Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Zittersieg für den Halbzeitmeister
Der FC Bayern nutzt die Patzer der Rivalen und feiert ein 2:1 über Freiburg
MÜNCHEN (SID/dpa) - Hansi Flick atmete erleichtert auf, dann klatschte er Sportvorstand Hasan Salihamidzic ab. Das Krisengerede bei Bayern München ist erst einmal verstummt, mit dem mühevollen 2:1 (1:0) gegen den formstarken SC Freiburg hat sich der Titelverteidiger vorzeitig die Hinrunden-Meisterschaft gesichert. Doch von der alten Dominanz und Klasse waren die Münchner nach zwei empfindlichen Niederlagen noch immer weit entfernt, am Ende geriet der Sieg sogar noch in Gefahr.
Freiburgs Joker Nils Petersen traf in der Nachspielzeit (90.+1) die Latte, nicht nur die Nerven von Bayern-Trainer Flick lagen da blank. Doch am Ende retteten die Münchner um Weltfußballer Robert Lewandowski (6.) und den starken Thomas Müller (74.) den Sieg mit etwas Glück über die Zeit. „Es war ein Arbeitssieg. Von der Spielweise können wir uns steigern. Es ist klar, dass nicht alles von alleine geht. Am Ende haben wir gezittert“, sagte Jerome Boateng.
Die Bayern bauten nach der Niederlage in Gladbach und der PokalBlamage beim Zweitligisten Kiel damit den Vorsprung auf Verfolger RB Leipzig auf vier Punkte aus, Leverkusen und Dortmund liegen bereits sieben Zähler zurück. „Wir hatten keine einfach Phase“, sagte Flick: „Und heute war wichtig, dass wir zeigen, dass wir dieses Spiel gewinnen wollen. Ich hatte das Gefühl, dass das von Anfang an so ist. Jetzt müssen wir diesen Weg in Augsburg und Schalke weiter beschreiten.“
Allerdings hing der Sieg am Ende am seidenen Faden, als Petersen nach seinem zwischenzeitlichen 1:1 mit dem ersten Ballkontakt (62.) Sekunden vor Abpfiff auch noch die Latte traf. „Das ärgert mich brutal. Ich verlange dann schon von mir, den dann auch noch zu machen. Das tut mir leid“, sagte der Ex-Münchner.
Die Bayern verloren Nationalspieler Serge Gnabry, der wegen einer Oberschenkelverletzung ausgewechselt werden musste (28.), allerdings nur wenige Tage pausieren muss. Auch Freiburg, das zuletzt fünf Siege in Serie gefeiert hatte, beklagte in Baptiste Santamaria und Amir Abrashi zwei Verletzte.
Sechs Neue in der Startelf um die genesenen Kingsley Coman und Goretzka – die Bayern spielten „mit der Crème de la Crème“, wie SC-Coach Christian Streich feststellte. Und Flick betonte nach dem „brutalen Weckruf “von Kiel noch einmal: „Es gibt keine Entschuldigung mehr!“Freiburg werde zeigen, „ob wir ein Spitzenteam sind“.
Der von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge eingeforderte PressingStil aus der Triple-Saison war zumindest phasenweise wieder zu erkennen. Zu der Form, die ihnen Trophäen in Serie gebracht hatte, fehlte den Bayern trotz Übergewichts aber ein großes Stück. Freiburg hielt mutig, entschlossen und mit einem Schuss Aggressivität dagegen. Dabei musste Streich seine Köln-Elf (5:0) schon nach wenigen Minuten umbauen, weil Santamaria am rechten Knie lädiert war. Kurz darauf hatte Freiburg Glück, als der Videoassistent den Bayern nach Handspiel von Manuel Gulde einen möglichen Elfmeter verweigerte (5.). 36 Sekunden später und nach einem schnellen Münchner Angriff über Gnabry und Müller stand es dennoch 1:0. Es war der 21. Saisontreffer von Lewandowski – Hinrundenrekord in der Bundesliga. Auch Müller schraubte seine Bestmarke hoch, es war seine 125. Torvorlage in der Bundesliga, Rekord seit Beginn der Datenerfassung 2004.
Freiburg ließ sich davon keineswegs entmutigen und die Bayern immer wieder laufen. Roland Sallai (17.) vergab die größte Ausgleichschance. Gnabry (25.) nach feinem Solo und der für ihn eingewechselte Leroy Sané (30.) hätten erhöhen können. In Abrashi (linke Wade), der Santamaria ersetzt hatte, verloren die Gäste nach 54 Minuten den nächsten Spieler. Die Bayern erhöhten den Druck. Lewandowski scheiterte an der Latte, den Nachschuss von Goretzka parierte SC-Keeper Florian Müller stark (59.).
Petersen erwischte dann den Rekordmeister nach einer Ecke kalt per Kopf, doch die Gastgeber fanden durch Müller nach Vorarbeit von Sané die richtige Antwort. Streich war ein fairer Verlierer: „Es ist äußerst unglücklich losgegangen mit der Verletzung von Santamaria, was uns auch durcheinandergebracht hat. Dann kam gleich das Gegentor. Danach haben wir ganz ordentlich Fußball gespielt. Wir haben alles getan, mit den Wechseln in der Offensive war noch mal richtig Power drin. Ein 2:2 wäre nicht unverdient gewesen, aber das ist der Bayern-Sieg auch nicht.“