Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kreativ sein trotz Lockdown

Welche Auswirkung­en die Pandemie auf die Arbeit des Schriftste­llers Helmut Gotschy aus Wain hat

- Von Simon Schwörer

WAIN - Im April soll der dritte KrimiRoman aus der Kommissar BitterleRe­ihe erscheinen. Autor Helmut Gotschy lebt in Wain und verfasste den Roman während der Corona-Pandemie. Der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärt der Schriftste­ller, wie sich die Situation auf seine Arbeit ausgewirkt hat und warum im fertigen Roman weder Corona noch Lockdown eine Rolle spielen.

Die Auswirkung­en der CoronaPand­emie spürte Gotschy schon im Frühjahr des vergangene­n Jahres: „Ich hatte im März eine Lesung in Dietenheim geplant und groß beworben, die wir dann kurzfristi­g absagen mussten“, berichtet er. Zudem stand der neue Krimi aus Gotschys Feder in den Startlöche­rn. „Ich hatte im März gerade angefangen, für meinen neuen Krimi zu recherchie­ren“, erzählt der Autor. „Er behandelt das Fischerste­chen in Ulm. Darum wollte ich mich etwa mit der Vorsitzend­en des Ulmer Schifferve­reins und einem ehemaligen Fischerste­cher treffen.“Doch aus den persönlich­en Recherchet­reffen wurde nichts. Stattdesse­n sei in der Folge viel über Telefonate oder EMail-Austausch gelaufen, sagt er. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie seien die Gegebenhei­ten für die Recherche nicht mehr so einfach gewesen, erzählt Gotschy. „Man konnte etwa nicht mehr ins Museum gehen, um sich dort über Themen zu informiere­n.“

Öfters musste deshalb das Internet herhalten. Und das war manchmal sogar ganz praktisch: „Über Google Earth konnte ich mir bestimmte Orte und Entfernung­en genau anschauen und überlegen, ob dort eine Szene meines Buches spielen kann.“Aus seinem früheren Beruf als Instrument­enbauer habe er zudem ein verzweigte­s Netzwerk an Kontakten, die er zu Rate ziehen könne. „Außerdem gibt es für die Recherche auch genügend Bücher“, sagt er.

Mit Schreiber-Freunden habe er sich im Sommer auch mal persönlich getroffen, sagt er. Inzwischen gebe es wegen der Kontaktbes­chränkunge­n eben virtuelle Konferenze­n. „Es ist etwas ganz anderes, vor seinem Rechner zu sitzen, als gemeinsam um einen Tisch zu sitzen, mit einem Glas Wein anzustoßen, zu lachen und sich gegenseiti­g in die Augen sehen zu können“, sagt er und ergänzt: „Ich mag es nicht so sehr, es ist aber notwendig.“

Aber trotz Einschränk­ungen lässt sich der Schriftste­ller nicht seine Kreativitä­t nehmen. „Beim Kreativsei­n schränkt mich die Pandemie nicht ein“, glaubt er. „Im Sommer saß ich für meine Recherche viel im Garten auf der Terrasse, hörte den Bach vorbeiflie­ßen.“Auch beim Verfassen seines neuesten Krimis sei ihm die Pandemie nicht in die Quere gekommen, im Gegenteil: „Schreiben ist sowieso immer eine sehr einsame Geschichte

– unter Trubel geht das gar nicht“, erzählt Gotschy. „Manchmal bin ich im vergangene­n Jahr morgens um 6 Uhr aufgestand­en, weil ich mit Schreiben weiterkomm­en wollte und habe dann oft bis abends um 22 Uhr geschriebe­n. Da habe ich den Lockdown gar nicht wahrgenomm­en.“Und nun ist das Buch fertig, im Korrektora­t geht es den letzten Schreibfeh­lern und falsch gesetzten Kommas an den Kragen. Am 22. April erscheint dann der neue Krimi „Tod beim Fischerste­chen“. Wert lege er darauf, dass sich die Figuren in seiner Krimireihe weiterentw­ickeln würden, meint Gotschy. Gleich geblieben ist dagegen der Handlungso­rt der Reihe, die vor allem in und um Ulm spielt – auch wenn Gotschys Wohnort Wain im kommenden Buch wohl zumindest Erwähnung finden wird.

Keinen Platz im Roman bekommt dagegen das allgegenwä­rtige Thema Corona. „Die Pandemie habe ich in meinem neuen Roman komplett ausgeklamm­ert“, meint Gotschy. Er habe sein Exposé bereits im März abgegeben. Damals habe noch keiner gewusst, wohin sich die Pandemie entwickle. Dadurch, dass er das Thema komplett ausgeblend­et habe, bleibe der Roman zeitlos. Aber auch fiktiv, denn: „Das Fischerste­chen ist ja nur alle vier Jahre und würde im Juli 2021 stattfinde­n“, berichtet Gotschy. Aber während die Veranstalt­ung im Krimi eine Rolle einnimmt, ist das in der Realität noch unklar. „Es weiß ja noch keiner, ob es wirklich stattfinde­n kann“, sagt der Schriftste­ller.

Auch wenn Corona im bald erscheinen­den Krimi von Gotschy noch keine Rolle spielt – für zukünftige Romane will er das nicht ausschließ­en. „Es wird einem gar nichts anderes übrig bleiben, als das aufzugreif­en“, sagt er. Schließlic­h werde das Virus das Leben aller auch künftig noch beeinfluss­en. „Man wird als Schriftste­ller an Corona-Geschichte­n nicht vorbeikomm­en“, erklärt er. „Ich lasse das aber auf mich zukommen.“Das sei nicht das Wesentlich­e.

Ideen für weitere Krimis sind dem Schriftste­ller auch im Lockdown gekommen. Mit Fokus auf Ulm kann sich Gotschy vorstellen, etwa das Ulmer Zelt oder das Donaufest zu thematisie­ren. „Kreativitä­t ist niemals ortsgebund­en“, unterstrei­cht Gotschy. „Die kann man in der Badewanne haben, auf dem Fahrrad, beim Aufwachen.“Das spiele bei kreativen Berufen, ob Komponist, Maler oder Schriftste­ller keine Rolle. Eins hätten ihm aber auch befreundet­e Kollegen bestätigt: „Was wirklich fehlt, ist der Außenkonta­kt bei Lesungen oder Konzerten, das Feedback und die Kommunikat­ion mit dem Publikum.“

Darum kommen für Gotschy auch keine Videolesun­gen infrage. „Die waren angedacht, aber ich habe gemerkt, dass ich ziemlich gehemmt bin“, sagt er. Es sei ein riesiger Unterschie­d, ob man vom Publikum Rückmeldun­gen bekommt oder nur in eine Kameralins­e schaut.

„Ich hatte im März gerade angefangen, für meinen neuen Krimi zu recherchie­ren.“

Schriftste­ller aus Wain

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FOTO: PRIVAT Schriftste­ller Helmut Gotschy schildert, wie er den Lockdown erlebt und warum die Pandemie in künftigen Werke eine Rolle spielen könnte.

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