Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das große Warten auf den kleinen Garten
Bewerberlisten für Schrebergärten sind lang – Biberach setzt auf Kleingartenkonzept
LANDKREIS BIBERACH - Vorbei sind die Zeiten, als ein Schrebergarten der Inbegriff von Kleinbürgerlichkeit war. Seit Jahren gibt es einen Run auf städtische und vereinseigene Parzellen. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend noch verstärkt. Vor allem in den größeren Städten des Landkreises sind die Nutzgärten heiß begehrt.
Der Stadt gehören nicht weniger als 18 Kleingartenanlagen mit insgesamt fast 650 Parzellen – 67 verwalten die Biberacher Gartenfreunde in Eigenregie im Gebiet Hauderboschen. Das ist eine stattliche Anzahl für die Kreisstadt, sollte man meinen. Falsch gedacht. Die Warteliste im Rathaus ist lang. Mehr als 180 Namen stehen dort. Und: „Während der Pandemie ist die Nachfrage deutlich gestiegen“, berichtet Pressesprecherin Andrea Appel.
Das kann Jürgen Silbermann gut verstehen. Der stellvertretende Vorsitzende der Gartenfreunde ist selbst fast täglich im Hauderboschen. Viele seiner Mitgärtner stammen aus Osteuropa oder der Türkei und wohnen in Hochhäusern und Mehrfamilienhäusern „mit nichts drumrum“, weiß er. Ein Kleingarten sei ein guter Ausgleich. Er selbst genießt es, in seinem Garten abzuschalten, auszusäen, anzubauen, zu ernten, mit den anderen zusammenzusitzen und Spaß zu haben. 50 Prozent der Fläche muss für den Anbau von Obst und Gemüse genutzt werden. „Und das ist den Leuten auch wichtig“, sagt Silbermann. Seit Pandemie-Beginn kommen monatlich
Biberach
vier oder fünf Interessenten an sein Gartentor und erkundigen sich nach freien Parzellen. Eine Warteliste führt der Verein nicht. Wer kündigt – meist aus Altersgründen – bringt in der Regel einen Nachfolger mit, sagt Silbermann.
Kleingärten sind ein Schnäppchen. Die Stadt berechnet je nach Ausstattung 15 bis 20 Euro pro 100 Quadratmeter Fläche. Hinzu kommen individuelle Nebenkosten für Grünpflege, Wasser und Reparaturen. So lohnt sich die Selbstversorgung mit eigenen Lebensmitteln. Ob die Stadt weitere Flächen für die vielen Hobbygärtner in der Warteschleife bereitstellen wird, soll noch dieses Jahr in den Gremien erörtert werden. Die Verwaltung will ein Kleingartenkonzept vorlegen.
Eigenes Obst und Gemüse – auch in ist das Interesse daran groß. Die Stadt verpachtet knapp 60 klassische Kleingärten im „Oberen Ried“zwischen Stadtgrenze und Surfsee. Sie kosten zwischen 35 und 70 Euro Pacht pro Jahr. Auf der Warteliste tummeln sich, wie Bewerber berichten, über 80 Personen.
Im vergangenen Jahr gab es allerdings nicht einen Pächterwechsel. „Es ist auch nicht absehbar, ob und in welchem Zeitraum ein Garten frei wird. Hinzu kommt, dass die Gärten zumeist nur abgegeben werden, wenn diese aufgrund von Wegzug oder aus gesundheitlichen Gründen
Laupheim
nicht mehr weiter bewirtschaftet werden können. Somit hat sich die Länge der Warteliste in den letzten Jahren auch nicht merklich verkürzt“, teilt Sarah Rieder von der Pressestelle der Stadt Laupheim auf Anfrage mit. Und: „Die Stadtverwaltung plant nicht, neue Kleingartengebiete auszuweisen.“
Auch die 43 Parzellen des Gartenvereins hinter der Gaststätte „Zum Gartenheim“in Laupheim sind komplett belegt.
Die Stadt verwaltet 71 Kleingärten im Bereich Mühlinsel und Bahnhof. Allesamt sind belegt. Eine Warteliste führt Marc Bode vom Steuer- und Liegenschaftsamt der Stadt nicht. „Wenn Gärten zurückkommen, dann meist schon mit Verweis auf neue Pächter“, erklärt er. Die Nachfrage sei deutlich gestiegen, etwa vier Anrufe von Interessenten erreichen ihn jeden Monat. Insbesondere Menschen mit osteuropäischem und syrischem Hintergrund wünschen sich einen Kleingarten. Bisher gibt es keine Pläne, das Angebot an Gärten zu vergrößern.
Auch die katholische Kirche stellt in Riedlingen Land für Gärtner bereit. Die 68 jeweils 50 Quadratmeter großen Parzellen an der Zwiefalter Straße gegenüber dem Feuerwehrgerätehaus werden rege genutzt, weiß Kirchenpfleger Wolfgang Schoppenhauer. Sie sind mehr Kraut- als Kleingärten. Gartenhäuschen
Riedlingen
Pressesprecherin der Stadt Biberach
sind nicht erlaubt, Geräteschuppen schon. Etwa die Hälfte der Pächter seien Aussiedler aus Russland. „Sie wohnen oft in Wohnblocks, daheim haben sie alle Gärten gehabt, da ist so ein Stück Garten das Paradies für sie, das sie auch intensiv nutzen.“Etwa zehn Anwärter hat Schoppenhauer auf der Warteliste. Bei 18 Euro Pacht pro Jahr lohnt sich die Selbstversorgung sicher.
Ihr Kleingartenareal verkleinert hat die Stadt in den vergangenen Jahren. Der Bereich wurde neu überplant, etwa für das Gewerbegebiet „Untere Wiesen 3“. Verblieben sind 25 Parzellen, die allesamt vergeben sind und meist in den Familien von Generation zu Generation weitergegeben werden. Es gibt eine Warteliste mit 20 Interessenten, berichtet Michaela Ertl vom Liegenschaftsamt der Stadt. Neue Kleingartenflächen seien nicht im Gespräch.
„Familien mit Kindern haben angefragt“, berichtet Daniela Kunchintzki vom Steueramt der Stadt
über das Interesse an Kleingärten in der Pandemie. „Wer in einer Wohnung ohne Garten lebt, will natürlich raus auf ein privates Grundstück“, sagt sie. Die Stadt verwaltet bis zu 30 Gärten, einer wechselt gerade den Besitzer. Es gibt eine kurze Warteliste. Die Erfahrung zeige aber: „Wer einen Garten ergattert, gibt ihn nicht mehr her.“Bei 15 bis 20 Euro Pacht pro Jahr sind die Parzellen wahre Schnäppchen. Kleingartenfrust in
Fehlanzeige. Die Stadt hält keine Kleingartenanlage vor. „Hier hat fast jeder einen eigenen Garten“, heißt es aus dem Rathaus.
Bad Buchau Ochsenhausen
„Während der Pandemie ist die Nachfrage deutlich gestiegen.“
Bad Schussenried?