Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mit alten Tugenden gegen das Chaos

Trotz Machtkampf und Krisenstim­mung will der VfB gegen Mainz zuürck in die Erfolgsspu­r

- Von Felix Alex

STUTTGART - Dass es beim VfB Stuttgart derzeit mächtig im Gebälk kracht, ist wohl noch untertrieb­en. Da gibt Präsident Claus Vogt, der ohnehin nach dem Willen des Vorstandsv­orsitzende­n von diesem beerbt werden soll – oder zumindest bloß irgendwie aus seinem Posten gedrängt –, eine Mitteilung an die Mitglieder, in der er die Versammlun­g ebenjener im März verschiebe­n möchte, da wird er schon wieder aus den eigenen Reihen massiv angegangen. Hält sich Thomas Hitzlsperg­er zumindest öffentlich an den Burgfriede­n, schossen nun die Präsidiums­mitglieder Bernd Gaiser und Rainer Mutschler quer. „Friendly fire“(englisch für Eigenbesch­uss) in Reinkultur. Machtkampf. Krisenstim­mung. Chaos-Club.

In diese Gemengelag­e hinein soll und muss auch noch Fußball gespielt werden. Denn – und das wird derzeit allzu schnell vergessen – der VfB ist vor allem ein Sportverei­n. Die Fußballabt­eilung ihrerseits ist gar nicht unbegabt, doch läuft derzeit beim Verein für Beschimpfu­ngen etwas unter dem Radar. Der Erstligist spielt gar eine recht ansehnlich­e Saison. Allerdings muss die Brustringt­ruppe nach den jüngsten Dämpfern (Niederlage­n gegen Arminia Bielefeld und den SC Freiburg) nun zur Eröffnung des 19. Spieltages gegen den FSV Mainz 05 (20.30/DAZN) ran.

Trainer Pellegrino Matarazzo ist also weiterhin dabei, den Fokus voll auf die sportliche­n Aspekte zu lenken. Hatte er sich mit der Bewertung der Aktionen aus den oberen Etagen bereits die vergangene­n Wochen zurückgeha­lten, sagte er vor dem Heimspiel lediglich: „Das ist nicht mein Lieblingst­hema und ich werde es nicht kommentier­en.“Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“, ob er dem Ganzen denn zumindest den positiven Aspekt abgewinnen könne, dass seine Mannschaft bei ihren Missgeschi­cken wenigstens nicht allzu sehr im Fokus stehen und so weniger eingeschüc­htert werden könnte, sagte der 48-Jährige nur: „Ich habe kein Problem damit, wenn der Fokus auf uns liegt.“Damit ist alles gesagt. Zumindest zu diesem Thema.

Zum Geschehen auf dem Platz und in der Mannschaft wurde Matarazzo dann doch etwas auskunftsf­reudiger. „Jede Niederlage ist ein Stimmungsk­iller und jeder Sieg ein Stimmungsm­acher“, sagte Matarazzo. Nach den zwei Niederlage­n, darunter das schwache 0:3 beim Mitaufstei­ger Arminia Bielefeld wäre so ein Stimmungsm­acher sicherlich mal wieder förderlich für den Tabellenze­hnten. Doch auch wenn mit Mainz nun ein potenziell­er Abstiegska­ndidat in das heimische Stadion komme, wollte es der Trainer nicht als Schicksals­spiel verstanden wissen. „Ich glaube, jedes Spiel ist richtungsw­eisend, manche mögen das Gefühl haben, dass es gegen Mainz einen Schritt nach vorne oder einen nach hinten gehen kann, aber es geht immer nur um Punkte“, erklärte Matarazzo seine Herangehen­sweise.

Wenn er Leistung bewerte, dann sei dies immer erfolgsori­entiert. Besonders viel Ballbesitz oder auch viele Pfostentre­ffer lösen da weniger Emotionen aus. „Es gibt dann immer auch Gründe, warum wir zum Beispiel den Pfosten treffen, also bearbeiten wir diese Gründe“, verdeutlic­hte Matarazzo, der die Stimmung in der Mannschaft als gut und – besonders wichtig – die Bereitscha­ft, etwas zu investiere­n, als präsent im

Team empfindet. Er wolle nicht über Glück sprechen, sondern darüber, was man noch machen könne. „Denn wer oft über Glück redet, ist meist bereits ein Opfer“, so Matarazzo.

Doch besser machen kann sein Team vor allem zu Hause etwas. Selbst innerhalb des glänzenden Saisonstar­tes schaffte es seine Mannschaft nicht, einen Heimsieg einzufahre­n. Die große Punkteausb­eute gab es ausschließ­lich in der Fremde. „Vielleicht lege ich nun ein paar Kissen auf die Plätze in der Kabine oder reiche heißen Tee und etwas Schoki“, um eine Auswärtsat­mosphäre zu schaffen, scherzte Matarazzo. Denn das sei für ihn alles ohnehin nur Gerede von außen. „Ohne Fans, ohne irgendwas zurückgebe­n zu wollen, ist das Stadion einfach ein leerer Ort.“In dem man natürlich gewinnen wolle, doch ob in der Fremde oder daheim sei einerlei. Gegen Mainz soll daher der gewohnte Offensivfu­ßball der vergangene­n Monate zum Erfolg führen. „Wir versuchen, so viele Torchancen wie möglich herauszusp­ielen“, kündigte Matarazzo an.

Bei Mainz sei allerdings „eine Aufbruchst­immung zu spüren“, warnte der VfB-Coach, „man sieht, in welche Richtung es mit dem neuen Trainer gehen soll“. Eine umso bessere würde Matarazzo mit seinem Club auch gern wieder einschlage­n.

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FOTO: RUDEL/IMAGO IMAGES Die Ideen von Erik Thommy (Mitte) könnten dem VfB gegen Mainz ganz hilfreich sein.

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