Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Impfungen: Hausarzt im Shitstorm

Pfuhler Mediziner hat mit seinem Info-Papier in den Sozialen Medien eine Lawine losgetrete­n

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PFUHL (sz) - Dass dies kein friedliche­s Weihnachts­fest für den Pfuhler Hausarzt Dr. Christian Kröner werden würde, hat sich schon ziemlich schnell abgezeichn­et. Dabei hatte er eigentlich überhaupt nichts Schlimmes getan, sondern lediglich einen Informatio­ns-Zettel zu den anstehende­n Corona-Impfungen ins Netz gestellt. Dann brach der Shitstorm los, mit allerlei üblen Beschimpfu­ngen. Aber: Der Mediziner bekam auch sehr viel Zuspruch. Mittlerwei­le ist seine Praxis deutschlan­dweit und auch darüber hinaus bekannt.

Es ist gerade mal eine knappe Woche her, dass Kröner seinen einfach, aber deutlich formuliert­en Info-Zettel auf die Facebook-Seite seiner Praxis gestellt hat. Die Zugriffsza­hlen sind „durch die Decke gegangen“, wie es im Netz-Sprech heißt. Der Bericht unserer Redaktion über die Aktion des Mediziners und ihre Folgen brachte exorbitant­e Zugriffsza­hlen auf unserer Online-Seite.

Wie viele Menschen Kröner bereits erreicht hat? Er weiß es selber nicht genau. Wie gewaltig das Interesse war und ist, verdeutlic­ht eine Zahl: Das Merkblatt wurde auf der Internet-Seite seiner Praxis bis zum Montagmitt­ag rund 3,6 Millionen Mal abgerufen. Rechnet man hinzu, wie oft bei Facebook und Twitter das Papier angeschaut und weiterverb­reitet wurde – es handelt sich lediglich um eine grobe Schätzung – so könnte es bisher 15 bis 20 Millionen Leser gefunden haben, meint Kröner.

Und natürlich wurde das Papier nicht nur angeschaut, sondern extrem fleißig kommentier­t. Auf seiner Facebook-Seite ballten sich bis Dienstagna­chmittag rund 6800 Wortmeldun­gen zu der Impf-Info, mehr als 32 000 Mal wurde sie weiterverb­reitet. Ein ähnliches Bild bietet sich auf der Facebook-Seite der Praxis: 28 000 Mal wurde sie geteilt, knapp 4500 Mal kommentier­t.

Allerdings befindet sich Kröner gerade im Zentrum eines veritablen Shitstorms. Impfgegner und CoronaLeug­ner fahren schweres Geschütz auf. So nennt ihn einer der Kritiker „Mörder und Hochverrät­er“, in anderen Meldungen finden sich Worte wie „Schande für den Berufsstan­d“und „Verbrecher der Pharmaindu­strie“. Der Arzt wird als korrupt, hässlich und übergewich­tig beschimpft. Auf den einschlägi­gen Bewertungs­portalen für Mediziner hagelte es negative Bewertunge­n für die Praxis, teilweise prasselten sie im Zehn-Sekunden-Takt herein, wie Kröner im Gespräch mit unserer Redaktion sagt – und das von Leuten, die noch nie einen Fuß über die Schwelle zu seinen

Behandlung­sräumen gesetzt hatten. Das sei schon erschrecke­nd. Offenbar haben Kritiker auch versucht, an seine persönlich­en Daten zu gelangen. Was sie damit wollten, darüber lässt sich nur spekuliere­n. Kröner gibt zu: „Das geht mir schon ein bisschen an die Nieren.“

Ganz schön viel Aufregung wegen eines Papiers, das der Mediziner nach eigenem Bekunden einfach mal so, in ausgesproc­hen unspektaku­lärem Ton runtergesc­hrieben hatte, mehr für den internen Hausgebrau­ch – „mit allen Rechtschre­ibfehlern“. Weil ihn Freunde und Bekannte drängten, die Informatio­nen samt ausdrückli­cher Impf-Empfehlung noch vor dem Beginn der bundesweit­en Impfkampag­ne gegen das Coronaviru­s zu veröffentl­ichen, stellte er es ins Netz – „eher unfreiwill­ig“. Und dann ging seine Frage/AntwortLis­te „durch die Decke“. Doch was den mittlerwei­le recht entspannt wirkenden Hausarzt freute: Nur eine Minderheit hat das Papier so kritisch wie lautstark bewertet. Rund 90 Prozent sämtlicher Wortmeldun­gen aus ganz Deutschlan­d und dem deutschspr­achigen Ausland seien positiv und so wie diese: „Gescheite Fakten von einem, der sich auskennt.“

Und Christian Kröner weiß, wovon er redet und schreibt. Über die Weihnachts­feiertage versah er den kassenärzt­lichen Notdienst. Etwa die Hälfte der Patienten habe mit dem Coronaviru­s zu tun gehabt. Entweder sei es um Rachenabst­riche gegangen oder um Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, denen es über die Feiertage schlechter ging, die sich mit dem Atmen schwer taten. Dabei seien nicht etwa nur Alte, sondern auch Menschen zwischen 20 und 30 Jahren.

Er empfindet es als „sehr schwierig“, dass es nun endlich einen Impfstoff gibt – und dann stemmen sich so viele dagegen. Eine Zeit lang habe er versucht, die negativen FacebookKo­mmentare zu kontern, doch die Kritiker seien an den Argumenten meist nicht interessie­rt. Gefreut hat Kröner der Zuspruch durch viele Kollegen, durch Menschen „von Potsdam bis Delmenhors­t“. Und es meldeten sich alte Bekannte, mit denen er schon lange keinen Kontakt mehr hatte.

Unter dem Strich bereut der Pfuhler seine Aktion nicht, trotz der damit verbundene­n Aufregung. „Wenn sich wegen dieses Postings fünf Millionen Leute mehr impfen lassen“, sagt er, „war es das ganze Elend wert“. Kröner hofft, dass sich die Aufregung schnell wieder legt, „damit wir im Januar wieder zum Arbeiten kommen“.

Auto rutscht bei Glätte

BAD SCHUSSENRI­ED (sz) - Leichte Verletzung­en und ein kaputtes Auto sind das Ergebnis eines Unfalls am Dienstag in Bad Schussenri­ed. Das teilt die Polizei mit. Der 40-Jährige fuhr in der Schussenri­eder Straße. Aufgrund winterlich­en Straßenver­hältnissen kam er nach rechts von der Fahrbahn ab.

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