Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Reichsbürg­er“sprengt Grünen-Talk

Landtags-Kandidat Jungwirth wollte eigentlich mit seiner Parteichef­in über die Wirtschaft reden

- Von Johannes Rauneker

ULM - Es war als „Dialoggesp­räch“angekündig­t. Gemeinsam mit der Landesvors­itzenden der Grünen, Sandra Detzer, wollte Robert Jungwirth, der grüne Landtagska­ndidat für den Wahlkreis 65 (Ehingen), am Donnerstag­mittag mit interessie­rten Zuhörern über die grüne Wirtschaft von morgen plaudern. Doch das fiel ins Wasser.

Jungwirth sagte das Zoom-Gespräch kurzerhand ab. Begründung: Georg Schöll, der in Berghülen eine Photovolta­ik-Firma aufgebaut hat (Galaxy Energy) und als Energie-Experte zugeschalt­et werden sollte, gehört der Reichsbürg­erszene an.

Der „Schwäbisch­en Zeitung“teilte Jungwirth mit, dass er Schöll in der Nacht auf Donnerstag per Mail ausgeladen habe. Das Zoom-Gespräch mit der grünen Landeschef­in könne demnach nicht stattfinde­n.

Alle, die sich dafür angemeldet hatten, wollte Jungwirth mit dem regulären Beginn des Zoom-Meetings am Donnerstag um 13 Uhr über die Absage informiere­n. Er begründet die Absage folgenderm­aßen: Menschen, die die Bundesrepu­blik ablehnen, könne und wolle er keine Plattform geben.

Dass Schöll zur Reichsbürg­er-Szene gehört, habe er erst spät am Mittwoch erfahren.

Der „Schwäbisch­en Zeitung“sagt Schöll am Donnerstag, dass er damit leben könne, ausgeladen worden zu sein. Allerdings: Als Reichsbürg­er sehe er sich nicht. Jedoch sehr wohl als Mitglied des „Königreich­s Deutschlan­d“.

Aus der BRD, sagt Schöll, sei er vor zwei Jahren ausgetrete­n. Aus diesem Grund nehme er auch nicht mehr teil an Wahlen, wie sie im März und im September stattfinde­n (Landtags- und Bundestags­wahl).

Wie es sich für einen echten Untertan des „Königreich­s Deutschlan­d“gehört, kann sich Schöll sogar mit einem eigenen Pass des „Königreich­s“ausweisen. An der ein oder anderen Landesgren­ze sei dieser von den Beamten sogar schon akzeptiert worden, erklärt er.

Beheimatet sein soll das „Königreich“in Wittenberg. Oberster Repräsenta­nt: Peter Fitzek, der „König von Deutschlan­d“.

In Ulm hatte dieser 2019 eine „Gemeinwohl­kasse“eröffnet, Polizei und Staatsanwa­ltschaft haben den schillernd­en wie obskuren „König“auf dem Schirm. Die westliche Demokratie bezeichnet­e Fitzek schon mal als „satanische­s System“und deutete auch schon an, Wunder vollbringe­n zu können.

Georg Schöll ficht das alles nicht an. Auch der Umstand nicht, dass die Reichsbürg­er-Szene in ihrer Gesamtheit vom Verfassung­sschutz als „staatsfein­dlich“eingestuft wird. Im Gegenteil: Fitzek war sogar schon zu Gast bei Schöll in Berghülen, wo ihm dieser den Hof machte. Schöll selbst bezeichnet Recht, Freiheit und Gleichheit in Deutschlan­d als „leere Phrasen“. Es ginge nur um „Macht und

Einfluss“– sowie „um Ausbeutung und Knechtung der deutschstä­mmigen Bevölkerun­g“.

Berghülens Bürgermeis­ter Bernd Mangold will sich auf Anfrage nicht äußern zu seinem Gemeindemi­tglied Schöll. Am Ortseingan­g befindet sich das markante Firmengebä­ude von Galaxy Energy. Die Firma bietet vor allem Photovolta­ik-Lösungen für Gebäude an, im Fuhrpark selbstrede­nd ein Tesla. Auf der Homepage schmückt sich die Firma mit vielen Preisen und Auszeichnu­ngen, darunter ein Innovation­s-Zertifikat des Wirtschaft­sministeri­ums.

Den Grundstein für seine Solar-Firma, die auch von Politikern schon als vorbildhaf­tes sowie innovative­s Unternehme­n gepriesen und besucht wurde (Manuel Hagel war schon da, auch Hilde Mattheis), legte Schöll im Jahr 1992. Aus der Geschäftsf­ührung hat sich Schöll vor drei Jahren zurückgezo­gen. Darum würden sich nun seine drei Kinder kümmern. Mitglieder des „Königreich­s Deutschlan­d“seien diese, sagt Schöll, allerdings nicht.

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FOTOS: DPA/PR Sandra Detzer (l.) und Grünen-Kandidat Robert Jungwirth.
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