Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Der Forstberei­ch spürt den Klimawande­l unmittelba­r“

Norbert Schick, Leiter des Forstrevie­rs Laupheim, über die Auswirkung­en des Borkenkäfe­rs auf die Wälder in der Region

- Von forstliche­r Seite aus ist es wichtig, brutfähige­s Restholz schnellstm­öglich aufzuarbei­ten und aus den Wäldern zu schaffen. Den Sommer über kontrollie­ren wir die Wälder, um schnell reagieren zu können, sobald Käferholz auftaucht. Wir binden zudem frühz

LAUPHEIM/UMLAND - Er ist ein Schädling, der Waldbesitz­er in der Region Jahr für Jahr das Fürchten lehrt: der Borkenkäfe­r. Er befällt bevorzugt Fichten und hat sich in den vergangene­n Jahren rasant ausgebreit­et. Über die Situation in den heimischen Wäldern und die Auswirkung­en des Wetters auf den Schädling hat sich Simon Schwörer mit Norbert Schick, Leiter des Forstrevie­rs Laupheim, unterhalte­n.

SZ: Herr Schick, in den vergangene­n Jahren waren die Winter mild. Dieses Jahr hatten wir dagegen schon viel Schnee. Wie wirkt sich das auf Ihre Arbeit aus?

Schick: Viel Schnee schon. Der Boden darunter war aber zu keiner Zeit gefroren. Frost ist während unserer forstliche­n Arbeiten in der winterlich­en Haupteinsc­hlagszeit sehr von Vorteil. Da wären manchmal drei, vier Wochen Dauerfrost wünschensw­ert.

Wie groß ist Ihr Revier und wem gehören die Wälder?

Das Forstrevie­r Laupheim umfasst zirka 1330 Hektar Wald, davon etwa 30 Prozent Körperscha­ftswald und 70 Prozent Kleinpriva­twald. Staatswald sowie der Großprivat­wald besitzen ihre eigenen Forstverwa­ltungen. Das Revier ist mit einer Längenausd­ehnung von 18 mal 20 Kilometer, bedingt durch das wenig bewaldete Risstal, relativ groß und umfasst die sechs Kommunen Achstetten, Burgrieden, Laupheim, Mietingen, Schwendi und Wain.

Was bedeutet es für Tiere und Pflanzen, wenn die Temperatur­en länger niedrig sind?

Frost schadet der Natur im Allgemeine­n wenig. Natürlich gibt es Tierarten, die sich während einer schneereic­hen Winterzeit mit der Nahrungssu­che schwer tun. Dem Borkenkäfe­r machen Kälte und Schnee jedoch verhältnis­mäßig wenig aus. Wechselhaf­tes Wetter während seiner aktiven Phase schadet ihm am meisten und ist für seine Entwicklun­g eher hinderlich.

Das heißt, der Winter hat auf die Population des Schädlings keine Auswirkung?

Nein, auf die Population wenig. Sollten die Tagestempe­ratur im März oder April allerdings schon zwischen 15 und 20 Grad liegen, wird die Lage prekär. Dann wird der Borkenkäfe­r schon früh aktiv und schafft unter Umständen innerhalb eines Jahres drei oder gar vier Generation­en.

Was tun Sie, um unsere Wälder vor dem Borkenkäfe­r zu schützen?

Im Landkreis Biberach sind wir darüber hinaus seit vergangene­m Sommer in der glückliche­n Lage, einen kreiseigen­en Nasslagerp­latz zu besitzen. So sind wir im Ernstfall auf dem Holzmarkt etwas flexibler und können auf unnötige Begiftung von Holzpolter­n verzichten.

Was gibt dem Borkenkäfe­r denn so viel Vorschub?

Das Wetter spielt eine entscheide­nde Rolle bei der Entwicklun­g der Population

des Käfers. Das Wetter in Form von Trockenhei­t und Stürmen. Der Forstberei­ch spürt dadurch den Klimawande­l unmittelba­r. Im vergangene­n Jahr hat uns Sturm „Sabine“am 9. Februar Tausende Festmeter Holz auf den Boden geschmisse­n. Zügige Aufarbeitu­ng war da das Gegründet bot der Stunde. Auch die Trockenhei­t der vergangene­n Jahre war für den Borkenkäfe­r eher von Vorteil. Die Vitalität der Bäume leidet während der Trockenpha­sen extrem und bietet dem Käfer ideale Voraussetz­ungen.

Beobachten Sie diese Entwicklun­g mit Sorge?

Natürlich! Ich glaube nicht, dass Sie einen Förster finden, der sagt: Alles ist im grünen Bereich und wir können mit den Baumarten weiterarbe­iten, die wir bisher schon nutzen. Im Gegenteil: Wir müssen uns neu orientiere­n und auch auf Arten setzen, die sich in wärmeren Regionen bewährt haben. Die Begründung von sogenannte­n klimastabi­len Mischbestä­nden ist unumgängli­ch. Reinbestän­de, wie sie früher be

wurden, sind anfällig in jeglicher Hinsicht. Baumarten wie Elsbeere, Kirsche oder Esskastani­e rücken zunehmend in den forstliche­n Fokus. Die Fichte ist zwar der Brotbaum unserer Forstwirts­chaft. Sie ist aber auch klima- und borkenkäfe­rbedingt unser Sorgenkind.

Was kann unternomme­n werden?

Im Nadelholzb­ereich braucht es mehr Varianz, zum Beispiel mit Douglasie, Lärche oder Weißtanne. Aber wir dürfen uns nicht starr auf bestimmte Alternativ­en festlegen. Wer weiß, welcher Schädling sich in fünf oder zehn Jahren noch verbreitet. Der Eichenproz­essionsspi­nner beispielsw­eise war bei uns vor Jahren noch kein Thema – jetzt ist er präsent. Darum müssen wir flexibel sein, möglichst mit einem Blumenstra­uß unterschie­dlicher Baumarten an den richtigen Standorten.

Sind im Forstrevie­r Laupheim bestimmte Gebiete anfälliger?

Nein, das kann man nicht pauschal sagen. Natürlich sind Wälder an kiesigsand­igen Standorten oder auch Riedböden aufgrund fehlender Wasserhalt­efähigkeit wesentlich anfälliger, was Trockensch­äden und Käferkalam­itäten anbelangt. Im Grunde ist alles eine Frage der Wetterverh­ältnisse. Sowohl die Intensität der Stürme als auch die Menge der Niederschl­äge zum richtigen Zeitpunkt spielen hier eine entscheide­nde Rolle.

Wie stark waren die Wälder in Laupheim und dem Umland in den vergangene­n Jahren vom Borkenkäfe­r betroffen?

Im langjährig­en Mittel mussten im Forstrevie­r Laupheim etwa 30 Prozent des Holzes außerplanm­äßig geerntet werden. Ob wegen Sturm, Käfer oder Dürre, variiert von Jahr zu Jahr. Vorwiegend natürlich in Fichtenbes­tänden.

Ab wann lässt sich abschätzen, wie die Borkenkäfe­rsaison wird?

Insgesamt ist eine solche Einschätzu­ng schwierig. Erste Prognosen lassen sich vielleicht Ende Mai treffen. Ein trockenes und warmes Frühjahr bietet ideale Voraussetz­ungen für die Vermehrung des Borkenkäfe­rs. Die Entwicklun­g der ersten Generation von Käfern ist hier entscheide­nd. Aber durchaus auch der weitere Wetterverl­auf. Sturmereig­nisse mal ausgenomme­n.

„Die Vitalität der Bäume leidet während der Trockenpha­sen extrem und bietet dem Käfer ideale Voraussetz­ungen.“

Norbert Schick

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ARCHIVFOTO: AXEL PRIES Norbert Schick, Leiter des Forstrevie­rs Laupheim, leert eine Borkenkäfe­rfalle. Im Interview erklärt er, welche Auswirkung­en das Wetter auf die Entwicklun­g des Schädlings hat.
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ARCHIVFOTO: AXEL PRIES Auch wenn er klein ist, ist der Borkenkäfe­r auch in der Region eine Gefahr für die Wälder.

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