Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Briefbomben-Serie: Zugriff in Wiblinger Reihenhaus
SEK verhaftete einen 66-Jährigen im Ulmer Stadtteil – Der Mann schweigt zu den Vorwürfen
ULM - Seinem Nachbarn rief er bei seiner Festnahme am Wochenende in Ulm-Wiblingen noch zu: „Ich weiß gar nicht, was die Polizei von mir will.“Seither sitzt der 66-Jährige in Untersuchungshaft. Die Ermittler gehen „mit hoher Wahrscheinlichkeit“davon aus, dass der Rentner drei Postsendungen an Lebensmittelfirmen verschickt hat. Zwei waren explodiert, eine dritte Sendung konnte die Polizei abfangen.
Das Motiv des verheirateten Rentners war auch am Montagmittag noch unklar. Wie der Heidelberger Staatsanwalt Thomas Bischoff der „Schwäbischen Zeitung“mitteilt, lägen die Hintergründe der Tat „leider“noch im Dunkeln. Der Mann, der in Untersuchungshaft sitzt, äußere sich nicht zu den Vorwürfen. Die Ermittlungen würden, so Bischoff, deshalb weiter „mit Hochdruck“geführt. Hinweise auf einen zweiten Täter lägen bislang nicht vor.
Der Mann war am Freitag in Wiblingen an seinem Wohnsitz vom SEK der Polizei festgenommen worden, er soll keinen Widerstand geleistet haben. Im feuchten Gras hinter dem Haus sind noch immer die Stiefelspuren
der SEK-Beamten zu erkennen. Es handelt sich um ein unscheinbares, aber gepflegtes Reihenhaus mit schönem, eingewachsenem Garten. Auf der Veranda eine Sonnenliege.
Nach seiner Verhaftung wurde der Mann, der laut LKA bislang nicht polizeilich aufgefallen ist, nach Heidelberg gebracht und auf Antrag der dortigen Staatsanwaltschaft dem zuständigen Richter vorgeführt. Dieser schickte den 66-Jährigen in U-Haft.
Wo der Mann einsitzt, wollte die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Wie lange die U-Haft noch andauert, hängt vom weiteren Ermittlungserfolg ab. Nach sechs Monaten aber erfolgt eine Haftprüfung.
Warum die Ermittler sich sicher sind, den Richtigen zu haben? Laut Staatsanwalt Thomas Bischoff würden dies unter anderem der Versandweg und die Art der Sprengstoffpakete nahe legen. Unbestätigten Meldungen zufolge soll der Rentner die explosiven Pakete in einer Postfiliale in der Ulmer Innenstadt aufgegeben haben.
Insbesondere die Beschaffenheit der verschickten Briefe, beziehungsweise der Pakete führte die Sonderkommission auf die Spur des Wiblinger Rentners. Es soll sich um recht spezielle Pakete gehandelt haben und die Ermittler wollen herausgefunden haben, wo der Verdächtigte diese gekauft hat. Nach wie vor nicht aufgetaucht ist ein Erpresserschreiben oder Ähnliches, das Aufschluss über die Beweggründe des mutmaßlichen Briefbombers geben könnte.
Zwei Postsendungen explodierten in der vergangenen Woche bei Lidl in Neckarsulm sowie der Firma Wild in Eppelheim. Eppelheim liegt bei Heidelberg, weshalb die Ermittlungen auch von der dortigen Staatsanwaltschaft geführt werden, gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Kommt es zu einem Prozess, findet dieser aller Voraussicht nach ebenfalls in Heidelberg statt.
Insgesamt wurden bei den Anschlägen vier Menschen verletzt. Die Ermittler erachten es derzeit als wenig wahrscheinlich, dass der Beschuldigte noch weitere gefährliche Postsendungen verschickt hat.