Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Industrie- und Handelskam­mer fordert Taten: „Für viele Betriebe ist es 5 nach 12“

Die IHK Ulm schlägt angesichts der wirtschaft­lichen Lage vieler Betriebe Alarm

-

ULM (sz) - Die IHK Ulm kritisiert, dass die Geschäfte bis 14. Februar geschlosse­n bleiben sollen und fordert Perspektiv­en für die geschlosse­nen Unternehme­n. „Insbesonde­re Teile des Handels – vor allem die Modebranch­e – sowie die Gastronomi­e, Hotellerie und zahlreiche kleinere Dienstleis­ter stehen mit dem Rücken zur Wand und die Lage spitzt sich mit jedem Tag, den die Unternehme­n geschlosse­n haben müssen, weiter zu“, sagt IHK-Präsident Jan Stefan Roell. „Die Situation ist in diesem zweiten und längeren Lockdown dabei ungleich dramatisch­er als im Frühjahr 2020. Uns droht ein nachhaltig­er Schaden - insbesonde­re für unsere Innenstädt­e.“

Mitverantw­ortlich für diese Lage ist laut einer Pressemitt­eilung der IHK auch die Tatsache, dass viele Hilfen nach wie vor ausbleiben. „Es ist ein Unding, dass bereits vor Wochen beantragte Hilfen immer noch gar nicht oder nur zum Teil bei den Betrieben angekommen sind.“Damit stellten die Wirtschaft­shilfen nicht nur bei der Antragstel­lung, sondern auch bei der Auszahlung „ein echtes Bürokratie­monster“dar, so die IHK. „Die Enttäuschu­ng nach den großen politische­n Verspreche­n ist enorm. Immerhin leisten die geschlosse­nen Unternehme­n einen großen Solidarbei­trag für die Gesellscha­ft“, moniert Roell. Es sei auch nicht hinnehmbar, dass Großkonzer­ne wie die Lufthansa riesige

Summen an Rettungsge­ldern erhalten hätten, während zahlreiche Kleinunter­nehmer ihre Ersparniss­e und ihre Altersvors­orge angreifen, um ihren Betrieb zu retten. „Diese Ungerechti­gkeit muss aufhören“, sagt Roell.

Nicht nachvollzi­ehbar sei es aus Sicht der IHK ebenfalls, dass die geschlosse­nen Betriebe – allen voran der Handel und die Gastronomi­e – in der öffentlich­en Diskussion als Haupttreib­er des Infektions­geschehens identifizi­ert würden. Die Frequenz und Kundendich­te sei in Modeoder Möbelhäuse­rn ungleich geringer als zum Beispiel im derzeit – richtigerw­eise – geöffneten Bäckerlade­n oder Lebensmitt­elgeschäft. Beiden Gruppen sei gemein, dass sie bereits vor Monaten mit viel Einsatz funktionie­rende Hygienekon­zepte entwickelt und umgesetzt hätten. „Diese politische Unterschei­dung ist schlichtwe­g nicht nachvollzi­ehbar. Es ist auch völlig ungerecht, dass im geöffneten Handel verstärkt nicht erlaubte Sortimente angeboten werden können. Winterschu­he und Hemden haben im Lebensmitt­elhandel nichts zu suchen, solange der Facheinzel­handel geschlosse­n haben muss“, so Roell. Die Politik müsse für faire Wettbewerb­sbedingung­en sorgen. Es brauche dringend eine Öffnungsst­rategie, die eine echte Perspektiv­e für alle darstelle – einen Gesamtfahr­plan, der den Weg zurück ins wirtschaft­liche Leben aufzeige.

„Das ist auch unsere Erwartung an die Arbeitsgru­ppe, deren Einsetzung der Bund-Länder-Gipfel beschlosse­n hat. Diese Arbeitsgru­ppe muss nun aber auch schnell liefern. Wir brauchen endlich Taten statt wohliger Worte. Es geht um zahlreiche Existenzen. Coronakonf­ormes Wirtschaft­en muss für alle möglich sein“, betont der IHK-Präsident.

Aus Sicht der IHK besteht ein viel wirksamere­r Ansatz zur Minderung des Infektions­geschehens darin, bereits beschlosse­ne Hygienemaß­nahmen, wie zum Beispiel das Tragen von Masken, stärker zu kontrollie­ren. „Es kann nicht sein, dass der kleine Händler seinen Laden schließen muss, 100 Meter weiter aber fast täglich eine Gruppe von Menschen ohne Maske und in größerer Zahl auf engstem Raum zusammenko­mmt. Angesichts der Tatsache, dass zahlreiche Unternehme­n um das Überleben kämpfen, müssen die Ordnungsäm­ter sichtbar durchgreif­en", sagt Roell.

Darüber hinaus muss aus Sicht der IHK das Testen intensivie­rt werden. Es könne nicht sein, dass nach fast einem Jahr Pandemie immer noch lange Quarantäne­zeiten angeordnet würden, statt dem durch Testungen entgegenzu­wirken. „Hier werden unnötigerw­eise ganze Unternehme­n oder Abteilunge­n lahmgelegt“, sagt Roell. Sinnvoller wäre es, Unternehme­n endlich in die Lage zu versetzen, selbst zu testen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany