Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die ständige Sorge vor dem Regen

Oberholzhe­imer fühlt sich wegen Hochwasser von Gemeinde im Stich gelassen – Bürgermeis­ter zeigt Verständni­s für Problem, sieht aber den Betroffene­n in der Pflicht

- Von Simon Schwörer

OBERHOLZHE­IM - Zwei Wochen ist es her, dass nachts Wasser das Grundstück der Familie Fahleker überschwem­mt hat – wieder einmal. Weil das jedes Jahr passiert, hatte die Gemeinde Achstetten dem Betroffene­n empfohlen, eine Mauer zu bauen. Das tat Jürgen Fahleker, trotzdem ist nun wieder Wasser auf seinen Hof gelaufen. Der Oberholzhe­imer fordert von der Gemeinde jetzt eine Lösung. Die sieht aber Fahleker selbst in der Pflicht: Die Mauer sei nicht richtig gebaut.

„Ich kriege bei Gewitter schon Bauchweh und kann nicht schlafen, wenn es nachts stark regnet“, erzählt Fahleker. Wie erst vor Kurzem: „Sonntagnac­ht um halb 12 hat uns glückliche­rweise ein Nachbar, der mit dem Hund beim Gassigehen war, informiert, dass das Wasser über unseren Hof läuft.“Daraufhin habe er die Feuerwehr gerufen, die dann bis morgens um 4 Uhr Wasser pumpte und einen Graben in den angrenzend­en Feldern zog, um dem Wasser den Druck zu nehmen. Das verhindert­e schlimmere Schäden. „Gott sei Dank ist nichts passiert“, sagt Fahleker. Zwar habe seine Grundstück­smauer einen Großteil des Wassers abgehalten. Dennoch sei es wieder über den Hof gelaufen.

Zu den starken Überschwem­mungen kommt es auf dem Grundstück noch nicht so lange, schildert Fahleker, der in dem Haus seit 40 Jahren lebt. „So extrem ist es erst in den vergangene­n zehn Jahren geworden“, sagt er. Schuld daran seien die verbreitet­en Monokultur­en auf den Feldern, an die das Grundstück angrenzt. Die Böden seien verdichtet und könnten kaum Regen- oder Schmelzwas­ser aufnehmen. Von den Feldern fließt dieses auf das unbebaute Grundstück neben Fahlekers Haus. „Das fungiert wie eine Badewanne, in der sich das Wasser sammeln kann“, berichtet er. Ein bis zwei Mal im Jahr kommt es dann zur Überschwem­mung.

Davor sollte das Grundstück nun eine Mauer schützen. Doch das Wasser drücke trotzdem durch, sagt Fahleker. Dabei sei für die Mauer 70 bis 80 Zentimeter tief ins Erdreich gegraben und ein Betonfunda­ment angelegt worden. Dem widerspric­ht Achstetten­s Bürgermeis­ter Kai Feneberg: „Das hat er so nicht gemacht.“Stattdesse­n gehen laut Feneberg sowohl Bauamt, Ingenieurb­üro und Feuerwehr davon aus, dass das Fundament lediglich 30 Zentimeter tief und damit auch nicht vor Frost geschützt ist. „Das Ding hätte funktionie­rt“, ist Feneberg überzeugt. Doch in der aktuellen Version erfülle die Mauer ihren Zweck nicht. Zur Lösung des Problems müsse die Mauer nachgebess­ert werden, sagt er. Bei Starkregen könne sich dann das Wasser an dieser stauen und über die Straße in den Kanal abfließen.

Fahleker ist allerdings überzeugt, dass die Mauer korrekt gebaut ist – wie von der Gemeinde empfohlen. „Und jetzt ist es doch wieder passiert“, ist er erbost. „Ich habe langsam die Schnauze voll.“Denn in seinen persönlich­en Hochwasser­schutz sind für Feuerwehre­insatz, Mauer und Pumpen schon 7000 Euro geflossen. Nun sieht der Oberholzhe­imer die Gemeinde in der Fürsorgepf­licht.

Für den Unmut von Fahleker zeigt Bürgermeis­ter Feneberg Verständni­s, bietet auch Hilfe durch den Bauhof an. Allerdings sei die Gemeinde dafür die falsche Anlaufstel­le. „Wir sind für so einen Fall gar nicht zuständig“, erklärt er. „Das ist ein Naturereig­nis im Außenberei­ch und hat nichts mit dem Baugebiet zu tun.“Im Landes-Wasserhaus­haltsgeset­z heißt es: „Jede Person, die durch Hochwasser betroffen sein kann, ist im Rahmen des ihr Möglichen und Zumutbaren verpflicht­et, geeignete Vorsorgema­ßnahmen zum Schutz vor nachteilig­en Hochwasser­folgen und zur Schadensmi­nderung zu treffen.“Rein rechtlich muss Fahleker also privaten Objektschu­tz betreiben.

Doch Fahleker will die Situation so nicht hinnehmen, wünscht sich ein Entgegenko­mmen der Gemeinde. „Es ist ja genauso wenig mein Wasser. Wer kann mir helfen, wenn nicht die Gemeinde?“Es müsse ein Ablauf gebaut werden, damit sich das Wasser nicht mehr auf dem Nachbargru­ndstück sammeln könne, sagt er. „Wenn das Wasser permanent weglaufen kann, ist es mir egal.“

„Einen Schacht im leeren Nachbargru­ndstück vom Bauhof setzen zu lassen, haben wir auch schon überlegt“, erklärt Bürgermeis­ter Feneberg. Das Problem: Laut dem befragten Ingenieurb­üro fließt dann laufend in den Schacht Wasser, das sonst versickere. Die Folge: Die Dimension des ganzen Kanals reiche nicht mehr aus. Letztendli­ch sei die praktikabe­lste Lösung, die Staumauer nachzubess­ern. Der Bürgermeis­ter macht deutlich: „Ich kann ihm dafür nicht einfach Steuergeld­er geben.“

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FOTO: PRIVAT Zwischen dem Haus der Fahlekers und dem Nachbargeb­äude liegt ein unbebautes Grundstück, auf dem sich das Wasser sammelt. Doch die errichtete Schutzmaue­r hielt die jüngste Überschwem­mung nicht ab.

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