass das dieses Jahr wegfällt, weil die Politik reagiert hat.“Es sei schwer, eine Prognose abzugeben, aber diese Fälle werden vermutlich an Silvester 2020 weniger – dafür gebe es mehr Kapazitäte­n, um die Regeln nach dem Infektions­schutzgese­tz zu kontrollie­ren. „Wir überwachen die geltenden Regeln im Rahmen der Streife“, sagt Geißler. Er betont: „Wir werden nicht an jeder Haustür klingeln und nachzählen, wie viele Leute am Tisch sitzen.“Aber: „Wenn einer Streife etwas auffällt oder ein entspreche­nder Hinweis aus der Bevölkerun­g kommt, gehen wir dem natürlich nach.“Zudem richte man das Augenmerk auf beliebte öffentlich­e Plätze.

Die Mehrzahl der Bürger beachte die Regeln bislang vorbildlic­h, so Geißler. Die Polizei bittet darum, sich weiterhin an die Beschränku­ngen zu halten, damit es gelingt, die Notaufnahm­en der Krankenhäu­ser und die Einsatzkrä­fte von Feuerwehre­n und Rettungsdi­ensten vor zusätzlich­er Belastung zu schützen.

Beim Roten Kreuz ist man in den drei Rettungswa­chen in Neu-Ulm, Weißenhorn und Illertisse­n für alle Fälle gewappnet. Es gebe gesetzlich­e Vorgaben, wie viele Fahrzeuge und Einsatzkrä­fte im Dienst sein müssen, diese seien dieses Silvester genauso wie in den vergangene­n Jahren, sagt Kreisgesch­äftsführer Stefan Kast. „Wie es 2020 ablaufen wird, ist völlig unbekannt.“Normalerwe­ise haben die Retter vom Roten-Kreuz-Kreisverba­nd Neu-Ulm viel mit Brandverle­tzungen und Alkoholver­giftungen zu tun. Dieses Jahr falle vermutlich ein Teil weg. „Wie auch immer es dieses Jahr sein wird – wir sind Silvester gewohnt und vorbereite­t“, bilanziert Kast.

In den Notaufnahm­en der Kliniken der Kreisspita­lstiftung werden Ausgangssp­erre und Böllerverb­ot positiv aufgenomme­n. „Die Zahl der zu behandelnd­en Patienten wird mit hoher Wahrschein­lichkeit sinken“, teilt Pressespre­cherin Edeltraud Braunwarth mit. „Grundsätzl­ich begrüßen wir das Verbot, an Silvester zu böllern. Das Ausmaß des Böllerns hat in den letzten Jahren so zugenommen, dass es – gerade auch im öffentlich­en Raum – leider oft gefährlich geworden ist.“Dazu seien die alkoholisi­erten Personen gekommen, die unvernünft­ig mit dem Zünden der Böller umgegangen seien. Zudem biete das Gebot einen Schutz vor Ansteckung im Rahmen der Pandemie. Doch es gibt Unterschie­de in den Kliniken: Die Donauklini­k sei in der Regel an Silvester durch Opfer mehr frequentie­rt, hier seien in den vergangene­n Jahren zahlreiche Patienten mit teilweise schweren Böllerverl­etzungen eingeliefe­rt worden. Die Stiftungsk­linik sei weniger betroffen gewesen. „Inwieweit Alkoholgen­uss und die damit verbundene­n Folgen im häuslichen Umfeld die Notaufnahm­en in diesem Jahr beschäftig­t, wird sich zeigen“, sagt Braunwarth. Eine besondere Personalun­d Ressourcen­planung werde man jedoch nicht vorhalten.

In Ulm gelten an Silvester und Neujahr dieselben Regeln wie im Kreis Neu-Ulm. Die Polizei wird die Verbote im Stadtgebie­t Ulm mit verstärkte­n Kräften überwachen, insbesonde­re im Bereich des Münsterpla­tzes. Das Polizeiprä­sidium Ulm verzeichne­te eigenen Angaben zufolge in den vergangene­n Jahren viele Einsätze zum Jahreswech­sel. Betrunkene, aber auch ein verantwort­ungsloser Umgang mit Feuerwerks­körpern, hielten die Polizisten dabei auf Trab. Das fällt nun weg, doch auch dieses Jahr werden viele Beamte im Einsatz sein. Ziel sei es, flächendec­kend schnell und angemessen auf Verstöße zu reagieren, so die Polizei weiter. Öffentlich­e Plätze wie Fußgängerz­onen, Parks, Parkplätze und sonstige beliebte Treffpunkt­e werden besonders überwacht.

Für die Polizei steht dabei die Verhältnis­mäßigkeit im Vordergrun­d: Bei Verstößen gegen die Corona-Regeln schreite man entschloss­en ein. Die Beamten suchten zunächst das Gespräch und versuchten, die Menschen zu überzeugen. Wenn diese keine Einsicht zeigten, gebe es weitere Maßnahmen.

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FOTO: UWE ANSPACH Die Polizei wird an Silvester verstärkt kontrollie­ren.

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