Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Frühlings-Alpenveilchen blühen trotz Schnee
Cyclamen sind langlebig und eignen sich besonders gut für Gärten mit alten Gehölzen
er Garten● befindet sich im Winterschlaf, aber dennoch gibt es hier und da einige blühende Überraschungen. Zu diesen zählt das Frühlings-Alpenveilchen, Cyclamen coum. „Die ersten Knospen kann man bei milder Witterung schon mitten im Winter entdecken“, sagt Anja Maubach, Staudengärtnerin und Gartengestalterin aus Wuppertal. Sie behauptet, dass sich diese Winterblüher durch die Kälte nicht erschüttern lassen.
Das Frühlings-Alpenveilchen ist vollkommen winterhart. Cassian Schmidt, Gartenleiter des Schauund Sichtungsgartens Hermannshof in Weinheim, stellt fest: „Cyclamen coum fühlt sich gerade in diesen Zeiten des Klimawandels im Winter sehr wohl.“Er erklärt, dass die luftfeuchten, kühlen, aber nicht anhaltend frostigen Winter und die trockenen Sommer geradezu ideal sind für die Frühlings-Alpenveilchen. Selbst wenn es schneit, blühen sie. „Ich beobachte, dass sich die Frühlings-Alpenveilchen sogar Löcher in die Schneedecke schmelzen, weil sie durch ihre Aktivität Wärme produzieren“, sagt Maubach.
Die winterharten Alpenveilchen wachsen nur wenige Zentimeter über der Erde. „Unterirdisch bilden sie eine flache Sprossknolle“, erklärt Schmidt den Wuchs. Er macht darauf aufmerksam, dass die Namensgebung sich von dieser Scheibe ableiten lässt. „Im Griechischen bedeutet ,cyclos' so viel wie Kreis oder Scheibe“, sagt der Gartendirektor. Die flache braune Scheibe der FrühlingsAlpenveilchen bildet an der Unterseite Wurzeln.
Im Vergleich dazu wachsen nach Angabe des Gartenleiters aus Weinheim beim Herbst-Alpenveilchen (Cyclamen hederifolium) die Wurzeln an der Oberseite und den Rändern. In beiden Fällen liegen die Scheiben meist recht dicht unter der Erdoberfläche. Daher sollte man auf Arbeiten wie Haken oder Rechen unbedingt verzichten.
Alpenveilchen bezaubern nicht nur durch die ungewöhnliche Blütezeit, sondern auch durch ihre Langlebigkeit. „Cyclamen eignen sich besonders gut für reife Gärten“, sagt Schmidt. Denn die winzigen Frühlings-Alpenveilchen können gut unter älteren Gehölzen angesiedelt werden. „Man pflanzt sie beispielsweise unter alten Magnolien oder besiedelt den Fuß von eingewachsenen Buchenhecken damit“, erklärt er weiter.
Schmidt rät, einen Pflanzplatz mit luftigem Boden ohne Staunässe zu wählen. Die Streuauflage durch
Dherbstliches Laub sollte weder zu dicht noch zu hoch sein, weil sich sonst die bodennahen Blüten nicht durchsetzen können. „Ideal sind die eher kleinblättrigen Gehölze wie Hainbuche, Buche und Heckenkirsche“, erklärt Schmidt. Auch die Zaubernuss (Hamamelis) ist ein guter Partner, weil sie keine Massen an Laub abwirft. Schließlich muss das Laub der Alpenveilchen während der Blüte ausreichend Licht bekommen. Maubach empfiehlt auch die Kombination mit Koniferen, die auf kalkhaltigen Böden wachsen. Auch hier ist ausreichend Licht am Boden die Voraussetzung für das Gelingen der Kombination.
In der Blütezeit der Frühlings-Alpenveilchen gibt es nur einige wenige Pflanzen als Begleiter. „Ideal sind natürlich Schneeglöckchen“, erläutert Maubach und ergänzt, dass sie bei sich die Winterwiese mit Lenzrosen
(Helleborus orientalis) bestückt hat.
Schmidt sagt: „Wichtig ist, dass man als Begleiter kleine Pflanzen wählt.“Die sind keine Konkurrenz zu den Frühlings-Alpenveilchen. Er zählt Stauden wie heimische Hainveilchen (Viola riviniana), das Duftveilchen (Viola odorata), das WaldSchaumkraut (Cardamine trifolia) und die gelbblühende Forellenlilie (Erythronium Pagoda) auf. „Auch kleinbleibende Seggen wie die Vogelfuß-Segge (Carex ornithopoda) und wintergrüne Farne wie der Japanische Glanz-Schildfarn (Polystichum polyblepharum) eignen sich für eine langlebige Kombination.“
Maubach rät zudem, nicht nur eine Einzelpflanze zu verwenden, sondern mindestens ein Dutzend Alpenveilchen zu pflanzen. Der empfohlene Pflanzabstand beträgt 25 Zentimeter, sodass man für einen
Quadratmeter 16 Stück benötigt. „Das hat den Vorteil, dass man direkt das Gefühl von Teppich erahnen kann“, so die Gartengestalterin.
Schmidt rät auch davon ab, große Knollen als Pflanzware zu verwenden. „Man kauft lieber junge Knollen im Topf“, sagt der Gartenleiter. Zur Blütezeit entdeckt man die Variabilität der Frühlings-Alpenveilchen, die vor allem in der Blütenfarbe und in der Laubfärbung zu finden ist.
Wenige Jahre nach der Pflanzung spürt man, dass sich die Alpenveilchen ausbreiten. Die Blütenstiele drehen sich spiralig ein. Wenn die Kapseln aufspringen, wirkt dieser Stiel wie ein Katapult, das die Samen in der Umgebung verteilt.
Der neue Lebenszyklus beginnt nach Angabe von Schmidt im Herbst mit der Keimung der Samen. Nach gut drei Jahren blühen diese Sämlinge. Von diesem Zeitpunkt an wird der Blütenteppich von Jahr zu Jahr dichter. „Will man mit den eigenen Frühlings-Alpenveilchen weitere Plätze besiedeln, pikiert man einzelne Sämlinge in Töpfe und kultiviert sie beispielsweise im Frühbeet bis zum Auspflanzen am neuen Standort“, rät der Gartenleiter.
Bei einer guten Standortwahl braucht man sich um die FrühlingsAlpenveilchen und ihre herbstblühenden Schwestern nicht großartig zu kümmern. Maubach verrät allerdings, dass sie die Pflanzen während der Blüte mit schwachdosiertem Flüssigdünger verwöhnt. „Mehr kann man eigentlich nicht tun – und dennoch ist das nierenförmige Laub bis in den Mai präsent.“Wenige Wochen später erwacht in den HerbstAlpenveilchen das Leben und schon im August entwickeln sie einen rosaroten Teppich am halbschattigen Gehölzrand. (dpa)