Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wie Einsatzkräfte Schlimmes verarbeiten
Mann bis zur Unkenntlickeit verbrannt – Wie geht die Feuerwehr damit um?
NEU-ULM - Bei einem Wohnungsbrand am Montagnachmittag in der Ringstraße in Neu-Ulm ist ein Mann bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Die Polizei kann die Identität des Toten noch immer nicht zweifelsfrei feststellen (siehe Kasten)). Zwei Feuerwehrleute brachten den Mann aus der brennenden Wohnung ins Freie. Wie gehen Einsatzkräfte mit derartigen Erlebnissen um?
„Gott sei Dank"„ sagt Michael Haitchi, gebe es in Neu-Ulm nur selten Einsätze, die derart tragisch enden wie der am Montag in der Ringstraße. Der Stadtbrandmeister und stellvertretende Leiter der Feuerwehr Neu-Ulm führt diese Entwicklung unter anderem auf die Einführung der Rauchmelderpflicht in bayerischen Haushalten zurück. Seither habe auch bundesweit die Zahl der Todesopfer durch Hausbrände um ein Drittel abgenommen. „Wir setzen alles daran, dass wir keine Toten haben“, sagt Haitchi.
Wie es in der Ringstraße soweit kommen konnte, könne er nur mutmaßen. Haitchi selbst war nicht vor Ort. Die Ermittlungen der Polizei zur Brandursache dauern an. Ein Sachverständiger des Landeskriminalamtes (LKA) wurde hinzugerufen. Dass die Wohnung aber offenbar mit einem Ölofen beheizt wurde, könnte womöglich dafür gesorgt haben, dass sich die Flammen verhältnismäßig schnell ausgebreitet haben.
Feuerwehrleute, die beim Einsatzort eintreffen, erklärt der Stadtbrandmeister, hätten aber erst einmal andere Gedanken im Kopf als die Brandursache. Primäres Ziel: Leben retten. Dabei müssten binnen weniger Augenblicke technische und taktische Entscheidungen getroffen werden: Wie dringe ich in die Wohnung ein, in der es brennt? Über den Balkon oder die Haustür? Was hat das für Folgen? Versperre ich durch Rauchentwicklung den Fluchtweg für andere Hausbewohner? All das und noch viel mehr seien wichtige Faktoren, die in den ersten Minuten entscheidend sein können, erklärt Haitchi.
Doch nicht nur der Schutz der Opfer, auch der Schutz der Einsatzkräfte müsse beachtet werden. Das kann vor Ort im Kampf gegen die Flammen eine kurze Pause sein, abseits des Geschehens mit einem Schluck aus der Wasserflasche, um sich körperlich zu erholen. Wichtig ist aber auch die psychische Erholung.
Wie Einsatzkräfte der Feuerwehr Erlebnisse wie den Brand in der Ringstraße verarbeiten, könne Haitchi nicht pauschal beantworten. Mit 45 Kräften waren die Feuerwehren aus Neu-Ulm und Pfuhl im Einsatz. „Jeder reagiert anders, jeder nimmt Dinge anders wahr. Und jeder hat andere Mechanismen, damit umzugehen“, sagt er.
Jedoch würden Feuerwehrleute schon in der Ausbildung darauf vorbereitet: Wie gehe ich mit kritischen Situationen um? Was bedeutet Stress? Welche Möglichkeiten gibt es, mit diesem Stress fertig zu werden? Aber auch im Nachgang eines Einsatzes gibt es verschiedene Stufen der Intervention, das kann sein: ein Gespräch im Kollegenkreis direkt nach dem Einsatz, eine EinsatzNachbesprechung in der Gruppe, ein persönliches Gespräch mit einer Führungskraft über das Erlebte oder ein Gespräch mit einem externen Experten (meist Seelsorger von kirchlichen oder geistlichen Institutionen).
In Neu-Ulm sind auf der Hauptwache rund um die Uhr acht bis zehn Feuerwehrleute im Dienst. Über diese Art der Gemeinschaft gemeinsam kochen, sich unterhalten, Fernsehschauen finde bereits eine automatische Verarbeitung der Erlebnisse statt.
Eine besondere Rolle kommt hier den führenden und entsprechend dafür geschulten Kräften zu. Sie können schon anhand von Reaktionen im Einsatz erkennen, wie einer der Feuerwehrleute das Erlebte verkraftet und entsprechend reagieren: Muss ich einen solchen Kameraden weiter an vorderster Front arbeiten lassen? Bei schlimmen Ereignissen