Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ulm soll 7,7 Milliarden Euro zahlen
Bündnis will Klimaentscheid und sammelt dafür nun Unterschriften – Teure Maßnahmen
ULM/NEU-ULM - Ein Bündnis regionaler Umweltgruppen will erreichen, dass die Bürger in Ulm und Neu-Ulm bei einem Klimaentscheid über die Zukunft ihrer Städte abstimmen. Die Aktivisten sind überzeugt, dass sich der CO2-Ausstoß bis 2030 hier um rund 95 Prozent reduzieren lässt. Das werde zwar viel Geld kosten, dafür aber sehr teure Umweltschäden verhindern, sagt Natasa Subotin von Fridays for Future.
Die Studentin nennt ein konkretes Beispiel für regionale Folgen des Klimawandels: Ulm muss Geld in den Hochwasserschutz für die Ortschaft Einsingen stecken, wo es wegen Starkregens Überschwemmungen gegeben hat. Man laufe ernsthaft Gefahr, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu verfehlen, warnt Subotin.
Das Abkommen sieht vor, die Erderwärmung bis 2030 auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Jeder sei gefragt, betonte Subotin. Auch Städte wie Ulm und Neu-Ulm müssten ihren Beitrag leisten. Dazu sollen die CO2-Emissionen weitgehend reduziert werden. Was nicht verhindert werden könne, müsse anderweitig ausgeglichen werden. Sophie Richter von Greenpeace sieht Ulm und Neu-Ulm als moderne Städte mit dem Potenzial für eine Vorreiterrolle.
Die Initiative „German Zero“will ein Gesetzespaket mit Klimaschutzmaßnahmen vorbereiten, das nach der Bundestagswahl umgesetzt werden soll. Zudem werden Klimaentscheide unterstützt, Gruppen in 20 deutschen Städten setzen sich dafür ein. Auch Ulm und Neu-Ulm sind dabei. Wenn die Klimaentscheide Erfolg haben, sollen Klimastadtpläne erarbeitet werden. Sie legen fest, wie die Ziele erreicht werden sollen.
German Zero hat berechnet, dass der CO2-Ausstoß in Städten der Größe von Ulm und Neu-Ulm um 95 Prozent reduziert werden kann. Regionale Zahlen gibt es nicht. Werden sie erhoben, könne ein genauerer Wert errechnet werden, verspricht
Ines Gütt von German Zero. Klimastadtpläne machen Vorgaben für vier Sektoren: Verkehr, Industrie, Gebäude/Wärme sowie Strom. Reduziert werden sollen die Emissionen etwa durch den Umstieg auf erneuerbare Energien, klimafreundliche Baustoffe, die Förderung von Rad- und Fußverkehr und Pyrolyse. Dabei werden Abfälle und Rohstoffe nicht verbrannt, sondern zu Pflanzenkohle veredelt.
Die Umstellungen kosten zwar sehr viel Geld, hochgerechnet rund 7,7 Milliarden Euro für Ulm und 3,8 Milliarden Euro für Neu-Ulm. Die Aktivisten gehen aber davon aus, dass sich so Klimaschäden verhindern lassen, die noch teurer wären. Für Ulm könnten sich diese demnach auf 8,2 Milliarden Euro belaufen, für Neu-Ulm auf 3,8 Milliarden Euro.
Das Bündnis hinter dem Klimaentscheid hat sich beim Klimacamp gebildet. 54 Tage lang hatten Aktivisten von Fridays for Future, Extinction Rebellion, Scientists for Future, Greenpeace und der Hochschulgruppe
für Nachhaltigkeit vor dem Ulmer Rathaus rund um die Uhr dafür demonstriert, dass die Doppelstadt den Klimanotstand ausruft und Maßnahmen einleitet.
Nun will die Gruppe Unterschriften sammeln: In Ulm müssen sich zunächst sieben Prozent der Wahlberechtigten an einem Bürgerbegehren beteiligen, in Neu-Ulm sechs Prozent der Einwohner. Gelingt das, gibt es Bürgerentscheide, die im Erfolgsfall bindend sind. In Ulm würde dann ein Planungsbüro beauftragt, den Klimastadtplan zu erarbeiten. In Neu-Ulm würde ein Rat aus gelosten Bürgerinnen und Bürgern die Aufgabe übernehmen.
Unterzeichnen: Bei einer Menschenkette von Fridays for Future am Freitag, 22. Januar, vor dem Ulmer Rathaus oder bei Natasa Subotin, Herrenkellergasse 6 in Ulm. Weitere Informationen auf ulm.greenpeace.de Dort werden auch Unterschriftenformulare bereitgestellt.