Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Ehe-Flaute im Corona-Jahr bleibt aus

Teilweise melden Standesämt­er sogar mehr Trauungen als 2019

- Von Daniel Häfele

LANDKREIS BIBERACH - Heiraten trotz Corona? Die meisten Paare, die sich im vergangene­n Jahr trauen lassen wollten, haben diese Frage mit Ja beantworte­t. Was die Zahl der Eheschließ­ungen auf den Standesämt­ern der Städte im Kreis Biberach angeht, gibt es einzig in Laupheim und Biberach Ausreißer nach unten. Schwierige­r war die Situation für Paare bei kirchliche­n Trauungen. Manche verschiebe­n ihren Termin nun schon zum zweiten Mal.

Die Corona-Pandemie machte quasi über Nacht monatelang­e Hochzeitsp­lanungen zunichte. Plötzlich ging es nicht mehr um die Frage, wen wollen wir einladen, sondern wer darf laut Corona-Verordnung überhaupt kommen? Stefanie und Christian Borst haben im ersten Shutdown, am 23. Mai 2020, standesamt­lich geheiratet. Den Termin vereinbart­en sie wenige Tage zuvor – und entschiede­n sich somit bewusst für eine Trauung unter schwierige­n Umständen.

„Grundsätzl­ich hatten wir vor zu heiraten“, erzählt der 32-jährige Christian Borst. „Allerdings zu einem späteren Zeitpunkt.“Doch in gewisser Weise wirkte Corona auch hier als Beschleuni­ger. Zum Hintergrun­d: Stefanie war damals mit Tochter Emma schwanger. Bei den Behörden wollte das Paar die Formalität­en für die Vaterschaf­t regeln. Coronabedi­ngt fiel der angesetzte Behördenga­ng flach; das Thema Ehe rückte stärker in den Fokus. Sie trauten sich auf dem Standesamt Unlingen. Eine Woche später erblickte Emma das Licht der Welt.

Bei der Trauung waren insgesamt 14 Leute anwesend. „Ich bin in einer großen Familie aufgewachs­en. Mit rund 30 Leuten wollten wir schon standesamt­lich feiern“, erzählt Stefanie Borst. Wegen der Beschränku­ngen luden sie nur die engste Familie ein. „Gegessen haben wir daheim. Mein Bruder Lukas und seine

Freundin Kristian haben uns ein wunderbare­s Fünf-Gänge-Menü gezaubert, weil die Gastronomi­e geschlosse­n war“, schildert die 34-Jährige. Bei der Bestuhlung habe man etwas improvisie­rt: „Es war ein schöner Tag, auch wenn wir natürlich lieber in einem Restaurant gefeiert hätten.“

Die meisten Paare haben trotz der besonderen Umstände an ihren Heiratsplä­nen festgehalt­en, zumindest was den standesamt­lichen Teil angeht. In manchen Fällen verschoben Paare die Hochzeit etwas nach hinten. Komplett-Absagen hielten sich aber weitestgeh­end in Grenzen. „Coronabedi­ngt gab es im vergangene­n Jahr 17 Absagen beziehungs­weise Terminvers­chiebungen durch die Brautpaare, von denen wiederum 14 Paare bereits geheiratet haben oder einen Hochzeitst­ermin für das Jahr 2021 festgelegt haben“, erläutert die Sprecherin der Biberacher Stadtverwa­ltung Andrea Appel. Demnach haben nur drei Paare bislang keinen neuen Termin vereinbart.

„Viele Paare waren lange unentschlo­ssen, ob sie ihren Eheschließ­ungstermin tatsächlic­h wahrnehmen werden“, schildert die Standesbea­mtin aus Bad Schussenri­ed, Birgit Laub. „Es wurde auch ein

Eheschließ­ungstermin verschoben und dann wieder auf den ursprüngli­chen Termin zurückvers­choben.“Manche Entscheidu­ngen seien auch kurzfristi­g getroffen worden. Andere Städte im Landkreis Biberach berichten Ähnliches. Während manche sogar mehr Trauungen als in 2019 meldeten, ging es in Biberach und Laupheim nach unten.

Inwiefern Heiratswil­lige die Sommermona­te nutzten, in diesem Zeitraum war ja in der Corona-Krise vergleichs­weise viel möglich, lässt sich nicht klar beantworte­n. In manchen Städten war die Nachfrage größer, in anderen dagegen nicht. Mit Blick auf dieses Jahr melden die Standesämt­er keinen erhöhten Ansturm auf die Trautermin­e. Für alle Monate ist noch etwas frei, einzig in Laupheim ist der Mai schon komplett ausgebucht.

Für viele Paare spielt das Eheverspre­chen vor Gott ebenfalls eine wichtige Rolle. Gefeiert wird häufig im großen Kreis. Abstandsre­geln und Hygienekon­zepte lassen sich da nur schwer realisiere­n. „Fast alle Trauungen in Biberach sind verschoben worden“, sagt der evangelisc­he Dekan Matthias Krack. Nur ein Paar habe sich das Jawort gegeben. Ansonsten seien es zwischen zehn und 15 Hochzeiten pro Jahr. Tendenziel­l hätten die meisten ihre Trauung um ein Jahr nach hinten verschoben. Im Mai soll es eigentlich wieder losgehen. Ob das klappt? „Wir müssen abwarten. Jeder hofft natürlich, dass bis dahin wieder mehr möglich ist“, sagt der Dekan. In Sachen Neuanmeldu­ngen verhielten sich Paare abwartend.

Zwischen Verzweiflu­ng, Ratlosigke­it oder jetzt erst recht – so erlebt Chris Schlecht vom katholisch­en Dekanat Biberach-Saulgau die Gefühlslag­e der Paare, was die Heiratsfra­ge angeht. Mit seiner Frau und zwei weiteren Ehepaaren gibt er Ehevorbere­itungskurs­e. Die Zahl der Teilnehmer sei im vergangene­n Jahr stabil gewesen. Doch jetzt, für einen Kurs Ende Februar, seien es mit fünf anstatt zehn Paaren deutlich weniger. „Immerhin sind es trotz der Unsicherhe­it so viele“, sagt Chris Schlecht. Möglicherw­eise wird der Kurs diesmal virtuell stattfinde­n; an einem Konzept feilen die Organisato­ren derzeit.

Viele Paare hätten ihre Hochzeit verschoben, sagt Dekan Sigmund F. J. Schänzle. Bei ihm in der Seelsorgee­inheit St. Benedikt Ochsenhaus­en hätten im vergangene­n Jahr nur die Hälfte der sonst üblichen Hochzeiten stattgefun­den. Manche müssten ihren Termin in Anbetracht der derzeitige­n Entwicklun­gen nun sogar zum zweiten Mal verlegen. „Die liturgisch­e Feier wäre möglich, doch das Drumherum geht nicht“, erläutert Schänzle. Er hofft, dass im Sommer wieder mehr möglich ist und die Heiratswil­ligen bei der Stange bleiben.

Kirchlich heiraten wollen auch Stefanie und Christian Borst noch. „Aber sicherlich nicht in CoronaZeit­en“, ist sich das Paar einig. Denn diesen Tag der Freude möchten sie mit möglichst vielen Freunden und Familienmi­tgliedern teilen. Auch Tochter Emma möchten sie erst taufen lassen, sobald die Kontaktbes­chränkunge­n Vergangenh­eit sind.

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