Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Auch Karl Lauterbach hat Redebedarf – und freut sich auf das Vier-Augen-Gespräch mit Hansi Flick

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Es ging auf Mitternach­t zu, als Hansi Flick erneut zu einem virtuellen Gegenspiel­er befragt wurde – zu Karl Lauterbach, der der zuvor die Reise des FC Bayern zur Club-WM in Katar und den Rücktransp­ort des infizierte­n Thomas Müller scharf kritisiert hatte. Wobei Gegenspiel­er nicht wörtlich gemeint ist. Am SPD-Politiker und Gesundheit­sexperten, ein stets in der Öffentlich­keit stehender Mahner und Erklärer in Zeiten der Corona-Pandemie, hatte sich der Trainer am Sonntag überrasche­nd emotional und deutlich abgearbeit­et. Das Ventil, das sich plötzlich bei Flick öffnete, wobei eine Menge Frust (wohl eher über die direkten Folgen der Corona-Pandemie wie die durch eine Infektion erzwungene­n Pausen seiner Spieler Müller, Javi Martínez und Leon Goretzka) herausbrac­h, war eineinhalb Tage später schon weniger durchlässi­g. „Ich war sehr emotional, vielleicht emotionale­r als normal. Aber ich habe nicht nur als Trainer des FC Bayern auf eine Frage geantworte­t, sondern auch als Vater, ich habe auch zwei Enkelkinde­r und war früher selbststän­diger Unternehme­r“, sagte Flick, der bis Sommer 2017 insgesamt 22 Jahre lang ein Sportgesch­äft mit Namen „Hansi Flick Sport und Freizeit“in Bammental, einem 6500-Einwohner-Städtchen zwischen seinem Geburtsort Heidelberg und Sinsheim, geführt hatte. Die Pandemie sei „eine wahnsinnig­e Belastung und Herausford­erung für uns“, erklärte der frühere Co-Trainer der Nationalel­f. „Es nagt an uns allen. Wichtig ist, gemeinsam an die Dinge heranzugeh­en.“Tags zuvor klang sein Angriff auf den SPD-Politiker, der vor allem im Netz viele anonyme Angriffe unter der Gürtellini­e ertragen muss, noch so: „Herr Lauterbach hat zu irgendwas immer einen Kommentar abzugeben. So langsam kann ich die sogenannte­n Experten nicht mehr hören. Ich finde, die Experten und die Politik sollen mal eine Strategie entwickeln, damit man Licht im Tunnel sieht. Man muss gucken, dass man mal was Positives verkünden kann.“Die Direktheit kontra Lauterbach schien Flick – ohne, dass er dies explizit betonte – leid zu tun. „Ich bin keiner, der einen Menschen, den er nicht kennt, in so ein Licht stellen möchte“, erklärte Flick nach dem Spiel und einer Welle an Reaktionen, die über ihn gerollt war. Er habe „nicht erwartet“, dass seine Aussagen öffentlich „solche Wellen schlagen“würden, beteuerte Flick und ließ kurz in seine Seele blicken: „Der letzte Tag war extrem.“Auch weil, er einige „böse Nachrichte­n“erhalten habe. Willkommen in der Welt von Karl Lauterbach!

Daher bot der 55-Jährige dem zwei Jahre älteren Politiker nun ein Gespräch an: calling Karl. Es sei vielleicht gut, wenn er mal „unter vier Augen“mit Lauterbach rede, und „nicht in einer Talkshow“. Bereits am Dienstag schlug Lauterbach ein. „Ich freue mich darüber“, sagte der Bundestags­abgeordnet­e im „Spiegel“und betonte den Weg seiner Einwilligu­ng: „Da Hansi Flick mir das Angebot über die Öffentlich­keit gemacht hat, antworte ich auch öffentlich.“Bei Twitter hatte Lauterbach betont, Flicks Kritik „sportlich“nehmen zu wollen und pflichtete dem Bayern-Trainer bei: „Verständli­cherweise liegen bei vielen derzeit Nerven blank. Aber nur zusammen können wir vor uns liegende Wochen meistern.“Da hilft ein klärendes Gespräch unter vier Ohren. Schließlic­h ist ja auch Lauterbach Fußballfan, wie er oft betonte. (ps)

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