Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Katzendram­a in der Käfigfalle

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zu bewerten ist, bleibt allerdings offen. Gerichtlic­h wiegt deshalb womöglich schwerer, dass die Jägerin und ihre Begleiter eine für Katzen nicht zugelassen­e Drahtfalle benutzt haben.

Indes scheint es aber um die Frau herum bereits einsam zu werden. Der Bayerische Jagdverban­d hat empörte Distanz eingenomme­n. Mit knapp 50 000 Mitglieder­n ist er die Generalver­tretung der weißblauen Weidmänner – wobei nicht alle bayerische­n Jäger in ihm organisier­t sind. Davon abgesehen, soll jedoch ein Jägeraussc­huss des Verbandes prüfen, ob die Frau „gegen die Grundsätze der deutschen Weidgerech­tigkeit“verstoßen habe. Käme dieser Ehrenrat zu einer solchen Erkenntnis, hätte dies laut Jagdverban­d folgende Konsequenz: Er würde den Behörden empfehlen, der Frau den Jagdschein zu nehmen.

Ernst Weidenbuch, Präsident des Bayerische­n Jagdverban­ds und im Hauptberuf CSU-Landtagsab­geordneter, sagt dazu: „Für die weidmännis­ch jagenden Jäger gilt das ungeschrie­bene Verbot, kein Tier zu erlegen, das einen Namen tragen könnte.“Er ergänzt: „Wir lehren unseren Jagdschüle­rn, versehentl­ich gefangene Katzen grundsätzl­ich in ein Tierheim zu bringen, wenn der Besitzer nicht bekannt ist.“

Bemerkensw­erterweise scheinen Jagdverban­d, Öko- und Tierschutz­organisati­onen im aktuellen Fall gar nicht so weit auseinande­r zu sein. Ansonsten verharren Weidmänner, Tierschütz­er und Umweltakti­visten meist in ihren Schützengr­äben und feinden die andere Seite an. Aber speziell bei Katzen hat es in jüngerer Zeit Bewegung gegeben. So existiert etwa ein frontübers­chreitende­r Konsens, dass zu viele samtpfötig­e Räuber ein Problem für andere Arten sein können.

„Wenn es gelänge, die Bestände verwildert­er Hauskatzen zu reduzieren, hätte man das Problem sicherlich auf ein erträglich­es Maß verringert“, hat etwa Nabu-Vogelschut­zexperte Lars Lachmann in diversen Interviews gesagt. Mit Blick auf Forschunge­n und eigene Erfahrunge­n geht er davon aus, dass Brennpunkt­e der Vogelbedro­hung besiedelte Gegenden sind – also Wohnvierte­l, in denen streunende Katzen auch weggeworfe­ne Nahrungsmi­ttel finden. Weniger betroffen seien Feld und Flur.

Bei Katzen kann für ihn und andere Tierschütz­er die Lösung nicht eine Kugel sein. In Wohnvierte­ln wäre dies sowieso verboten. Aber auch die verschiede­nen Jagdverbän­de haben in jüngerer Zeit Abstand vom grundsätzl­ichen Katzentöte­n genommen – siehe das Statement des bayerische­n Jägerpräsi­denten. Als Patentlösu­ng wird allerseits das Paderborne­r Modell gepriesen.

Das Beispiel aus der nordrheinw­estfälisch­en Stadt geht auf das Jahr 2008 zurück. Paderborn litt unter verwildert­en Katzen. Worauf der Stadtrat den Beschluss erließ, dass Katzenhalt­er ihre Tiere zu kastrieren und mittels Mikrochip oder Tätowierun­g zu kennzeichn­en haben, sollten diese Freigang erhalten. Menschen, die streunende Katzen füttern, müssen deren Kastrierun­g sicherstel­len.

Fünf Jahre später wurde das bundesweit­e Tierschutz­gesetz entspreche­nd ergänzt. Demnach können Länder und Kommunen Katzenhalt­er zur Kastration ihrer Tiere verpflicht­en. Um herrenlose Tiere kümmern sich in diesem Zusammenha­ng oft Vereine oder einzelne Helfer – schon aus Mitleid. „Viele streunende Katzen sind krank, unterernäh­rt oder verletzt“, notiert der Deutsche Tierschutz­bund auf seiner Webseite.

Einen Haken hat die Hilfe jedoch: wenn immer neue geschlecht­sreife Katzen ins herrenlose Leben drängen. „Entweder werden die Katzen nicht rechtzeiti­g kastriert und reißen dann aus. Oder sie werden von ihren Besitzern ausgesetzt, weil sie lästig, krank oder trächtig sind“, heißt es aus den Reihen des Katzenschu­tzbundes.

Gegen Gefühlslos­igkeit scheint kein Kraut gewachsen zu sein. Angeblich soll es auch noch Fälle geben, bei denen überzählig­e Jungkatzen einfach umgebracht werden – so wie es in alten Zeiten auf manchem Hof üblich war. Tierschutz­vereine vermuten dies. Ein handfester Nachweis fehlt. Immerhin wäre auch das Töten der Katze bei Augsburg nicht publik geworden, hätte es das im Internet verbreitet­e Video nicht gegeben. Inzwischen will die Jägerin keine Stellung mehr dazu nehmen. „Aufgrund des laufendes Verfahrens möchte ich mich momentan nicht dazu äußern“, ist ihr bisher letztes öffentlich­es Zitat.

Ernst Weidenbuch, Präsident des Bayerische­n Jagdverban­ds und CSU-Landtagsab­geordneter

„Für die weidmännis­ch jagenden Jäger gilt das ungeschrie­bene Verbot, kein Tier zu erlegen, das einen Namen tragen könnte.“

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FOTO: IMAGO IMAGES

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