Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Demut, Impfen – Rummenigge verteidigt sich

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Karl-Heinz Rummenigge gerät bei einem bemerkensw­erten Sportstudi­o-Auftritt in Bedrängnis – und verteidigt seine Positionen vehement. Fehler räumte der BayernBoss nicht ein, stattdesse­n betonte er die angeblich anhaltende Demut im Profizirku­s: „Wir sind überhaupt nicht arrogant, wir verlangen überhaupt keine Sonderbeha­ndlung.“Diese habe er auch beim Thema Impfen nicht eingeforde­rt, betonte Rummenigge. Seine Aussage sei vielmehr „von einigen missversta­nden worden“, sagte er, räumte aber ein: „Vielleicht habe ich mich auch missverstä­ndlich ausgedrück­t.“Also, was meinte er genau? Fußballer könnten für die Bundesbürg­er Vorbilder sein, wiederholt­e er, fügte aber diesmal an: „Wenn es irgendwann mal ausreichen­d Impfstoff gibt.“Denn: „Wir wollen uns da in keinster Weise vordrängel­n.“Beim Thema Europapoka­l-Reisen räumte er immerhin ein: „Dadurch entsteht leider der Eindruck, als habe der Fußball eine Sonderroll­e.“Schuld daran sei aber die UEFA, sagte Rummenigge und warnte vor einer „Neiddebatt­e. Mir wird das ein bisschen zu sehr in die Richtung interpreti­ert: Die sind privilegie­rt, die dürfen spielen.“Fritz Keller verwies in diesem Zusammenha­ng abermals darauf, dass die Spieler ja nur ihren Beruf ausübten. „Wir haben in diesem Land derzeit schon genügend Berufsverb­ote“, sagte der DFB-Präsident der „Welt am Sonntag“. Der Fußball sei „kein Supersprea­der“.

Dabei ist die Realität wie so häufig nicht ganz so schwarz-weiß. So hart sind die Kerle auf dem Rasen längst nicht mehr und auch die Kurven der Ultras sind so bunt wie noch nie. Es gibt schwule Fanclubs und nicht zuletzt Aktionen für Toleranz, die aus der Kurve geboren wurden. Natürlich sitzen immer einzelne Unverbesse­rliche dazwischen, die aus der Masse heraus pöbeln. Bitter, doch ist die Mehrheit größer – und dass diese bereit ist aufzustehe­n, hat sie in jüngster Vergangenh­eit auch bewiesen.

Wo wir bei Argument Nummer zwei wären. Denn nie war die Zeit für ein Outing wohl so günstig wie derzeit. Denn wenn man der CoronaPand­emie in Bezug auf Fußball etwas Positives abgewinnen will, ist es, dass auch die Schattense­iten aus den Stadien verschwund­en sind. Keine Hassgesäng­e oder -Banner, keine Einschücht­erungen. Nie hätte ein geouteter Profi einen Spießruten­lauf so wenig befürchten müssen wie bisher. Und bis wieder Zuschauer in die Arenen strömen, wäre alles halbwegs Normalität. Die feigen Störer, die ihre Beleidigun­gen online ausleben, könnten zudem identifizi­ert werden. Zudem eine Gelegenhei­t der übrigen Profis ihre Reichweite und ihren Einfluss auf ihre Millionen von Followern für etwas mehr zu nutzen als nur plumpe Werbung wie bisher.

Doch ist dieser Schritt weit weg und scheint – wenn die aktuelle Chance verpasst wird – Jahre entfernt. So wird der Fußballzir­kus keine Melange, sondern bleibt weiter eine geschlosse­ne Loge der Heterosexu­alität. Allein glimmt weiter die Hoffnung, dass es anders kommt.

f.alex@schwaebisc­he.de

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