Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Alte Träume und neue Wünsche
Am Eigenheim hängen in Deutschland ähnlich starke Emotionen wie am Auto. Das erklärt die Heftigkeit der Debatte in den vergangenen Tagen. Doch beim Blick auf bundesdeutsche Realitäten fällt auf: Der Traum vom eigenen Haus lebt, aber zu ihm haben sich andere Wohnwünsche gesellt. Darauf gilt es zu reagieren und diese gegen andere Belange abzuwägen.
Das ist aber bereits landauf, landab möglich. Gemeinderäte können entscheiden, welche Art der Bebauung sie für ihren Ort als sinnvoll erachten. Dass die Grünen Eigenheime eher skeptisch betrachten, ist kein Geheimnis und aus ihrer Sicht logisch. Selbstverständlich verbraucht ein Haus für eine Familie mehr Fläche, mehr Energie und mehr Baustoff als wenn man gleich für mehrere baut.
Aber selbstverständlich weiß auch jeder grüne Spitzenpolitiker: Noch immer wollen viele Familien im eigenen Haus leben. Wer das ignoriert, riskiert die Attraktivität der Wirtschaftsstandorte. Davon kann man ein Lied singen etwa in der Medizintechnikstadt Tuttlingen, wo es selbst für gut bezahlte Mitarbeiter schwer ist, ein Haus zu finden.
Demgegenüber war es kein Grüner, sondern CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger, der ein ehrgeiziges Ziel ausgab: Die Nettonull beim Flächenverbrauch – für jeden überbauten Quadratmeter sollte die Natur ein Stück zurückbekommen. Denn auch der CDU ist klar: Wer Natur und Klima schützen will, wer weiter regionale Flächen für die Landwirtschaft möchte, der darf nicht nur auf Eigenheime setzen.
Der Wunsch nach einem eigenen Haus ist deshalb nicht verwerflich. Man muss ihn nur in Einklang bringen mit anderen Gütern. Die Verantwortung dafür liegt bereits da, wo sie hingehört: in den Gemeinden. Dort gibt es stellenweise bereits Fantasie und Flexibilität, um Träume und Realität unter einen Hut zu bringen. Warum nicht neben Reihenhäuser neue Wohnformen bauen – etwa für Ältere, die nicht allein leben wollen? Oder für zugezogene, alleinstehende Fachkräfte? Verbote sind Unsinn, Kreativität ist die Lösung.