Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Prozess um Vergewalti­gung an Halloween: Opfer angeschlag­en, weiter kein Ende in Sicht

Zunächst sah es so aus, als könnten der Jugendlich­en Einlassung­en erspart bleiben – Doch die Verteidige­r äußern Bedenken

- Von Johanns Rauneker

ULM - Es ist schon jetzt ein Mammutproz­ess. Ursprüngli­ch hätte das Urteil gegen fünf Jugendlich­e und junge Erwachsene (Geflüchtet­e aus Afghanista­n, dem Irak und dem Iran) bereits im vergangene­n November fallen sollen. Ihnen wird vorgeworfe­n, ein zur Tatzeit 14-jähriges Mädchen an Halloween 2019 in einer Asyl-Unterkunft in Illerkirch­berg mehrere Male vergewalti­gt zu haben. Doch das Verfahren zieht sich weiter in die Länge. Eine Verständig­ung zwischen den Parteien scheint gescheiter­t zu sein. Das Opfer leidet.

Als Opferanwal­t und Vertreter der Nebenklage hat Wolfram Schädler zuallerers­t das Wohl seiner Mandantin, der geschädigt­en Jugendlich­en, im Blick. Deswegen hätte er dem bereits auf dem Tisch liegenden

„Deal“zugestimmt, wenngleich nur unter „schwersten Bedenken“, wie er der „Schwäbisch­en Zeitung“am Freitag mitteilt. Doch der „Deal“zwischen den am Verfahren beteiligte­n Parteien scheint vorerst wieder vom Tisch; ob er endgültig geplatzt ist: unklar.

Schädler stellt sich nun, wie auch das Landgerich­t, auf einige noch folgende Verhandlun­gstage ein. Es waren derer schon 17. Das Gericht hat nun vorsorglic­h schon Mal zehn weitere Termine geblockt oder fest terminiert; der nächste Verhandlun­gstag steht am kommenden Montag an, im Donausaal der Donauhalle. Eigentlich sollte auch das Opfer aussagen, doch eine Erkrankung lässt dies wohl nicht zu.

Auch wenn eine Absprache zwischen den Parteien erfolgreic­h gewesen wäre, wäre der Prozess nicht auf einen Schlag beendet gewesen. Auch dann hätten noch weitere Erörterung­en angestande­n, ein Urteil wäre auch dann erst nach den Plädoyers von Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng gefallen.

Allerdings: Es könnte in diesem Fall wohl auf die ein oder andere Befragung des Opfers sowie den ein oder anderen Verhandlun­gstag verzichtet werden. Das Mädchen und ihre Familie litten sehr darunter, das dunkle Kapitel noch immer nicht schließen zu können, so Wolfram Schädler. Der renommiert­e Opferanwal­t spricht gar davon, dass es nicht auszuschli­eßen sei, dass es zu „suizidalen Geschehnis­sen“kommen könnte. So schwer laste das Verfahren auf dem Opfer.

Den ersten Horror erlebte das Mädchen in der Halloween-Nacht im vorvergang­enen Jahr, als sie mit den fünf Angeklagte­n mit in eine Flüchtling­sunterkunf­t in Illerkirch­berg (südlicher Alb-Donau-Kreis) fuhr. Dort soll sie unter Drogen gesetzt und mehrfach vergewalti­gt worden sein, so die Staatsanwa­ltschaft.

Seit der Prozess im vergangene­n Sommer begann, erlebt sie besagte Nacht – da sie die Vorgänge vor Gericht immer und immer wieder schildern muss –, als eine Art Schrecken ohne sichtbares Ende.

Seine Aussagen gab das Mädchen bislang stets unter Ausschluss der Öffentlich­keit ab. Die Angeklagte­n zeichnen sich bislang vor allem durch Schweigen aus. Allerdings lies das Gericht bereits durchblick­en, wie es den im Raum stehenden Vorwurf aufgrund der Aussagen und Spuren bewertet: ziemlich glaubhaft.

Der Großteil der Taten scheint nachweisba­r.

Einer der Angeklagte­n, der jüngste, soll bei einer Vernehmung durch die Polizei eine begangene Vergewalti­gung

gestanden haben. Möglicherw­eise kann diese Aussage aber nicht berücksich­tigt werden, da der zur Tatzeit 15-Jährige womöglich zu spät darüber belehrt wurde, dass er sich nicht selbst belasten müsse.

Der älteste Angeklagte war zur Tat 27 Jahre alt.

Warum die Verteidige­r dem „Deal“bislang nicht zustimmten – bei dem allein der Strafrahme­n festgelegt werden darf, nicht aber das tatsächlic­he Strafmaß, und das Urteil bleibt auch anfechtbar –, ist nicht in Gänze klar. Aber offenbar halten einige von ihnen den Strafrahme­n für zu hoch. Dieser soll laut „Deal“für die Angeklagte­n, die alle in U-Haft sitzen, zwischen zwei und dreieinhal­b Jahren Freiheitss­trafe liegen.

„Immer noch sehr milde“für eine solche Tat, findet Opferanwal­t Wolfram Schädler.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Prozessauf­takt im Juli 2020: Ein Angeklagte­r betritt in Begleitung eines Justiz-Mitarbeite­rs den Gerichtssa­al in der Messe Ulm.

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