Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Fliegende Eisplatten: Unfälle häufen sich

Immer mehr Vorfälle, bei denen Autos beschädigt werden

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von Franziska Wolfinger

ILLERTISSE­N - Wer viel auf der Autobahn unterwegs ist, kennt die Situation womöglich aus eigener Erfahrung: Von einem vorausfahr­enden Lastwagen löst sich plötzlich eine Eisplatte und kracht auf die Straße. Für viele Autofahrer ein Schreckens­szenario.

Während es in vielen Fällen bei einem Schockmome­nt bleibt, geht es nicht immer glimpflich aus. So wurden im Einsatzber­eich des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West bei einem solchen Vorfall im vergangene­n Jahr Auto-Insassen leicht verletzt, weil durch den Aufprall der Eisplatte auf ihr Fahrzeug die Windschutz­scheibe gesplitter­t war.

Woher diese potenziell sehr gefährlich­en Eisplatten kommen, ist schnell erklärt: Auf den Planen der Lastwagen sammelt sich Regen oder Schnee, der (an)schmilzt. Das ganze gefriert zu einer soliden Platte, die sich während der Fahrt lösen und besonders in Kurven von dem Lastwagen herunterst­ürzen kann.

Deutlich häufiger als zu Personensc­häden kommt es zu Sachbeschä­digungen an Autos, berichtet ein Pressespre­cher der Polizei. So erst wieder am vergangene­n Freitag, als durch eine herabfalle­nde Eisplatte ein Auto im Bereich des Kühlergril­ls beschädigt wurde.

Insgesamt, so berichtet der Polizeispr­echer, kam es im Bereich des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West allein in diesem Jahr bereits zu elf solcher Unfälle. 2020 waren es 37, 2019 es mit 21 Unfällen vergleichs­weise weniger. Dass es dieses Jahr, das noch nicht einmal drei Wochen alt ist, bereits so viele Vorfälle gab, liegt nach Einschätzu­ng der Polizei sicher auch an dem Wintereinb­ruch der vergangene­n Tage.

Weil die Lastwagenf­ahrer es meist gar nicht bemerken, wenn sich von ihrem Fahrzeug solche Eisplatten lösen und ein Auto beschädige­n, ermittelt die Polizei zunächst häufig wegen Unfallfluc­ht. „In den meisten Fällen können sich die Autofahrer aber das Kennzeiche­n des Lastwagens merken, sodass dessen Fahrer schnell ermittelt ist“, erklärt ein Sprecher der Polizei. Für den entstanden­en Schaden haftet dann in der Regel die Haftpflich­tversicher­ung

des LKW-Halters, informiert der ADAC.

Ist der Schadensve­rursacher unbekannt, bleibt nach Auskunft des deutschen Automobilc­lubs nur die eigene Vollkasko – wenn man die denn für das betreffend­e Fahrzeug abgeschlos­sen hat.

Der Gefahr, die im Winter im ungünstigs­ten Fall von ihren Fahrzeugen ausgehen kann, sind sich die Transportu­nternehmer und Logistiker hier in der Region bewusst. Thomas Bauer ist Geschäftsf­ührer bei Honold. Er sagt: „Wir stehen in permanente­m Dialog mit unseren Fahrern und Unternehme­rn und weisen sie auf die Gefahr hin.“Nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über seien vor der Fahrt umfänglich­e Kontrollen zur Verkehrssi­cherheit nötig. Im Winter können die Fahrer bei Honold eine selbst gebaute Vorrichtun­g nutzen, um ihren Laster auch von oben eisfrei zu bekommen.

Viele der Honold-Lastwagen hätten aber ohnehin keine Plane, sondern einen sogenannte­n Kofferaufb­au. Auf dessen glatter Oberfläche können sich gar keine Pfützen bilden, die dann zu gefährlich­en Eisplatten gefrieren.

Sven Teuchert ist der Inhaber eines Logistikbe­triebs in Illertisse­n. Auch er hat auf seinem Hof eine Spezialvor­richtung, mit deren Hilfe die rund vier Meter hohen Gefährte von Eis befreit werden. Er sagt: „Beim Lastwagen ist es im Prinzip nicht anders als beim Auto. Bevor man im Winter losfährt, müssen Schnee und Eis weg.“

Auch Autofahrer würden, wenn sie etwa nur kleine Gucklöcher in der Frontschei­be freikratze­n, unter Umständen eine Gefahr darstellen. Auch mit bestimmten Planensyst­emen, so Teuchert, könne verhindert werden, dass solche Eisplatten überhaupt entstehen. Die Firma Kögel beispielsw­eise baut Systeme, bei denen sich die Planen aufblasen lassen, sodass sich erst gar keine Pfützen auf den Lastwagen bilden.

Für Lastwagenf­ahrer kann diese Technik eine Erleichter­ung sein. Denn ihnen droht, wenn sie ihr Fahrzeug nicht ordnungsge­mäß enteisen, ein Bußgeld in Höhe von 80 Euro und ein Punkt (das gilt im Übrigen auch für Autofahrer). Stürzt dann eine Eisplatte auf die Straße und beschädigt ein Auto oder verursacht einen Unfall, sind laut Polizei 120 Euro fällig. Im Extremfall kann so ein Vorfall auch einen „gefährlich­en Eingriff in den Straßenver­kehr“darstellen, was nicht mehr als Ordnungswi­drigkeit geahndet wird.

Und wie kontrollie­rt die Polizei die Lastwageno­berflächen? Die Antwort ist simpler als erwartet. „Es muss nicht immer die Hightechdr­ohne sein“, sagt ein Polizeispr­echer. Dafür kommt ein Spiegel, der an einer langen Stange befestigt ist, zum Einsatz.

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FOTO: SZ Eisplatten, die von Lastern rutschen, sind nicht ungefährli­ch.

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