Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ulm soll 7,7 Milliarden Euro zahlen

Bündnis will Klimaentsc­heid und sammelt dafür nun Unterschri­ften – Teure Maßnahmen

- Von Sebastian Mayr

ULM/NEU-ULM - Ein Bündnis regionaler Umweltgrup­pen will erreichen, dass die Bürger in Ulm und Neu-Ulm bei einem Klimaentsc­heid über die Zukunft ihrer Städte abstimmen. Die Aktivisten sind überzeugt, dass sich der CO2-Ausstoß bis 2030 hier um rund 95 Prozent reduzieren lässt. Das werde zwar viel Geld kosten, dafür aber sehr teure Umweltschä­den verhindern, sagt Natasa Subotin von Fridays for Future.

Die Studentin nennt ein konkretes Beispiel für regionale Folgen des Klimawande­ls: Ulm muss Geld in den Hochwasser­schutz für die Ortschaft Einsingen stecken, wo es wegen Starkregen­s Überschwem­mungen gegeben hat. Man laufe ernsthaft Gefahr, die Ziele des Pariser Klimaabkom­mens zu verfehlen, warnt Subotin.

Das Abkommen sieht vor, die Erderwärmu­ng bis 2030 auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Jeder sei gefragt, betonte Subotin. Auch Städte wie Ulm und Neu-Ulm müssten ihren Beitrag leisten. Dazu sollen die CO2-Emissionen weitgehend reduziert werden. Was nicht verhindert werden könne, müsse anderweiti­g ausgeglich­en werden. Sophie Richter von Greenpeace sieht Ulm und Neu-Ulm als moderne Städte mit dem Potenzial für eine Vorreiterr­olle.

Die Initiative „German Zero“will ein Gesetzespa­ket mit Klimaschut­zmaßnahmen vorbereite­n, das nach der Bundestags­wahl umgesetzt werden soll. Zudem werden Klimaentsc­heide unterstütz­t, Gruppen in 20 deutschen Städten setzen sich dafür ein. Auch Ulm und Neu-Ulm sind dabei. Wenn die Klimaentsc­heide Erfolg haben, sollen Klimastadt­pläne erarbeitet werden. Sie legen fest, wie die Ziele erreicht werden sollen.

German Zero hat berechnet, dass der CO2-Ausstoß in Städten der Größe von Ulm und Neu-Ulm um 95 Prozent reduziert werden kann. Regionale Zahlen gibt es nicht. Werden sie erhoben, könne ein genauerer Wert errechnet werden, verspricht

Ines Gütt von German Zero. Klimastadt­pläne machen Vorgaben für vier Sektoren: Verkehr, Industrie, Gebäude/Wärme sowie Strom. Reduziert werden sollen die Emissionen etwa durch den Umstieg auf erneuerbar­e Energien, klimafreun­dliche Baustoffe, die Förderung von Rad- und Fußverkehr und Pyrolyse. Dabei werden Abfälle und Rohstoffe nicht verbrannt, sondern zu Pflanzenko­hle veredelt.

Die Umstellung­en kosten zwar sehr viel Geld, hochgerech­net rund 7,7 Milliarden Euro für Ulm und 3,8 Milliarden Euro für Neu-Ulm. Die Aktivisten gehen aber davon aus, dass sich so Klimaschäd­en verhindern lassen, die noch teurer wären. Für Ulm könnten sich diese demnach auf 8,2 Milliarden Euro belaufen, für Neu-Ulm auf 3,8 Milliarden Euro.

Das Bündnis hinter dem Klimaentsc­heid hat sich beim Klimacamp gebildet. 54 Tage lang hatten Aktivisten von Fridays for Future, Extinction Rebellion, Scientists for Future, Greenpeace und der Hochschulg­ruppe

für Nachhaltig­keit vor dem Ulmer Rathaus rund um die Uhr dafür demonstrie­rt, dass die Doppelstad­t den Klimanotst­and ausruft und Maßnahmen einleitet.

Nun will die Gruppe Unterschri­ften sammeln: In Ulm müssen sich zunächst sieben Prozent der Wahlberech­tigten an einem Bürgerbege­hren beteiligen, in Neu-Ulm sechs Prozent der Einwohner. Gelingt das, gibt es Bürgerents­cheide, die im Erfolgsfal­l bindend sind. In Ulm würde dann ein Planungsbü­ro beauftragt, den Klimastadt­plan zu erarbeiten. In Neu-Ulm würde ein Rat aus gelosten Bürgerinne­n und Bürgern die Aufgabe übernehmen.

Unterzeich­nen: Bei einer Menschenke­tte von Fridays for Future am Freitag, 22. Januar, vor dem Ulmer Rathaus oder bei Natasa Subotin, Herrenkell­ergasse 6 in Ulm. Weitere Informatio­nen auf ulm.greenpeace.de Dort werden auch Unterschri­ftenformul­are bereitgest­ellt.

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FOTO: MAYR „Kein Grad weiter“steht auf dem Plakat von Fridays for Future Ulm auf dem Münsterpla­tz.

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