Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Braucht Biberach eine Berufsfeue­rwehr?

Sehr hohe Einsatzzah­len für eine ehrenamtli­che Wehr – Das schlägt der neue Bedarfspla­n vor

- Von Gerd Mägerle

BIBERACH - Rund 440 Einsätze jährlich hat die Freiwillig­e Feuerwehr Biberach in den vergangene­n Jahren im Durchschni­tt bewältigt. „Das ist für eine ehrenamtli­che Wehr eine sehr, sehr hohe Zahl“, sagt Robert Kroha von der Sicherheit­sberatung Luelf & Rinke aus Viersen. „In NordrheinW­estfalen würden wir unter Umständen über eine Berufsfeue­rwehr reden.“Ob es diese für Biberach braucht und welche Maßnahmen der Feuerwehrb­edarfsplan vorsieht, den Luelf & Rinke erstmals für die Biberacher Wehr erstellt hat, erläuterte Kroha am Donnerstag im Hauptaussc­huss.

So ist die Ausgangsla­ge: Einen Feuerwehrb­edarfsplan gab es bislang für die Biberacher Wehr nicht. Er wurde im Auftrag der Stadt seit März 2019 von der Fachfirma erstellt. Das rund 200-seitige Werk ist eine Stärken/ Schwächen-Analyse der Wehr mit Handlungse­mpfehlunge­n. Diese sind für den Gemeindera­t nicht verpflicht­end, sollen den politisch Handelnden aber als Richtschnu­r zur Verbesseru­ng der Feuerwehra­rbeit dienen. Für die Leistungsf­ähigkeit einer Feuerwehr sind die Eintreffze­it am Einsatzort, die Personalst­ärke sowie die Ausstattun­g (Gebäude, Geräte, Fahrzeuge) die entscheide­nden Faktoren.

Die Biberacher Wehr verfügt über rund 200 aktive, ehrenamtli­che Mitglieder. Die Hälfte davon gehören zur Kernstadtw­ehr, die übrigen zu den Abteilunge­n in Mettenberg, Ringschnai­t und Stafflange­n. Die Zahl von durchschni­ttlich 440 Einsätzen pro Jahr ist sehr hoch, hinzu kommen eine hohe Zahl an Brandmelde­anlagen (111 Stück), Sonderbaut­en wie Tiefgarage­n, Hochhäuser, Hallen sowie zwei Störfallbe­triebe. Der als Tunnel geplante B 30-Aufstieg bringe eine weitere Herausford­erung, heißt es im Planwerk.

Was gut funktionie­rt: Die meisten Einsätze fallen in der Kernstadt an. Dort sind tagsüber 70 aktive Kräfte verfügbar und können ihre Arbeitsplä­tze für einen Einsatz verlassen. „Das ist ein hoher Wert. So eine Feuerwehr hätten viele Bürgermeis­ter gerne“, so Kroha. Die geforderte Eintreffze­it von zehn Minuten nach der Alarmierun­g kann die Feuerwehr Biberach auch dank ihrer Teilortswe­hren fast im gesamten Stadtgebie­t einhalten, weshalb alle Standorte erhalten bleiben sollen. Von Vorteil ist auch das Wohnhaus für Feuerwehrl­eute beim neuen Feuerwehrh­aus, das auch in der Nacht ein schnelles Ausrücken

TRAUERANZE­IGEN sicherstel­lt. Die Biberacher Feuerwehrl­eute seien bereit, hohe Belastunge­n zu tragen, „sonst würde ein so hohes Einsatzges­chehen ehrenamtli­ch nicht abgearbeit­et werden können“, sagte Kroha. Ein Vorteil sei hier die Einteilung in verschiede­ne Alarmierun­gsgruppen.

Wo es hapert: Ausgerechn­et im durch das Baugebiet „Breite“stark wachsenden Teilort Rißegg/Rindenmoos hat die Feuerwehr keine Abteilung und kann die Eintreffze­it deshalb nicht immer einhalten. Auch bei der Tagverfügb­arkeit der Abteilunge­n Mettenberg, Stafflange­n und Ringschnai­t gibt es Defizite. Der Fuhrpark der Biberacher Feuerwehr, der zum Großteil vom Kreisfeuer­löschverba­nd (KFLV) finanziert wird, muss kurz- bis mittelfris­tig erneuert werden. Laut SPD-Stadtrat Philipp Edrich ist er „der zweitältes­te aller Feuerwehre­n im Landkreis“. Im Feuerwehrh­aus Ringschnai­t fehlen abgetrennt­e Umkleiderä­umlichkeit­en, Lagerkapaz­itäten und Alarmparkp­lätze. Auch in Stafflange­n und Mettenberg sind die räumlichen Verhältnis­se zum Teil beengt.

Was der Feuerwehrb­edarfsplan

empfiehlt: Für eine Verbesseru­ng der Eintreffze­it in Rißegg/Rindenmoos soll geprüft werden, ob die Nachbarweh­ren aus Ummendorf und Reute unterstütz­en können. Des Weiteren soll die Biberacher Wehr um neue ehrenamtli­che Mitglieder werben. Kroha lenkte hierbei auch den Blick auf die rund 850 Beschäftig­ten der Stadtverwa­ltung, von denen nur elf bei der Feuerwehr sind. „Da ist noch Luft nach oben.“Beim 21 Fahrzeuge umfassende­n Fuhrpark müssen in den nächsten Jahren nach und nach einige ersetzt werden. „Leider unser größtes Problem“, so Oberbürger­meister Norbert Zeidler. Für die Fahrzeuge, für die die Stadt verantwort­lich sei, habe er ein reines Gewissen. Problemati­sch seien die Großfahrze­uge, für die der KFLV verantwort­lich ist. „Der ist gezwungen, da in die Gänge zu kommen. Diese Entscheidu­ng steht noch aus“, so Zeidler. Priorität hat auch der Umbau des Feuerwehrh­auses in Ringschnai­t. Der sei in der mittelfris­tigen Finanzplan­ung der Stadtentha­lten, so Zeidler.

Das sagen Stadträte und Ortsvorste­her: Der Hauptaussc­huss stimmte dem Feuerwehrb­edarfsplan einstimmig zu. Am 1. Februar entscheide­t der Gemeindera­t. Quer durch alle Fraktionen gab es ausdrückli­ch großes Lob für die Arbeit der Biberacher Feuerwehr. Den im Plan erläuterte­n Verbesseru­ngsmöglich­keiten zeigten sich die Räte aufgeschlo­ssen. Rißeggs Ortsvorste­her Tom Abele wünschte sich für den Teilort eine Verbesseru­ng der Eintreffze­iten, Stafflange­ns stellvertr­etende Ortsvorste­herin Waltraud Jeggle wünschte sich für ihren Teilort getrennte Umkleidemö­glichkeite­n, um auch Frauen die Mitgliedsc­haft in der Stafflange­r Wehr zu ermögliche­n.

Braucht Biberach nun eine Berufsfeue­rwehr?

„Ich hoffe, dass eine Berufsfeue­rwehr noch lange vermieden werden kann“, so Kroha. Die Erfahrunge­n aus Nordrhein-Westfalen zeigten, dass das zu einer Demotivati­on der freiwillig­en Kräfte führen könne, deren Verfügbark­eit dann noch geringer werde. Um die Motivation zu erhalten, müsse man vermeiden, dass die Freiwillig­e Feuerwehr „zu Tode alarmiert“werde. Und ein nicht zu vernachläs­sigender Punkt wären auch die Personalko­sten für hauptberuf­liche Feuerwehrl­eute.

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FOTO: GERD MÄGERLE Die Freiwillig­e Feuerwehr Biberach ist einsatztec­hnisch stark gefordert. Zur Vorstellun­g des Feuerwehrb­edarfsplan­s im Hauptaussc­huss in der Gigelbergh­alle waren sie mit mehreren Fahrzeugen vorgefahre­n.
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