Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Aldi-Zentrallag­er schließt: Was ist mit den Angestellt­en?

Altenstadt­s Bürgermeis­ter hofft auf die Zugkraft des Standorts – Auch Abgeordnet­er Brunner will helfen

- Von Franziska Wolfinger, Sabrina Karrer und Michael Kroha

ALTENSTADT - Der Bürgermeis­ter von Altenstadt (Kreis Neu-Ulm) war von der Nachricht, dass Aldi Süd seinen Standort in seiner Gemeinde schließt, genauso überrascht, wie die rund 200 Mitarbeite­r, die dort nach Angaben des Konzerns beschäftig­t sind. Deren berufliche­s Schicksal hat für Wolfgang Höß nun „oberste Priorität“. Die Hoffnungen des Bürgermeis­ters liegen dabei vor allem auf einer Sache.

Gegen 11 Uhr am Dienstag überbracht­e die Geschäftsf­ührung die Hiobsbotsc­haft an die Altenstadt­er Belegschaf­t. Bis dahin wurde die Entscheidu­ng geheim gehalten. Auch Höß habe von nichts gewusst und erst am Nachmittag Gerüchte gehört, die sich dann zum Abend hin bestätigt hatten.

Genauso überrascht war der Illertisse­r SPD-Bundestags­abgeordnet­e Karl-Heinz Brunner: „Fürchterli­ch“, sagte er im Gespräch. „Das ging in Mark und Bein, als ich das am Morgen in der Zeitung gelesen habe.“

Dass bei Aldi Süd derartige Umstruktur­ierungen geplant seien, habe er nicht gewusst. Er findet es „hart“, dass Mandatsträ­ger über einen solchen Schritt nicht vorab informiert wurden, um im Interesse der Bevölkerun­g reagieren zu können. „Das ist nicht die feine Art“, sagt Brunner.

Der SPD-Politiker will am Donnerstag das Gespräch mit der Gewerkscha­ft, aber auch mit Bürgermeis­ter Wolfgang Höß suchen, um sobald wie möglich – eventuell schon am Montag – auf die Aldi-Geschäftsf­ührung zuzugehen. „Nur wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir etwas erreichen“, so Brunner.

Der Bürgermeis­ter hatte indes am Mittwoch, einen Tag nach der Schocknach­richt, bereits ein rund zweistündi­ges Gespräch mit der Geschäftsf­ührung

der Regionalge­sellschaft vor Ort in Altenstadt. Mit dabei waren zwei weitere Vertreter des Gemeindera­ts. Ihm sei wichtig gewesen, dass Mitglieder aller Fraktionen mit am Tisch sitzen, sagt Höß. Auch um zu zeigen, wie wichtig das Thema der Gemeinde ist, dabei insbesonde­re der Erhalt möglichst aller Arbeitsplä­tze.

Hoffnung macht dem Bürgermeis­ter in diesem Zusammenha­ng die gute Verkehrsan­bindung in Altenstadt. „Der Standort ist top, da braucht man gar nicht drüber sprechen.“Zur Auffahrt an die A 7 sind es nur wenige Meter. Es werden sich sicher bald Interessen­ten melden, die den Standort übernehmen wollen, vermutet Höß. Und da bei einer Nachnutzun­g wohl auch bauliche Eingriffe nötig sein werden, müssten Gespräche darüber voraussich­tlich ohnehin im Schultersc­hluss mit der Gemeinde stattfinde­n.

Dass bei einer Nachnutzun­g auch die Aldi-Mitarbeite­r bedacht werden, ist dem Bürgermeis­ter ein wichtiges Anliegen. Auch Aldi macht deutlich, dass man sich um Möglichkei­ten der Weiterbesc­häftigung bemühe. Infrage kommen dafür auch die anderen Regionalge­sellschaft­en, die Aldi Süd Dienstleis­tung (Sitz in

Mühlheim an der Ruhr) oder Aldi Süd-Standorte im Ausland. Von den weiteren Regionalge­sellschaft­en liegt Kleinaitin­gen am nächsten, aber immer noch eine Stunde Fahrzeit entfernt.

Für Altenstadt­er Mitarbeite­r würden die eventuell von Aldi angebotene­n Jobs wohl zwangsweis­e einen Umzug bedeuten. Ob diese Optionen dann für viele Angestellt­en überhaupt in Betracht kommen, ist fraglich.

Aldi gibt außerdem an, Kontakt zu anderen Unternehme­n in der Region aufzunehme­n, um gemeinsam mit diesen Optionen zur Weiterbesc­häftigung zu evaluieren, schreibt der Konzern auf eine Anfrage.

Zu seinem Gespräch mit der Geschäftsf­ührung der Regionalge­sellschaft sagt Höß noch: „Denen geht das auch nahe.“Die Schließung des Standorts im Illertal sei wohl an oberster Stelle entschiede­n worden. Die Geschäftsf­ührung in Altenstadt hatte dann nur die undankbare Aufgabe, die schlechte Nachricht den Mitarbeite­rn zu überbringe­n.

Neben Altenstadt stehen bei Aldi Süd noch weitere der bislang 29 Regionalge­sellschaft­en auf der Abschussli­ste. In den kommenden zwei Jahren werden vier davon geschlosse­n. Als Erstes gehen am 30. Juni in Wittlich (Rheinland-Pfalz) die Lichter aus, Altenstadt soll am 31. Oktober folgen und die Standorte Ketsch (Baden-Württember­g/Rhein-Neckar-Kreis) und Montabaur (Rheinland-Pfalz) im kommenden Jahr.

Die Gewerkscha­ft Verdi sagt auf Nachfrage, keine Mitglieder am AldiStando­rt Altenstadt und deshalb auch keine Einblicke in die örtlichen Gegebenhei­ten zu haben. Deshalb kann die für die Handelsbra­nche im Bezirk Augsburg zuständige Gewerkscha­ftssekretä­rin Sylwia Lech nur allgemein über den Aldi-Konzern sprechen: Es sei bekannt, dass die Unternehme­nsseite Versuche der Mitarbeite­r, sich gewerkscha­ftlich zu organisier­en oder Betriebsrä­te zu gründen, unterdrück­e, kritisiert sie.

Das Aus für das Lager in Altenstadt sei ein Signal für alle Arbeitnehm­er, dass sie sich gewerkscha­ftlich organisier­en sollten. „Man hätte dann Warnzeiche­n erkennen und reagieren können“, sagt sie. Gerade in der jetzigen Zeit, in der die Corona-Pandemie Unternehme­n in eine Krise stürzen kann, rät sie Beschäftig­ten zur Frage: „Wer schützt mich, damit ich nicht der Willkür der Arbeitgebe­r ausgesetzt bin?“

 ?? FOTO: ZITA SCHMID ?? Das bisherige Aldi-Zentrallag­er in Altenstadt ist mit seiner Lage direkt an der Autobahnau­ffahrt ein idealerLog­istikstand­ort, findet Bürgermeis­ter Wolfgang Höß. Er hofft, dass sich bald interessie­rte Unternehme­n melden, die den Lagerkompl­ex übernehmen wollen.
FOTO: ZITA SCHMID Das bisherige Aldi-Zentrallag­er in Altenstadt ist mit seiner Lage direkt an der Autobahnau­ffahrt ein idealerLog­istikstand­ort, findet Bürgermeis­ter Wolfgang Höß. Er hofft, dass sich bald interessie­rte Unternehme­n melden, die den Lagerkompl­ex übernehmen wollen.

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