Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Verkehrsplanung soll völlig neu gedacht werden
Die Naturschützer vom BUND kritisieren eine mögliche achtspurige Adenauerbrücke als unlogisch
ULM - Die Landesgartenschau 2030 soll Ulm grüner machen und den Verkehr in der Stadt verringern – oder zumindest weniger sichtbar machen. Die Planer feilen an Ideen, damit B10 und B28 Ulm künftig weniger stark zerteilen. Gleichzeitig aber haben sich die Ulmer Stadtverwaltung und der Neu-Ulmer Stadtrat dafür ausgesprochen, die marode Adenauerbrücke mit acht, statt sechs Spuren neu zu errichten. Das, kritisieren Umweltschützer, passe überhaupt nicht zusammen.
Jana Slave, Regionalgeschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) warnt, dass eine Entscheidung für eine achtspurige Brücke den Verkehr nicht reduziere, sondern zementiere. Zudem werde zwar vielleicht die B10Brücke selbst entlastet. „Die anschließenden Verkehrsknotenpunkte laufen aber nicht besser“, sagt Slave.
Der BUND ist an den Planungen für die Landesgartenschau, bei denen die „Stadtautobahn“aus den beiden Bundesstraßen momentan im Fokus steht, beteiligt. Mitte Januar wird die Umweltschutz-Organisation wie die weiteren Mitglieder im Fachbeirat für die Schau eine Stellungnahme zu den Planungsideen abgegeben. Der Ulmer BUND-Kreisvorsitzende Martin Denoix spricht offen über seine Bedenken. Insbesondere rund um die Wilhelmsburg, fürchtet er, werde die Stadt womöglich nicht im Sinne ökologischer Gedanken umgestaltet.
Ein Kernpunkt aus Sicht des BUND ist es, die Dominanz des oberirdischen Autoverkehrs so weit wie möglich zu reduzieren. Der Rad- und Fußgängerverkehr soll vor allem in Ost-West-Richtung gestärkt werden, um die trennende Wirkung der Bundesstraße
zu verringern. Gleichzeitig sollen der Söflinger Kreisel, der Blaubeurer Ring und die komplizierte Verkehrsführung am Ehinger Tor entfernt werden – Strukturen, die aus Sicht der Naturschützer überflüssig sind. Die Wagnerstraße durch die Weststadt könnte nach BUND-Überlegungen vom Durchgangsverkehr befreit werden, Autos könnten beispielsweise stattdessen die Söflinger Straße nutzen. Ulms Baubürgermeister Tim von Winning hatte darüber gesprochen, die Stadt habe im Norden keinen erkennbaren Eingang. Der BUND fordert nun Vorsicht und Zurückhaltung beim Bau neuer Gebäudeblöcke und Wahrzeichen auf entstehenden Freiflächen – etwa auf Höhe Ikea. Bei der Planung der Landesgartenschau, so Denoix, dürften „grüne“Themen nicht vernachlässigt werden.
Ein Beispiel für eine neue Verkehrsplanung gibt es bereits: Ende November hat der Ulmer Bauausschuss entschieden, dass Varianten für einen Radfahrstreifen entlang der Münchner Straße erarbeitet werden sollen. Wird das Projekt umgesetzt, fällt eine Autospur weg. Bereits über den Beschluss, Varianten zu erarbeiten, gab es eine intensive Debatte. Martin Denoix schließt daraus: „Sobald es den Autofahrern ein bisschen an den Kragen geht, steht auf der Kippe, ob ein Projekt umgesetzt wird.“Der Ansatz findet beim BUND Gefallen: Endlich gebe es Planungen, die eine wirkliche Verkehrswende befördern würden. Dabei räumt Kreisvorsitzender Denoix ein, dass die Planungen einen neuralgischen Punkt betreffen. Schließlich münde die Münchner Straße in die Gänstorbrücke, die bis 2025 neu gebaut werden soll. Nach Zählungen der Stadt Ulm rollen täglich 28 000 Fahrzeuge über das Bauwerk.