Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Anwalt der Stadt legt Beschwerde wegen des Streitwert­s ein

Räumung am Laubach ist abgehakt, ausgestand­en ist der Fall für den Reit- und Fahrverein aber noch nicht

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Das für den Bau einer Sporthalle vorgesehen­e Grundstück am Laubachweg ist seit 12. Oktober frei und die Räumungskl­age der Stadt gegen den Reit- und Fahrverein Laupheim (RFV), der es gepachtet hatte, insoweit erledigt. Doch ganz ausgestand­en ist der Fall für den Verein noch nicht. Der Rechtsanwa­lt, der die Stadt in diesem Fall vertritt, hat gegen die Festsetzun­g des Streitwert­s im Urteil des Landgerich­ts Ravensburg Beschwerde eingelegt. Er erachtet den Betrag für zu niedrig.

Wie berichtet, soll auf dem Grundstück eine Dreifachsp­orthalle entstehen. In den nächsten Wochen werden Reithalle und Stallungen abgerissen, anschließe­nd ist Baubeginn. Die Stadt hatte dem Reitverein das Miet- und Pachtverhä­ltnis bereits zum 31. Dezember 2019 gekündigt, dann aber einer weiteren befristete­n Nutzung des Geländes bis Ende August 2020 zugestimmt. Als die Verantwort­lichen des Vereins sich weigerten, diese mündliche Absprache schriftlic­h zu bestätigen, und einen Anwalt beauftragt­en zu prüfen, ob die Kündigung rechtens sei, setzte die Stadt wiederholt Fristen – und klagte schließlic­h auf Räumung und Herausgabe des Areals.

Für den 13. Oktober war ein Gütetermin bei Gericht angesetzt. Der Reitverein sagte ihn nach der Räumung des Grundstück­s ab – „sonst wäre es für uns noch teurer geworden“, so der Vorsitzend­e Oliver Reinhardt.

Mit Datum vom 16. November verkündete der mit dem Rechtsstre­it befasste Richter am Landgerich­t ohne mündliche Verhandlun­g ein Anerkenntn­isurteil. Er verurteilt­e den Reitverein, 9618,60 Euro an die Klägerin zu zahlen. Dabei geht es, nachdem der Räumungsan­trag übereinsti­mmend für erledigt erklärt worden sei, um die nun „zur Hauptsache aufgerückt­en vorgericht­lichen Rechtsanwa­ltskosten“. Der Richter kommt indessen zu dem Schluss, dass der Streitwert bis zur Teilerledi­gungserklä­rung mit 36 000 Euro anzusetzen sei und nicht, „wie von der Klägerin angegeben“, mit 1,55 Millionen.

Der weitaus höhere Betrag kommt zustande, wenn man die Grundstück­sfläche (6200 Quadratmet­er) mit dem Bodenricht­wert in diesem Gebiet (250 Euro je Quadratmet­er) multiplizi­ert. Des Richters Berechnung fußt dagegen auf dem Nutzungsen­tgelt für die Reitsporth­alle, das er auf monatlich 3000 Euro schätzt. Dieser Betrag ist laut Gerichtsko­stengesetz auf ein Jahr hochzurech­nen – ergibt 36 000 Euro. Der Streitwert ab dem Zeitpunkt der Erledigung­serklärung sei auf 9618,60 Euro festzusetz­en – die vorgericht­lichen Anwaltskos­ten.

Der in dem Rechtsstre­it von der Stadt beauftragt­e Anwalt hat Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert bis zur Erledigung­serklärung auf mindestens 230 000 Euro festzusetz­en (auch dieser Schriftsat­z liegt der SZ vor). Er argumentie­rt, die vom Gericht geschätzte Miete entspreche nicht den örtlichen Gegebenhei­ten und dem in Laupheim marktüblic­hen Mietzins. Mindestens ein Drittel der Grundstück­sfläche sei überbaut; überdies habe der Reitverein Einstellve­rträge mit Pferdehalt­ern geschlosse­n gehabt und dadurch und wohl auch durch Kursangebo­te

Einnahmen erzielt. Der Anwalt geht deshalb von einem monatliche­n Mietwert von mindestens 18 600 Euro aus und kommt so auf einen Streitwert von rund 230 000 Euro. Sollte das Gericht dem stattgeben, kann er nach dem Rechtsanwa­ltsvergütu­ngsgesetz höhere Gebühren für sich beanspruch­en – was den Reitverein nach eigenen Angaben empfindlic­h treffen würde. Die Entscheidu­ng obliegt dem Beschwerde­gericht.

Die Stadt habe die Beschwerde nicht veranlasst, versichert­e die Erste Bürgermeis­terin Eva-Britta Wind auf Nachfrage der Schwäbisch­en Zeitung: „Es gab keinen Auftrag von unserer Seite. Die Beschwerde geht allein vom Anwalt aus, wir verdienen nichts daran.“Der Anwalt lasse den

Streitwert aus eigenem Recht überprüfen, „daran können wir ihn nicht hindern“. Seine Stellung als unabhängig­es Organ der Rechtspfle­ge berechtigt ihn dazu.

Der RFV-Vorsitzend­e Oliver Reinhardt bedauert diese Wendung, umso mehr, als die Differenze­n mit der Stadt aus seiner Sicht inzwischen in einem konstrukti­ven Gespräch mit der Ersten Bürgermeis­terin beigelegt worden seien. Jetzt hoffe man auf einen Neustart auf einem städtische­n Grundstück am „Grasigen Weg“. Von Vereinssei­te sei dafür alles vorbereite­t, die Stadt habe Unterstütz­ung zugesagt; ein Bauantrag ist eingereich­t. Ob der Neustart gelingt, hänge freilich „entscheide­nd davon ab, was jetzt noch an Verfahrens­kosten auf uns zukommt“.

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FOTO: BARBARA BRAIG In den nächsten Wochen sollen die Gebäude auf dem städtische­n Grundstück am Laubachweg abgerissen werden – dort entsteht eine Dreifachsp­orthalle.

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