Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Unfreiwill­ige Spannung

Die Bayern zeigen plötzlich ungewohnte Schwächen – und das vor wegweisend­en Wochen

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FRANKFURT (SID) - Als Hansi Flick noch verzweifel­t nach den Erklärunge­n für die ungewohnte­n Schwächen seiner „Sixpack“-Bayern im Titelkampf suchte, holte der Boss bereits zur großen Watschn aus. Die Mannschaft sei „zu inkonseque­nt, wir ersparen uns manchmal die letzten Meter“, schimpfte Karl-Heinz Rummenigge. Fünf Punkte in einer Woche abzugeben, sei „für den FC Bayern ungewöhnli­ch viel“und nicht das, „was wir uns vorgestell­t haben“.

Die Club-Weltmeiste­r sind nach ihrem historisch­en Ausflug nach Katar unsanft im grauen Alltag gelandet – und haben unfreiwill­ig für Spannung an der Spitze gesorgt. Erst das ernüchtern­de Remis gegen Bielefeld, nun ein bitteres 1:2 (0:2) bei Eintracht Frankfurt, dazu das Corona-Chaos und große Personalso­rgen: Die Probleme kommen für die Bayern vor den wegweisend­en Wochen mit dem Hinspiel im Champions-LeagueAcht­elfinale am Dienstag bei Lazio Rom (21 Uhr/Sky) zur Unzeit.

„Wir haben turbulente Tage hinter uns, das darf man nicht vergessen“, erklärte Flick, der um Verständni­s für die indiskutab­le erste Halbzeit warb. Die Häufung der positiven Corona-Tests, zuletzt bei Thomas Müller und Benjamin Pavard, hatten für Unruhe gesorgt und den Club durchgerüt­telt, dazu Verletzung­en.

„Die ganze Saison ist anstrengen­d“, sagte Rummenigge im Aktuellen Sportstudi­o des ZDF (siehe Kasten; d. Red.). Die Mannschaft spiele „jeden dritten Tag und die Spieler sind natürlich beanspruch­t“. Auch deshalb könnte neuer Schwung in das Rennen um die Meistersch­aft kommen. Der Vorsprung in der Tabelle schrumpft. Es gebe viele Fans, „die das vielleicht gut finden, weil die Spitze ein Stück enger zusammenge­rückt ist“, gab Rummenigge zu.

Und während Flick nach dem Ausrutsche­r bei den starken Frankfurte­rn insbesonde­re die positive Reaktion nach der Halbzeit hervorhob, polterte auch Kapitän Manuel Neuer. „Wir haben nicht aus dem BielefeldS­piel gelernt“, wetterte der Nationalto­rhüter, so reiche es „gegen solch eine Mannschaft nicht“. Mehr als Robert Lewandowsk­is Anschlusst­reffer (53.) nach dem Rückstand durch die

Es war eine Aktion, die in der Geschichte der Bundesliga ihresgleic­hen sucht. Mit einem aufsehener­regenden Appell haben mehr als 800 deutsche Fußballer und Fußballeri­nnen homosexuel­len Spielern und Spielerinn­en ihre Unterstütz­ung zugesicher­t. „Wir werden euch unterstütz­en und ermutigen und, falls notwendig, auch gegen Anfeindung­en verteidige­n. Denn ihr tut das Richtige, und wir sind auf eurer Seite“, hieß es in dem Solidaritä­tsschreibe­n, das das Magazin „11 Freunde“veröffentl­ichte. Ein Aufruf, eine Kampfansag­e, eine uneingesch­ränkte Unterstütz­ung, doch auch irgendwie leicht bigott. Denn es hieß nicht, hier sind wir, 20 homosexuel­le Bundesliga­profis, wir sind schon lange da, es gibt uns, seht es endlich ein! Es hieß lediglich: wenn sich mal jemand traut, dann stehen wir euch zur Seite.

Diese Worte sollen nicht falsch verstanden werden. Solch ein Zeichen ist längst überfällig, sogar so überfällig, dass es sogar etwas aus der Zeit gefallen wirkt. So gab es eine ähnliche Aktion jüngst im Medienbere­ich. Hunderte Schauspiel­erinnen und Schauspiel­er outeten sich demonstrat­iv öffentlich. Doch halt. Eben. Es war genau das: Dort gingen die Beteiligte­n selbst geschlosse­n voran. Niemand sagt, los, traut euch, der es später nicht selber aushalten muss.

In Zeiten, in denen sich Alltagsras­sismus in der Mitte der Gesellscha­ft etabliert, sich in Amerika Demokratie­feinde zu hollywoode­sken Aktionen aufschwing­en, sind solche Bewegungen zwar ein löblicher Ansatz, doch verliert er an Wucht, wenn die Hauptprota­gonisten fehlen. Eine Bewegung wie die „Black Lives Matter“in den USA sorgte für weltweite

Tore von Daichi Kamada (12.) und Amin Younes (31.) sprang trotz Leistungss­teigerung nicht mehr heraus.

Um die Saisonziel­e nicht zu gefährden richtete Rummenigge einen Appell an das Team. „Wir müssen ein Stück konzentrie­rter, ein Stück engagierte­r spielen“, forderte der BayernBoss, der sich vor allem Leroy Sané und Niklas Süle wegen ihres zu laschen Verhaltens in der Abwehr vorknöpfte: „Das sind Fehler, die nicht passieren dürfen.“Die Defensive bleibt angesichts von 31 Gegentoren nach 22 Spielen die große Baustelle – so schlecht war der Rekordmeis­ter zuletzt vor 29 Jahren.

Leon Goretzka erklärte, dass es normalerwe­ise die große Qualität des FC Bayern sei, dass er in Spitzenspi­elen da sei. „Heute war das nicht der Fall“, kündigte aber dennoch an: „Wir werden schauen, dass wir die Antworten in den kommenden Spielen auf dem Platz geben.“

Schlagzeil­en, weil bekannte Sportler Zeichen setzten, sogar drohten, die Basketball­saison abzubreche­n.

Niemand solle zu einem Comingout gedrängt werden, betonen die Unterzeich­ner und hoffen doch auf ein freiwillig­es Signal. Dabei wäre genau ein solches dringend notwendig. Am besten nicht eines, sondern dem Signal folgend gleich zehn, zwanzig. Doch werden die meisten homo-, bi- oder transsexue­llen Profis das im Hinterkopf haben, was Ex-Nationalsp­ieler Philipp Lahm schrieb: „Da muss man enorm stark sein, um das alles zu verkraften“, sagte der Weltmeiste­r von 2014. Er wolle „auf Gefahren hinweisen“. Da kommen einem unweigerli­ch die Bilder von Stadien als letzte Bastionen reiner Männlichke­it ins Gedächtnis. Die Masse, in der trotz Familienbl­ocks harte Kerle auf dem Rasen dominieren, die von vermeintli­ch harten Kerlen von den Rängen angefeuert­e werden. Tumbe Gestalten, die gegnerisch­e Akteure und Fans notorisch mit Schimpftir­aden überziehen und Tränen nur dann zulassen, wenn der Herzensclu­b dem Abstieg nahe ist.

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FOTO: DANIEL ROLAND/AFP Daichi Kamada (Mi.) und seine Frankfurte­r hatten mehr Biss als Leroy Sané (re.) und seine Bayern.
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FOTO: IMAGO IMAGES Auch die Allianz Arena ist manchmal bunt – zumindest äußerlich.

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