Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wie Humus und Klimawandel zusammenhängen
Die Biobauern Norbert Huchler und Peter Bloching von der ÖDP sprechen über die Vorteile des Humusaufbaus
NIEDERNZELL/UIGENDORF - Einen Erfolg haben die Mitglieder der ÖDP-Fraktion (Ökologisch-Demokratische Partei) des Biberacher Kreistags bei den Haushaltsberatungen für 2021 erzielt. In den Plan aufgenommen wurde ihr Antrag, eine Humusaufbaustrategie durch das Landwirtschaftsamt für die Landwirtschaft zu erarbeiten. „Das Thema Humus nimmt immer mehr Fahrt auf, auch in der konventionellen Landwirtschaft“, sagte Fraktionsvorsitzender Norbert Huchler aus Niedernzell bei einer der Sitzungen. „Humus hat viele Vorteile und könnte unsere Klimabilanz verbessern.“Was genau dahintersteckt, wie man mit Humus arbeitet und welche Vorteile das noch mit sich bringt: Tanja Bosch hat mit Norbert Huchler (Niedernzell) und Peter Bloching (Uigendorf) von der ÖDP über das geplante Humusaufbauprogramm gesprochen.
Herr Huchler, Herr Bloching, was ist Humus eigentlich?
Peter Bloching: Humus sind Pflanzenreste, die in den Boden eingebaut werden, dafür gibt es mehrere Wege, der direkteste ist das Einarbeiten der Pflanzen in den Boden, das macht man vor allem über Zwischenfrüchte, die man im Sommer
ANZEIGEN nach der Getreideernte ansät. Alles, was zur Zeit noch üppig grün auf den Feldern steht, sind Zwischenfrüchte, der zweite Weg ist über das Kompostieren von Pflanzenresten oder Mist.
Weshalb ist Humus so wichtig für den Boden?
Norbert Huchler: Humus ist das Speichermedium für Wasser, Nährstoffe und Sauerstoff. Umso mehr Humus in unseren Böden vorhanden ist, desto mehr Wasser und Nährstoffe kann der Boden speichern. Das wird in Zukunft immer bedeutender werden, da die Niederschläge nicht mehr so gleichmäßig verteilt über das Jahr niedergehen. Bei Starkregenfällen wird es deshalb immer wichtiger, dass unsere Böden das Wasser besser speichern können. Ein Prozent mehr Humus im Boden bedeutet, dass dieser Boden etwa 400 000 Liter Wasser je Hektar zusätzlich speichern kann.
Wie hängen Humus und der Klimawandel zusammen?
Huchler: Pflanzen brauchen für ihr Wachstum CO2, wenn man diese Pflanzen dann über die oben beschriebenen Methoden in den Boden einbringt, wird es dort dauerhaft gespeichert. Über die Steigerung des Humusgehalts kann die Landwirtschaft also massiv CO2 der Atmosphäre entziehen. Es gibt Berechnungen, die besagen, dass eine weltweite Steigerung des Humusgehalts in unseren Böden den Klimawandel um ein Prozent stoppen könnte. Aktuell passiert allerdings gerade das Gegenteil.
Warum arbeiten dann nicht alle mit Humus?
Bloching: Theoretisch klingt das alles sehr einfach, in der Praxis ist der Humusaufbau aber eine durchaus komplexe Sache, die Wissenschaft hat sich die vergangenen Jahrzehnte fast komplett der Mineraldüngung
gewidmet, sodass das Wissen über den Aufbau von Humus sehr im Argen lag. Erst in den vergangenen Jahren wird dem Humus wieder mehr Bedeutung zugeschrieben. Ehrlicherweise muss man sagen, dass auch für uns Biobauern der Humusaufbau eine ständige Herausforderung bleibt und auch wir noch viel Potenzial nach oben haben.
Was können Landwirte in Zukunft tun?
Huchler: Als Erstes gilt es, die Bedeutung des Humus in den Fokus zu rücken. Wir brauchen Vorzeigebetriebe, auf denen die Bauern praxisnah Erfahrungen sammeln können. Auch Stammtische und Exkursionen, bei denen man Erfahrungsaustausch betreiben könnte, wären eine Möglichkeit.
Wie könnte ein Humusaufbauprogramm für die Landwirtschaft aussehen?
Bloching: Wir brauchen Praxisbeispiele, um schnellstmöglich den Humusaufbau in der Fläche zu etablieren. Vereinfacht gesagt, müssen wir Strategien entwickeln, um unsere Böden zu füttern, denn auch im Boden haben wir einen starken Rückgang der Artenvielfalt wie zum Beispiel des Regenwurms. Er spielt eine große Rolle in der Umwandlung von Pflanzenresten in fruchtbaren Boden (Humus). Er braucht vor allem im Frühling und Herbst Pflanzenreste, um sich zu vermehren. Je mehr Regenwürmer in einem Boden, um so fruchtbarer ist der Boden. Man könnte also sagen, ein Humusaufbauprogramm ist eine Fütterungsststrategie für das Bodenleben.
Was versprechen Sie sich von einem solchen Humusaufbauprogramm für den Kreis?
Huchler: Humusaufbau hat viele Vorteile, der Bauer profitiert durch die größere Speicherfähigkeit seines Bodens, vor allem in Extremjahren, wenn der Boden mehr Wasser aufnehmen kann, führt das zu weniger Erosionen bei Starkregen. Der fruchtbare Boden wird nicht weggeschwemmt und bei Dürreperioden trocknet er nicht so schnell aus. Die Gesellschaft profitiert durch den Abbau von CO2 aus der Atmosphäre und bei Starkregen können Überschwemmungen abgemildert oder gar verhindert werden. Das heißt ganz praktisch, weniger Wasser und Schlamm im Keller. Mittel- und langfristig sichert es auch unsere Ernährung.