Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Happy End für die Familie Graf
Ulf Prümmer lässt dem Metzgereibetrieb den Vortritt an der Ecke Kapellenstraße/Radstraße
LAUPHEIM - Die Metzgerei Graf kann nun doch an der Ecke Kapellenstraße/Radstraße erweitern. Den Weg freigemacht hat Ulf Prümmer von der Grundstückseigentümergemeinschaft Prümmer. Mit einem Entwurf des Baltringer Büros Tress Architekten für ein Wohn- und Geschäftshaus hatte er das städtische Konzeptvergabeverfahren zur Neubebauung des Grundstücks gewonnen. Jetzt tritt er zu Gunsten von Hermann und Monika Graf von seinem Erwerbsrecht zurück.
Auf dem Grundstück standen bis 2018 zwei Häuser, sie wurden abgerissen. Erklärtes Ziel von Verwaltung und Gemeinderat ist ein Neubau, der sich stimmig in die zum Teil denkmalgeschützte Umgebung einfügt. Zu diesem Zweck initiierten sie einen Wettbewerb mit Vorgaben, die das neue Gebäude zum Beispiel in punkto Maßstab, Kleinteiligkeit und Dachform erfüllen muss. Es soll zur Kapellenstraße hin ausgerichtet sein und mit seiner Traufhöhe zwischen dem „Rothen Ochsen“und dem früheren „Gasthaus zum Rad“vermitteln.
Vier Investoren reichten Entwürfe ein, sie wurden anonymisiert und anhand einer von der Stadtverwaltung erstellten Matrix bewertet. Bei der Gewichtung der Kriterien stand die städtebaulich-architektonische Qualität im Fokus. Der Jury, gebildet aus den Reihen des Gemeinderats, lagen Stellungnahmen der Fachmitglieder des städtischen Gestaltungsbeirats zu den Entwürfen vor.
Zum Sieger kürte die Jury Prümmer und Tress. Sie wollten Wohnungen und Büroräume schaffen. Einer der konkurrierenden Entwürfe sah dagegen als Hauptnutzung ein neues Ladenlokal für die benachbarte Metzgerei Graf vor. Dass dieser Vorschlag im Vergabeverfahren nicht zum Zug kam, sorgte bei Teilen des Gemeinderats für Unbehagen, ging es doch um die Weiterentwicklung eines ortsansässigen Betriebs. OB Gerold Rechle sagte zu, die Verwaltung werde ein Gespräch zwischen dem Sieger und der Familie Graf anbahnen, um auszuloten, ob eine Zusammenarbeit im Sinne der angestrebten Erweiterung des Metzgereibetriebs möglich wäre.
Thomas Echtle, Leiter des Amts für Stadtplanung und Baurecht, vermittelte das Treffen. Ulf Prümmer erklärte sich umgehend bereit, sein Siegerkonzept an Hermann und Monika Graf zu veräußern und ihnen den Vortritt beim Grundstückserwerb zu lassen. Ein solches Entgegenkommen sei keineswegs selbstverständlich, betonte Echtle vergangene Woche im Gemeinderat.
Der Schritt sei ihm nicht schwer gefallen, sagte Prümmer der SZ – „ich möchte der Familie Graf nicht im Weg stehen und die Zukunft verbauen“. Als Investor sei er beständig auf der Suche nach Grundstücken und Immobilien, das Neubauvorhaben Kapellenstraße/Radstraße „wäre für uns kein Riesenprojekt gewesen“.
„Wir haben uns sehr gefreut und sind Herrn Prümmer dankbar für die sehr angenehme Kooperation“, sagt Monika Graf. Ihr Mann und sie möchten im Erdgeschoss des neuen Hauses ein neues, größeres Ladengeschäft einrichten und dort, wo jetzt das Ladengeschäft ist, Vorbereitungsräume für den Partyservice. Was in die oberen Geschosse des Neubaus kommt – Wohnungen, Büros, vielleicht eine Praxis –, sei noch offen. „Auch da finden wir eine gute Lösung.“
Die Metzgerei Graf gibt es seit 1963. Heute arbeiten 25 Menschen im Unternehmen, das auch eine Filiale am Bronner Berg betreibt. Paul Graf, Enkel des Firmengründers, hat ein BWL-Studium absolviert und macht derzeit eine Ausbildung im Fleischerhandwerk im elterlichen Betrieb.
Hocherfreut nahm der Gemeinderat von der Übernahme des Siegerentwurfs Notiz. „Dieses Ergebnis ist ganz wunderbar“, resümierte Karin Meyer-Barthold (Freie Wähler): „Die
Metzgerei hat eine Perspektive, sich weiterzuentwickeln, in einem Gebäude, das sich städtebaulich hervorragend einfügt.“Das tue Laupheim und allen Beteiligten gut, sagte Christian Biffar (CDU).
Das Gremium lobte Thomas Echtle für seine Vermittlerdienste und ermächtigte einstimmig die Stadtverwaltung, das Baugrundstück zum Verkehrswert an die Familie Graf zu verkaufen, mit der Verpflichtung, das Konzept des Büros Tress umzusetzen. Sowohl die Stadt als auch der Architekt „bestehen aus verfahrensrechtlichen Gründen sowie aufgrund der städtebaulichen und architektonischen Qualität auf der Realisierung des Siegerentwurfs“, heißt es in der Beschlussvorlage. Die Anpassung an die veränderte Nutzung dürfe sich überwiegend nur im Gebäudeinneren abspielen.
Ein Ladengeschäft könne integriert werden, sagte Thomas Echtle der SZ – „das geht auf jeden Fall“. In seiner Grundstruktur müsse der Siegerentwurf aber erkennbar bleiben.
„Wir sind bereits am Planen“, bestätigt der Architekt Manuel Tress. Die Aufgabe, die sich jetzt stelle – „in die Gebäudehülle muss ein Ladenlokal“–, sei anspruchsvoll und die Entwurfsabteilung entsprechend gefordert. Doch auch Tress spricht von einem „tollen Happy End“.