Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Lehrkräfte zeigen Schüler an
Diffamierung im Internet nimmt zu
WÜRZBURG (dpa) - Es tut weh, man fühlt sich verletzt und bloßgestellt – so beschreibt eine Lehrerin das Gefühl, als sie in sozialen Medien ein Profil mit ihrem Namen und Foto sieht. Daneben der Begriff „Hatepage“, auf Deutsch „Hassseite“, darunter Beleidigungen. „Das haben Leute aus meinem privaten Umfeld gesehen – das hat auch sie belastet“, erzählt die Lehrerin aus Unterfranken. Sie erstattete Anzeige bei der Polizei.
„Mir ist es wichtig, dass der Unterschied zwischen einer Straftat und einer Schmiererei auf der Schultoilette deutlich wird“, erklärt sie diesen Schritt. „Denn ich denke, für das jugendliche Empfinden war es einfach nur die Möglichkeit, dem eigenen Frust Luft zu machen. Das darf man auch und das muss auch mal sein – aber man muss das richtige Maß finden.“
Mit der Entscheidung, Anzeige gegen Schüler zu erstatten, steht die Pädagogin nicht allein da: Lehrer einer Schule in Mellrichstadt im Landkreis Rhön-Grabfeld haben Ende vergangenen Jahres ebenfalls zwei Schüler wegen Beleidigung angezeigt. Auch ein 17-Jähriger aus der Region kassierte eine Anzeige, da er während des Homeschoolings ein Gespräch mit seinen Lehrer filmte und das Video samt Name des Lehrers und Beleidigung bei der Plattform TikTok veröffentlichte.
In Cybermobbing vereinigen sich Verhaltensweisen, die strafbar sind, wie etwa: Beleidigung, Verleumdung oder Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen. Einer Forsa-Studie im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) aus dem Jahr 2020 zufolge, sind 32 Prozent der Lehrkräfte über das Internet diffamiert, belästigt oder bedroht oder genötigt worden. Zwei Jahre zuvor lag der Wert noch bei 20 Prozent.
„Mobbing kann massive Folgen für die Gesundheit haben. Dazu gehören zum Beispiel Ängste, Schlafstörungen und Depressionen“, sagt Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. Nicht selten würden Betroffene noch jahrelang an Spätfolgen wie Ängsten leiden. Das Bündnis für Cybermobbing findet, die bisherige Präventionsarbeit muss verstärkt werden und bereits an den Grundschulen beginnen. „Kinder müssen den sozialen Umgang im Internet lernen. Eine verbesserte Lehrerfortbildung ist ein weiterer wichtiger Baustein.“Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands sieht das ähnlich: „Wir fordern, dass Lehrerbildung verändert wird: Ein Part wäre eine starke Modulstruktur, so dass man sich auf gewisse Bereiche, wie zum Beispiel Cybermobbing, spezialisieren kann“, sagt Simone Fleischmann.