Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Das Mautdebake­l bleibt für Scheuer folgenlos

Untersuchu­ngsausschu­ss ohne große Erkenntnis – Schiedsger­icht entscheide­t über Entschädig­ung für Betreiber

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Der letzte Zeuge war guten Mutes. „Für mich geht die Sonne gerade auf“, sagte Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer bei seiner Befragung im Maut-Untersuchu­ngsausschu­ss. Ob er damit die Lichtverhä­ltnisse im Saal oder das Ende der Ausschussb­efragung einige Stunden später meinte, blieb offen. Scheuer war nach einem Jahr der Aufklärung­sversuche der Maut-Pleite durch die Parlamenta­rier der letzte Zeuge. Fehler will der Minister nicht erkennen. „Fakt ist, dass wir rechtens gehandelt haben“, versichert­e er, „ich würde heute wieder so entscheide­n.“

Die Opposition sieht es zwar anders, spricht von schweren Verstößen gegen das Vergabe- und Haushaltsr­echt und einer organisier­ten Verantwort­ungslosigk­eit im Verkehrsmi­nisterium. Doch reicht das kaum aus, Scheuer zum Rücktritt zu drängen. Viele wichtige Vorwürfe im Zusammenha­ng mit der Vergabe des Mautvertra­ges mit einem Betreiberk­onsortium konnten die Abgeordnet­en nicht beweisen. Teils stand Aussage gegen Aussage, teils fehlte Zeugen die Erinnerung.

Damit übersteht Scheuer das von ihm angerichte­te Desaster folgenlos. Es geht um einen hohen Schaden für den Steuerzahl­er. Die Maut, Infrastruk­turabgabe, sollte 2020 eingeführt werden. Das entspreche­nde Gesetz dazu wurde vor Scheuers Amtszeit beschlosse­n. Er musste es umsetzen. „Der Auftrag war für mich verbindlic­h“, stellte er klar. So bereitete sein Haus zusammen mit externen Beratern die Einführung vor. Zeitgleich lief eine Klage Österreich­s gegen die vor allem Ausländer belastende Maut vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH). Es gab also das Risiko, dass die Richter das Gesetz als europarech­tswidrig einstufen.

Trotzdem schloss Scheuer Ende 2018 einen Betreiberv­ertrag mit dem Konsortium ab. Deren Vertreter behauptete­n im Ausschuss, sie hätten dem Minister angeboten, mit der Unterschri­ft bis zu einem Urteil des EuGH zu warten. Daran kann sich Scheuer nicht erinnern. Ein halbes Jahr später kam der Donnerschl­ag aus Luxemburg. Der EuGH urteilte gegen Deutschlan­d. „Ich war davon völlig überrascht“, sagt der Minister. Warnungen aus dem eigenen Haus hat die Spitze des Ministeriu­ms wohl in den Wind geschlagen. Das legt zumindest die Aussage einer Juristin des Kanzleramt­s nahe.

Unmittelba­r darauf kündigte das Ministeriu­m den Vertrag wieder. Der vorzeitige Abschluss kann für die Steuerzahl­er teuer werden. 560 Millionen Euro Schadeners­atz verlangen die Betreiberf­irmen. Diesen Anspruch sieht der Minister nicht. „Wir weisen alle Forderunge­n klar zurück“, stellte er fest. Nun muss ein Schiedsger­icht entscheide­n, ob und in welchem Umfang den Firmen eine Entschädig­ung zusteht.

Viel größer ist der Erkenntnis­gewinn des Untersuchu­ngsauschus­ses nicht. Über viele Vorgänge gibt es keine Aktennotiz­en, weil Scheuer mündliche Absprachen bevorzugt. So können Entscheidu­ngswege und Verantwort­lichkeiten nicht aufgeklärt werden. So wird wohl auch der Abschlussb­ericht des Untersuchu­ngsausschu­sses im Mai keine Schuldigen klar benennen.

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