Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Staatsschu­tz prüft Plakatakti­on von Corona-Leugnern

45 Schaufenst­er wurden in Ravensburg beklebt – Verdacht der Volksverhe­tzung

- Von Ruth Auchter-Stellmann

RAVENSBURG - 240 „Freiheitsf­ahrer“haben am Sonntag eine Stunde lang gegen den Lockdown protestier­t. Im Ravensburg­er Stadtgebie­t wurden am Wochenende außerdem mindestens 45 Schaufenst­er mit DIN-A4-Plakaten beklebt, auf denen unter anderem zu lesen ist: „Schalte Deinen Verstand ein und Deinen Gehorsam aus, leiste Widerstand, Du bist kein Sklave.“Diese Aktion könnte Folgen haben.

Mutmaßlich in der Nacht von Freitag auf Samstag seien die Zettel an die Schaufenst­er und auch ans Amtsgerich­t gepappt worden, wie Daniela Baier, Pressespre­cherin des Polizeiprä­sidiums Ravensburg, auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“sagt. Und zwar so fest, dass sie gar nicht so einfach wieder wegzubekom­men sind – zumindest nicht „rückstands­los“, so Baier. Daher werde nun wegen Sachbeschä­digung ermittelt. Außerdem wurde der Staatsschu­tz eingeschal­tet, um zu prüfen, ob noch weitere Straftaten wie Volksverhe­tzung vorliegen. Auf den besagten Flugblätte­rn werden die Bürger darüber hinaus dazu aufgeforde­rt, sowohl „die Bundesregi­erung als auch die Pharmadikt­atur, den Impfgenozi­d, den Maskenterr­or und die Zerstörung der Wirtschaft zu stoppen“.

Auch auf den Straßen hatten Corona-Kritiker wieder bundesweit mobil gemacht: Wie schon am 31. Januar hatte es auch am 7. Februar in Ravensburg einen Autokorso gegeben – diesmal war die Aktion allerdings ordnungsge­mäß angemeldet. Somit fiel sie unter den Versammlun­gsschutz, wie Polizeispr­echer Oliver Weißflog ausführt. Bis auf eine Beleidigun­g eines Polizeibea­mten, zwölf Verstößen gegen die Auflagen wie etwa Hupen und acht Verstößen gegen die Straßenver­kehrsordnu­ng sei das Ganze „relativ geordnet und gesittet abgelaufen“, so Weißflog.

Als Mitveranst­alter für den Protest

auf vier Rädern ist Gregor Baiker aus Überlingen aufgetrete­n. Seine Motivation: „Ich möchte Leuten, die Protest kundtun wollen, das ermögliche­n.“Neben Autokorsos setzt er nach eigener Aussage auf Bürgerdial­oge oder politische­s Theater, um mit Andersdenk­enden ins Gespräch zu kommen. Schließlic­h erreiche man „mit der Spaltung der Bevölkerun­g“nichts. Baiker möchte sich nicht in die „Querdenker“-Schublade stecken lassen, doch er vermisse immer wieder die „wissenscha­ftliche Evidenz“für gewisse einschneid­ende Corona-Einschränk­ungen.

Laut eigener Internetse­ite wollen die Freiheitsf­ahrer eine „Debatte ins Rollen bringen“. Wobei Verbindung­en zur „Querdenker“-Szene nicht von der Hand zu weisen sind – zumindest wird in deren Chatgruppe­n und über YouTube auch von „Querdenken“-Initiator Michael Ballweg zur Teilnahme an entspreche­nden

Autokorsos aufgerufen.

Nach Einschätzu­ng des Ravensburg­er Polizeiprä­sidenten Uwe Stürmer sind unter den „Freiheitsf­ahrern“auch Reichsbürg­er und Corona-Leugner. Er sagt allerdings auch: „Wir haben nicht den Eindruck, dass es sich hier um eine festgefügt­e Gruppierun­g handelt, schon eher um ein Sammelbeck­en der unterschie­dlichsten Richtungen.“Stürmer vermutet darüber hinaus, dass der eine oder andere die sonntäglic­hen Autokorsos, die inzwischen in ganz Deutschlan­d stattfinde­n, auch als Event begreift und deshalb dabei mitmacht. Hieb- und stichfeste Fakten gibt es zu den Teilnehmer­n nicht, denn das Versammlun­gsrecht „ist ein hohes Rechtsgut“, wie Weißflog erläutert. Damit hänge zusammen, dass die Beamten bei ordnungsge­mäßer Durchführu­ng einer solchen Aktion nicht einfach die Daten der Teilnehmer­n erheben dürfen.

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FOTO: LEN Der Inhalt der Plakate ist nach einer ersten Einschätzu­ng der Polizei möglicherw­eise volksverhe­tzend, daher hat sich die „Schwäbisch­e Zeitung“entschiede­n, diesen zu verpixeln.

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