Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Impfdiskussion kommt zu spät
Kaum wird der Plan diskutiert, Beschäftigte an Grundschulen und Kitas schneller zur Corona-Impfung als bisher geplant zuzulassen, beginnt in Deutschland auch schon die Neiddiskussion um angeblich überflüssige Privilegien fürs pädagogische Personal. Die Wortführer verstehen nicht, dass Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher systemrelevant sind und Impfschutz wie auch Risikominimierung brauchen, wenn sie unterrichten und erziehen sollen. Die schwächsten Glieder der Gesellschaft, die Kinder, haben fast ein Jahr auf Präsenz-Unterricht verzichten müssen. Die schlimmen Folgen sind unübersehbar: Wenn die umstrittene Entscheidung umgesetzt wird, Schulen zu öffnen, dann ist es richtig, nicht nur in Sonntagsreden den Wert guter Bildung zu betonen, sondern alles dafür zu tun, damit Pädagogen guten Gewissens in Klassen- oder Gruppenräume zurückkehren. Liegen beispielsweise Schnelltests bereit?
Zu fragen ist, warum die Politiker und die Lehrer selbst die Impfung nicht viel früher gefordert und geplant haben? Diese Panne reiht sich ein in die Serie schwerster Defizite der Schulpolitik, die während der Krise überdeutlich zutage treten: Vor allem ist die immer noch mangelhafte digitale technische Ausstattung der Lehrer und Schüler nicht akzeptabel. Und wenn in vielen Schulen beim Lüftungskonzept bloß Fenster geöffnet werden, kommt die nächste „6“aufs Armutszeugnis. Die Kultusministerien haben das vergangene Jahr schlicht verschlafen: „Flatten the curve“heißt es, „flacht die Corona-Kurve ab“. Abgeflacht ist aber nur die pädagogische Lernkurve, die vorher bereits nicht besonders steil war.
Geimpfte Lehrer sollten nun Solidarität zeigen und Schülern, die durch den Distanz-Unterricht abgehängt wurden, mit Nachhilfeunterricht und in Sommerschulen helfen. Oder: Lehrkräfte, die sich immer noch durch mangelnde PC-Kenntnisse ausbremsen lassen, sollten in ihren Ferien eine digitale Sommerakademie besuchen. Sie werden diese Fähigkeiten bald brauchen: Die nächste Pandemie kommt bestimmt.