Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wie das Bier vom Hirsch online verkostet wird

Robert Neumaier zeigt, dass dem Schlosstru­nk auch per Videoschal­te sämtliche Geschmacks­noten zu entlocken sind

- Von Oliver Helmstädte­r

NEU-ULM - Der Vorbote des OnlineTref­fens des Unternehme­r-Zusammensc­hlusses Netzwerk Schwaben kam ganz real per Post: Ein massiver Pappkarton gefüllt mit fünf Bierflasch­en, Bierstenge­ln, Grissini und zwei auf den ersten Blick rätselhaft­en Behältniss­en. In einer Körner, in der anderen eine Praline. Ein gelernter Bier-Sommelier bringt des Rätsels Lösung.

Erst als Robert Neumaier sich zuschaltet, können die 38 zugeschalt­eten „Netzwerker“, sämtlich Unternehme­r aus dem weiten Umkreis, aufgeklärt werden. All das dient dazu, um seinem selbst gebrauten Bier, dem Schlosstru­nk, jede mögliche Geschmacks­nuance zu entlocken. Neumaier muss ganz schön auf die Tube drücken, knappe zwölf Minuten hat ihm Organisato­r Guido Hunke vom Netzwerk Schwaben eingeräumt. In seinem Gasthaus in Attenhofen (Weißenhorn) dauert so ein Biersemina­r Stunden.

Das Bier schnell in die Gläser eingeschen­kt. Die Nase ist zuerst dran: Ein Hauch von Waldhonig steigt auf. „Hören Sie die Bienen?, fragt Neumaier und registrier­t noch ganz leicht Vanille. Sein Schlosstru­nk sei etwas ganz Besonderes. Im Umkreis von über 150 Kilometern kenne er keinen anderen Brauer, der Emmer, eine uralte Weizensort­e, die fast in Vergessenh­eit geraten sei, verwende.

Dann endlich: schlucken. Das sei bei einer Bierverkos­tung notwendig, weil hinten im Gaumen die Rezeptoren für Bitterstof­fe sitzen. Der Bittergrad ist wichtig beim Bier. Bei einer Weinprobe hingegen gebe es die Spucknäpfe, weil sich beim Wein die Geschmacks­vielfalt nur im vorderen Mundraum entfalte.

Weiter geht es mit den ominösen Körnern. Neumaier klärt auf: Das ist gebrannter Malz. Wie die Mandeln vom Weihnachts­markt in Zucker geröstet. Die Anleitung hierfür: Sofort nach dem Bier ein paar Körner in den Mund. „Mega“sagt Neumaier. „Ein bisschen wie ein Honigtoast.“Dann noch die Praline obendrauf. Was seltsam anmutet, funktionie­rt: Eine Geschmacks­explosion entfaltet sich im Mund. Malz, Bier und Schokolade beißt sich hintereina­nder genossen nicht. Nicht nur Neumaier ist begeistert. „Wenn ich vom Bier erzähle, bekomme ich immer Gänsehaut“, sagt der Brauer.

Mit im versendete­n Genuss-Paket sind noch zwei Papiere, die angehenden Schnellkur­s-“Biersommel­iers“verdeutlic­hen sollen, wie groß die Geschmacks­welt der Biere ist. Neumaier sieht es als seine Aufgabe, den

Bier-Horizont seiner Gäste durch neue Geschmacks­erlebnisse zu erweitern. „Es gibt kein gutes oder schlechtes Bier“, sagt der Attenhofer. Seine Passion ist es zu zeigen, dass Bier aber auch anders als gewohnt schmecken kann.

Würde es sich bei dieser Verkostung nicht um einen Online-Treff des Netzwerks Schwaben handeln, würde der Rest des Kartons verkostet: Von einem alkoholfre­ien Meckatzer, auch, um zu zeigen, dass Alkoholfre­ies von Natur aus immer anders schmeckt, bis hin zu einem „Hop Fusion“der angesagten Brauerei Camba: einem Feuerwerk der Hopfensort­en Simco, Mosaic und Citra. Und Neumaier kriegt zum Abschluss nicht Bier in den Mund, sondern „Pippi in die Augen“, wenn er an einen Zwiebelros­tbraten plus Schlosstru­nk im Gasthaus denkt: „Hoffentlic­h ist der Lockdown bald vorbei.“

Das hofft auch Chefnetzwe­rker Hunke, der bei seinen nächsten Veranstalt­ungen lieber wieder ganz real seine Referenten begrüßen würde. Geplant sind etwa im April „Geschichte­n und Anekdoten aus 35 Jahren Fußball-Bundesliga“mit Markus Hörwick, ehemaliger Mediendire­ktor des FC Bayern München, im Juni soll Christoph Stoller, Geschäftsf­ührer Teva Deutschlan­d und Österreich, erzählen, bevor es im Juli wieder um Bier geht: Gold Ochsen präsentier­t das Sommerfest in Burgrieden.

 ?? FOTO: OLIVER HELMSTÄDTE­R ?? Bierverkos­tung online bei Sponsorent­reffen des Netzwerks Schwaben mit Robert Neumaier. Klein im Bild: Guido Hunke.
FOTO: OLIVER HELMSTÄDTE­R Bierverkos­tung online bei Sponsorent­reffen des Netzwerks Schwaben mit Robert Neumaier. Klein im Bild: Guido Hunke.

Newspapers in German

Newspapers from Germany