Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Aldi-Zentrallager schließt: Was ist mit den Angestellten?
Altenstadts Bürgermeister hofft auf die Zugkraft des Standorts – Auch Abgeordneter Brunner will helfen
ALTENSTADT - Der Bürgermeister von Altenstadt (Kreis Neu-Ulm) war von der Nachricht, dass Aldi Süd seinen Standort in seiner Gemeinde schließt, genauso überrascht, wie die rund 200 Mitarbeiter, die dort nach Angaben des Konzerns beschäftigt sind. Deren berufliches Schicksal hat für Wolfgang Höß nun „oberste Priorität“. Die Hoffnungen des Bürgermeisters liegen dabei vor allem auf einer Sache.
Gegen 11 Uhr am Dienstag überbrachte die Geschäftsführung die Hiobsbotschaft an die Altenstadter Belegschaft. Bis dahin wurde die Entscheidung geheim gehalten. Auch Höß habe von nichts gewusst und erst am Nachmittag Gerüchte gehört, die sich dann zum Abend hin bestätigt hatten.
Genauso überrascht war der Illertisser SPD-Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Brunner: „Fürchterlich“, sagte er im Gespräch. „Das ging in Mark und Bein, als ich das am Morgen in der Zeitung gelesen habe.“
Dass bei Aldi Süd derartige Umstrukturierungen geplant seien, habe er nicht gewusst. Er findet es „hart“, dass Mandatsträger über einen solchen Schritt nicht vorab informiert wurden, um im Interesse der Bevölkerung reagieren zu können. „Das ist nicht die feine Art“, sagt Brunner.
Der SPD-Politiker will am Donnerstag das Gespräch mit der Gewerkschaft, aber auch mit Bürgermeister Wolfgang Höß suchen, um sobald wie möglich – eventuell schon am Montag – auf die Aldi-Geschäftsführung zuzugehen. „Nur wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir etwas erreichen“, so Brunner.
Der Bürgermeister hatte indes am Mittwoch, einen Tag nach der Schocknachricht, bereits ein rund zweistündiges Gespräch mit der Geschäftsführung
der Regionalgesellschaft vor Ort in Altenstadt. Mit dabei waren zwei weitere Vertreter des Gemeinderats. Ihm sei wichtig gewesen, dass Mitglieder aller Fraktionen mit am Tisch sitzen, sagt Höß. Auch um zu zeigen, wie wichtig das Thema der Gemeinde ist, dabei insbesondere der Erhalt möglichst aller Arbeitsplätze.
Hoffnung macht dem Bürgermeister in diesem Zusammenhang die gute Verkehrsanbindung in Altenstadt. „Der Standort ist top, da braucht man gar nicht drüber sprechen.“Zur Auffahrt an die A 7 sind es nur wenige Meter. Es werden sich sicher bald Interessenten melden, die den Standort übernehmen wollen, vermutet Höß. Und da bei einer Nachnutzung wohl auch bauliche Eingriffe nötig sein werden, müssten Gespräche darüber voraussichtlich ohnehin im Schulterschluss mit der Gemeinde stattfinden.
Dass bei einer Nachnutzung auch die Aldi-Mitarbeiter bedacht werden, ist dem Bürgermeister ein wichtiges Anliegen. Auch Aldi macht deutlich, dass man sich um Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung bemühe. Infrage kommen dafür auch die anderen Regionalgesellschaften, die Aldi Süd Dienstleistung (Sitz in
Mühlheim an der Ruhr) oder Aldi Süd-Standorte im Ausland. Von den weiteren Regionalgesellschaften liegt Kleinaitingen am nächsten, aber immer noch eine Stunde Fahrzeit entfernt.
Für Altenstadter Mitarbeiter würden die eventuell von Aldi angebotenen Jobs wohl zwangsweise einen Umzug bedeuten. Ob diese Optionen dann für viele Angestellten überhaupt in Betracht kommen, ist fraglich.
Aldi gibt außerdem an, Kontakt zu anderen Unternehmen in der Region aufzunehmen, um gemeinsam mit diesen Optionen zur Weiterbeschäftigung zu evaluieren, schreibt der Konzern auf eine Anfrage.
Zu seinem Gespräch mit der Geschäftsführung der Regionalgesellschaft sagt Höß noch: „Denen geht das auch nahe.“Die Schließung des Standorts im Illertal sei wohl an oberster Stelle entschieden worden. Die Geschäftsführung in Altenstadt hatte dann nur die undankbare Aufgabe, die schlechte Nachricht den Mitarbeitern zu überbringen.
Neben Altenstadt stehen bei Aldi Süd noch weitere der bislang 29 Regionalgesellschaften auf der Abschussliste. In den kommenden zwei Jahren werden vier davon geschlossen. Als Erstes gehen am 30. Juni in Wittlich (Rheinland-Pfalz) die Lichter aus, Altenstadt soll am 31. Oktober folgen und die Standorte Ketsch (Baden-Württemberg/Rhein-Neckar-Kreis) und Montabaur (Rheinland-Pfalz) im kommenden Jahr.
Die Gewerkschaft Verdi sagt auf Nachfrage, keine Mitglieder am AldiStandort Altenstadt und deshalb auch keine Einblicke in die örtlichen Gegebenheiten zu haben. Deshalb kann die für die Handelsbranche im Bezirk Augsburg zuständige Gewerkschaftssekretärin Sylwia Lech nur allgemein über den Aldi-Konzern sprechen: Es sei bekannt, dass die Unternehmensseite Versuche der Mitarbeiter, sich gewerkschaftlich zu organisieren oder Betriebsräte zu gründen, unterdrücke, kritisiert sie.
Das Aus für das Lager in Altenstadt sei ein Signal für alle Arbeitnehmer, dass sie sich gewerkschaftlich organisieren sollten. „Man hätte dann Warnzeichen erkennen und reagieren können“, sagt sie. Gerade in der jetzigen Zeit, in der die Corona-Pandemie Unternehmen in eine Krise stürzen kann, rät sie Beschäftigten zur Frage: „Wer schützt mich, damit ich nicht der Willkür der Arbeitgeber ausgesetzt bin?“