Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Betriebe wollen trotz Lockdown nicht resignieren
Überbrückungshilfen kommen schleppend – Was die Homeoffice-Pflicht für Laupheimer Unternehmen bedeutet
LAUPHEIM - Erneut ist der Lockdown verlängert worden. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens treffen weiterhin auch Unternehmen in Laupheim. Herausfordernd sind für sie die Homeoffice-Pflicht und die schleppende Auszahlung der Überbrückungshilfen. Dennoch wollen sie nicht resignieren.
Das betont Steffen Schweizer, Vorsitzender des Bundes der Selbständigen (BDS) Laupheim. Mit Blick auf die mehr als 120 Mitglieder berichtet er, der anhaltende Lockdown treffe die Branchen unterschiedlich, besonders aber Gastronomie und Handel. Jedoch: „Wir wollen keine Weltuntergangsstimmung verbreiten. Grabgesänge wären falsch“, macht Schweizer klar.
Stattdessen gehe es darum, sowohl den Ernst der Lage als auch Optimismus zu zeigen. „Die Stimmung ist zwar weiterhin unter Druck, die Betriebe müssen aber versuchen, sich selbst zum Durchhalten zu motivieren und nicht zu resignieren“, sagt Schweizer. So wolle man der Politik signalisieren, dass diese ihre Wirtschaftshilfen zugänglicher machen müsse. „Und die müssen dann auch ankommen“, macht Schweizer deutlich.
Das sei aktuell nicht der Fall. „Das ist eine Baustelle“, sagt der BDS-Vorsitzende. „Es läuft nur sehr schleppend.“Zum einen sei die Beantragung kompliziert, zum anderen kämen die Durchführungsbestimmungen verzögert. „Politisch ist das schnell angekündigt, die Antragsformulare lassen aber auf sich warten“, erklärt er.
Bisher gebe es erst kleine Zahlungen, berichtet Schweizer. Er fordert, die Vorauszahlungen für die Betriebe großzügiger zu handhaben. Die Politik habe wohl Sorge, jemandem ein paar Euro zu viel zu bewilligen. Das ergibt laut Schweizer aber wenig Sinn: „Wenn der Betrieb überlebt, kann sich der Staat das Geld zurückholen. Und wenn er nicht überlebt, war die Not ja da.“
Laut eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums soll Geld mit der Überbrückungshilfe III nun einfacher zu beantragen sein. Schweizer bestätigt, dass sich diese Ankündigung auf dem Papier toll lese. „Ich lasse mich überraschen, wie es dann in der Praxis umgesetzt wird“, meint er. Denn der Bundeshaushalt habe tatsächlich viel weniger Schulden aufgenommen als angekündigt. „Das zeigt, wie spärlich die Hilfsprogramme bisher fließen. Bisher wurde nur ein kleiner Bruchteil ausgezahlt.“Auch die Industrieund Handelskammer Ulm hatte bereits Mitte Januar kritisiert, dass die Hilfszahlungen und Entschädigungen für den November und Dezember 2020 nur schleppend in Gang gekommen sind.
Seit der Lockdown-Verlängerung besteht auch eine HomeofficePflicht, wenn dem keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Schweizer glaubt: „Das wird für die Betriebe nicht ganz günstig.“Fraglich sei zudem, wie schnell die
Strukturen hierfür eingerichtet werden könnten. Zudem gebe es auch rechtliche Herausforderungen. „Es ist eine Sache zu sagen, dass ich einem Mitarbeiter einen Laptop und einen Zugang gebe“, sagt er. „Die andere ist, ob er Vertrauliches auch von zu Hause bearbeiten kann – etwa im medizinischen oder finanziellen Bereich.“Zudem komme es auch auf Betriebsgröße und Branche an, ob Homeoffice möglich sei: „Es geht nicht alles zu Hause am Küchentisch.“
Etwa bei Einzelhändlern, die normalerweise hinter dem Verkaufstresen stehen und Kunden beraten.
Harry Remane, Vorsitzender der Werbegemeinschaft „Treffpunkt Laupheim“, sagt: „Das ist für uns keine Option, weil es die meisten nicht tangiert.“In größeren Betrieben gebe es sicher die Möglichkeit, Strukturen von zu Hause aus zu lenken. „In Laupheim wüsste ich da aber niemanden, der im Handel im Homeoffice ist.“Dennoch begrüßt Remane die Pflicht, um das Ansteckungsrisiko in größeren Betrieben zu senken. Auch die baden-württembergische Wirtschaftsund Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) hatte jüngst betont: „Arbeiten im Homeoffice leistet einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen die Homeoffice-Pflicht gemeinsam, pragmatisch und mit Augenmaß umsetzen.“Sie forderte zudem den Bund auf, Unternehmen bei der Umsetzung finanziell zu unterstützen.
Zusätzliche Ausgaben sieht auch Remane kritisch. Schließlich fehle es den Betrieben sowieso schon an Umsatz. Zwar laufe der inzwischen erlaubte Abholservice bei den Händlern „ganz nett“, so Remane. Es sei aber mehr ein Service für die Kunden und finanziell eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem vermissen die Mitglieder des „Treffpunkt“laut ihrem Vorsitzenden die Auszahlung der Überbrückungshilfen; Gastronomen hätten immerhin einen Teil ausbezahlt bekommen. Remane schildert: „Jetzt haben wir schon die fünfte Woche geschlossen und haben noch nichts bekommen, geschweige denn einen Antrag.“
Je länger der Lockdown andauere, desto mehr schwinde daher der Optimismus. Die betroffenen Betriebe benötigten unkomplizierte und schnelle Hilfe, fordert der „Treffpunkt“-Vorsitzende. „Wenn das läuft, können wir durchhalten und gesunde Innenstädte am Leben erhalten.“
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