Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wird die Gänstorbrü­cke kontrollie­rt zerstört?

Bei Berlin setzen Experten genau das bald um – Geophysike­r erklärt, was in der Region denkbar ist

- Von Sebastian Mayr

ULM/NEU-ULM - Im April ist es so weit: Eine Brücke im Berliner Raum wird kontrollie­rt zerstört und das Team von Ernst Niederleit­hinger ist bis zum Schluss dabei. Niederleit­hingers Ziel ist es, Brücken möglichst lange am Leben zu halten. Doch ob die dafür entwickelt­en Prüfmethod­en tatsächlic­h funktionie­ren, lässt sich am besten testen, wenn die Bauwerke Schaden nehmen oder zerstört werden. Was jetzt bei Berlin getestet wird, könnte auch in Ulm und Neu-Ulm geschehen.

Der promoviert­e Geophysike­r Niederleit­hinger ist Fachbereic­hsleiter Zerstörung­sfreie Prüfmethod­en für das Bauwesen bei der Bundesanst­alt für Materialfo­rschung und -prüfung (BAM) in Berlin. Die BAM hat die marode Gänstorbrü­cke im September zum Forschungs­objekt gemacht und zusätzlich­e Sensoren eingebaut, die den Zustand des Bauwerks messen. Die Technik stammt aus der Vulkanfors­chung. Bisher senden die Sensoren beruhigend­e Ergebnisse, berichtet Niederleit­hinger: „Die Brücke scheint stabil zu sein.“

Was aus wissenscha­ftlicher Sicht besonders interessan­t wäre: Melden die Sensoren auch zuverlässi­g, wenn es zu Schäden kommt? Eine mögliche Ursache dafür waren über Monate hinweg Lastwagenf­ahrer, die sich über das Verbot hinwegsetz­ten und mit ihren Fahrzeugen die Brücke überquerte­n. Höhenbegre­nzung, Betonschle­use, Schranke, Ampel: Inzwischen sind die Sicherheit­svorkehrun­gen so umfangreic­h, dass die Schwertran­sporter wirklich nicht mehr durchkomme­n.

Und eigentlich haben die Experten genau berechnet, wie lange die Brücke noch hält – bis zum Neubau soll es keine Probleme geben. Niederleit­hinger hofft daher, dass die BAM-Sensoren bis zum Schluss angebracht bleiben. Und, dass die Gänstorbrü­cke kontrollie­rt zerstört wird. So wie es bald bei Berlin geschehen soll. Viele Wissenscha­ftler, so Niederleit­hinger, hätten Interesse an einem solchen Projekt. Und vom Bundesverk­ehrsminist­erium gebe es Fördergeld­er. Denn die Erkenntnis­se aus der kontrollie­rten Zerstörung alter Bauwerke könnten beim Erhalt anderer Brücken helfen.

Die Fachleute von der BAM werden der Gänstorbrü­cke und den Sensoren wohl erst im Sommer wieder einen Kontrollbe­such abstatten. „Grundsätzl­ich läuft das alles von alleine“, so Geophysike­r Niederleit­hinger. Ursprüngli­ch hatte ein Team zu den Betontagen Ende Februar kommen und dann auch die Forschungs­station an der Donau überprüfen wollen. Doch das Branchentr­effen findet nun nicht im EdwinSchar­ff-Haus, sondern bloß online statt. Niederleit­hinger hat auch eine beruhigend­e Botschaft parat: „So lange wir nicht kommen, ist bei der Brücke im Grunde alles gut.“

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FOTO: ALEXANDER KAYA Wird die Gänstorbrü­cke kontrollie­rt zerstört?

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