Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mehr Hertha-DNA geht kaum
Mit „Zecke“Neuendorf und Arne Friedrich soll Pal Dardai den Hauptstadtclub vor Schlimmerem bewahren
BERLIN (SID) - Ab sofort muss Pal Dardai umdenken – und wieder den harten Hund spielen. „Abgezockte Stars sind etwas schwieriger zu überzeugen“, sagte der Ungar einmal über den Unterschied zwischen dem Nachwuchs- und Profibereich. Der 44-Jährige soll nun Matheus Cunha, Dodi Lukebakio und Co. im Abstiegskampf Beine machen, am Montag wurde er bei seinem Herzensclub Hertha BSC zum zweiten Mal vom Jugend- zum Cheftrainer befördert.
Seine Berufung, die überraschend lange bis zum Sommer 2022 vereinbart wurde, ist auch ein Eingeständnis der ambitionierten Hertha, bei der angestrebten Entwicklung zu einem Bundesliga-Topclub anderthalb Jahre verloren zu haben. Dardai könne mit seiner „klaren Art“für den „nötigen Impuls“sorgen, sagte Carsten Schmidt als Vorsitzender der Geschäftsführung. „Als eingefleischter Herthaner kennt er hier jeden und benötigt keine Eingewöhnungszeit.“
Die hat er auch nicht, denn die beiden kommenden Gegner heißen Eintracht Frankfurt und Bayern München. Am Dienstag bittet der neue alte Coach das Team erstmals zum Training. Assistiert wird Dardai von Ex-Profi Andreas „Zecke“Neuendorf,
der im Juli 2019 zum Berliner U23-Coach aufgestiegen war. Bereits am Sonntag war entschieden worden, dass Sportdirektor Arne Friedrich bis Ende Juni die Aufgaben des ebenfalls entlassenen Sport-Geschäftsführers Michael Preetz übernehmen wird. Das Trio hat in den ersten Jahren nach der Jahrtausendwende auf dem Platz gemeinsam viele Schlachten geschlagen und kommt gemeinsam auf knapp 1000 Pflichtspiele für die Alte Dame – mehr Hertha-DNA geht kaum.
Identifikation wird vor allem von Dardai gelebt. Herthas Rekordspieler hatte nach seinem Abschied im Sommer 2019, als ihm Preetz nach viereinhalb Jahren die Weiterentwicklung des Teams nicht mehr zugetraut hatte, zahlreiche und auch lukrative Angebote aus dem In- und Ausland. Doch Dardai blieb seiner Hertha treu und übernahm nach einem Sabbatjahr die U16 des Clubs. Geplant sei eine Rückkehr auf den Cheftrainerposten zwar nicht gewesen, aber natürlich helfe er aus: „Ich brauche niemandem zu erklären, was Hertha BSC für mich bedeutet.“
Für den Spaßfaktor dürfte Neuendorf im Training sorgen. Er sei zwar durch die verantwortungsvolle Arbeit im Nachwuchsbereich erwachsener geworden, aber: „Das heißt ja nicht, dass man nicht mehr lustig sein kann“, sagte Neuendorf kürzlich. Der wegen seiner Späße bei den Fans sehr beliebte „Zecke“betonte jedoch, er sei „nicht mehr der kleine Kasper von früher“, sondern ein Trainer, der „gute, ehrliche Arbeit macht“. Die wird auch Friedrich nachgesagt. Der 82-malige Nationalspieler war vor einem Jahr von Jürgen Klinsmann ins Boot geholt worden, die ungewöhnliche Job-Bezeichnung („Performance-Manager“) sorgte für Kopfschütteln. Doch Friedrich machte sich als Bindeglied zwischen der Mannschaft und den Funktionären schnell unverzichtbar.
Klinsmann ging im Krach, aber Friedrich stieg auf: zum Teammanager, dann zum Sportdirektor, der nun mit erweiterten Kompetenzen ausgestattet ist. Schmidt nennt den ExKapitän einen „meinungsstarken, reflektierten und mit Energie geladenen Kollegen“, der in der aktuellen Situation „eine Topwahl“sei.