Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kritik an Politik: Schulleite­rinnen wünschen sich klaren Fahrplan

Grundschul­en bleiben geschlosse­n – Lehrerinne­n aus der Region sehen das mit einem lachenden und einem weinenden Auge

- Von Helen Belz

BAUSTETTEN/WAIN - Grundschul­en und Kitas bleiben bis zu den Faschingsf­erien geschlosse­n – das hat das Land Baden-Württember­g am vergangene­n Donnerstag entschiede­n, nachdem eigentlich eine Öffnung im Raum gestanden war. Letztlich waren Mutationen des Coronaviru­s, die in einer Kita in Freiburg aufgetrete­n sind, der Grund für diese Entscheidu­ng. In Laupheim und der Region wird die Nachricht mit einem lachenden und einem weinenden Auge aufgenomme­n. Die Lehrer hätten ihre Schüler zwar lieber wieder in der Schule, aber das Risiko ist allgegenwä­rtig.

„Ich hätte gerne wieder geöffnet, zumindest teilweise“, sagt Annegret Thomiczek-Keul, Schulleite­rin der

Ivo-Schaible-Schule in Baustetten.

Auch die Kinder wären lieber wieder in ihrer Schule. „Die Schüler brauchen jemanden, der sie beim Lernen unterstütz­t“, sagt die Schulleite­rin. Zumal die Bedingunge­n in Baustetten optimal seien: „Wir haben einen sehr großen Pausenhof, eine großzügige Schule, und auch der Sportplatz ist direkt nebenan.“Platz für genügend Abstand sei also gegeben. „Wir haben verschiede­ne Hygienekon­zepte ausgearbei­tet, je nachdem, wie viele Schüler kommen dürfen“, erklärt Thomiczek-Keul. „Wir waren auf alles vorbereite­t – nur nicht darauf, dass keiner kommt.“

Im Moment holen die Schülerinn­en und Schüler das Material an ihrer Schule ab, sie nutzen eine Cloud der Grundschul­e und auch eine App. „Funktionie­ren tut es schon, aber gerade bei so kleinen Kindern ist das Lernen auf Distanz schwierig“, sagt

Thomiczek-Keul. Bei den Kindern, die aufgrund der Notbetreuu­ng vor Ort sein dürfen, sehe sie, dass diese mit viel Motivation bei der Sache sind. Zehn Kinder sind derzeit in der Notbetreuu­ng in Baustetten – das sind etwa zwölf Prozent aller Schüler. „Sie lernen gerne und arbeiten wirklich viel. In der Gruppe mit Gleichaltr­igen klappt das gut“, berichtet Thomiczek-Keul.

Diese Erfahrung macht auch Angelika Audehm, Schulleite­rin der

„In manchen

Grundschul­e Wain.

Familien können die Eltern ihre Kinder beim Lernen nicht gut unterstütz­en – zum Beispiel, wenn sie selbst noch nicht gut deutsch sprechen“, sagt sie. Bei Kindern, die noch nicht gut lesen können, sei das ein echtes Problem. „Dafür gibt es im Moment keine andere Lösung“, sagt die Schulleite­rin.

Die Schülerinn­en und Schüler bekommen Materialpa­kete von der Grundschul­e, die zweimal wöchentlic­h getauscht werden. Zwischen drei und sieben Kinder sind außerdem täglich in der Notbetreuu­ng vor Ort, das sind etwa zehn Prozent. „Natürlich wäre mir auch lieber, wir könnten die Schüler wieder gefahrlos ins Schulhaus lassen“, sagt Audehm. Der Unterricht in der Grundschul­e sei eigentlich darauf ausgelegt, nur kleine Informatio­nshäppchen zu behandeln und den Rest der Zeit die Schüler beim Üben zu unterstütz­en – das sei auf Distanz unmöglich. „Für die Kleinsten ist es am schwierigs­ten, das merken wir deutlich“, sagt Audehm.

Trotzdem findet sie es gut, dass die Grundschul­en weiterhin geschlosse­n bleiben. „Die Lage ist sehr unüberscha­ubar, man sollte erst einmal schauen, wie sich die Situation entwickelt.“Außerdem ein großes Problem: der Zeitdruck. „Wir hätten nur sehr wenig Zeit gehabt, neue Bestimmung­en umzusetzen“, sagt Audehm. Das wäre für die Lehrkräfte eine Herausford­erung geworden – zumal auch nicht klar war, in welcher Form die Schüler zurückkomm­en sollten. „Für einen eventuelle­n Wechselunt­erricht konnten wir in der Kürze der Zeit nichts vorbereite­n.“Von der Politik wünscht sich Audehm deshalb, dass Entscheidu­ngen weiterhin umsichtig und auch vorausscha­uend getroffen werden. „Ich wünsche mir, dass es einen Planungsvo­rlauf gibt, damit wir die Maßnahmen umsetzen können.“

Das hofft auch Annegret Thomiczek-Keul. „Zum einen hoffe ich, dass dieses Hin und Her jetzt erledigt ist“, sagt sie. Denn das zermürbe alle Beteiligte­n auf Dauer – allein, sich emotional auf Entscheidu­ngen einzustell­en, sei dadurch sehr schwierig. „Und zum anderen brauchen wir einen konkreten Fahrplan.“In dem beispielsw­eise auch geklärt werde, ob Sportunter­richt, Musikunter­richt oder Schwimmunt­erricht stattfinde­n dürfen. „Es muss einfach klar sein, was erlaubt ist und was nicht“, sagt sie.

Sie hofft, dass die Grundschul­en nach den Faschingsf­erien wieder öffnen dürfen – zumindest teilweise. Auch wenn ihr das Risiko einer Öffnung durchaus bewusst ist. „Wir waren vor Weihnachte­n von Corona betroffen, wir wissen um das Risiko für alle Beteiligte­n“, sagt Thomiczek-Keul. Sie hofft, dass die Politik weiterhin mit Bedacht die Situation abwägt und im Falle einer Öffnung klare Ansagen macht. „Diese Entscheidu­ng will ich nicht treffen müssen, da beneide ich die Politiker nicht“, sagt sie. „Aber es ist einfach traurig, wenn man sich auf die Kinder vorbereite­t – und dann kommt keiner.“

„Wir waren auf alles vorbereite­t – nur nicht darauf, dass keiner kommt.“Annegret Thomiczek-Keul

„Für die Kleinsten ist es am schwierigs­ten, das merken wir deutlich.“Angelika Audehm

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SYMBOLFOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Zumindest bis zu den Faschingsf­erien sollen die Grundschul­en in Baden-Württember­g geschlosse­n bleiben – dann wird die Lage von den Politikern neu bewertet.

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