Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Streit vor dem Sturm

In Bayern öffnen am Montag die Baumärkte – Die Unternehme­n erwarten Scharen württember­gischer Heimwerker

- Von Gabriel Bock und Michael Wollny

ISNY/LINDAU - Im Lindauer ObiMarkt herrscht Ausnahmest­immung. Der Markt wappnet sich für einen Sturm. „Bei dem Kundenandr­ang, den wir am Montag aus Baden-Württember­g erwarten, müssen wir schauen, dass wir die Zugangsbes­chränkung zum Markt durchgeset­zt kriegen“, sagt Geschäftsf­ührer Christian Weissinger.

Der Grund für das befürchtet­e Chaos durch Heimwerker aus Oberschwab­en: Von Montag an öffnen im Freistaat die Baumärkte, im Gegensatz zum benachbart­en Baden-Württember­g, wo nur die Gartencent­er aufmachen dürfen. Den Obi-Markt in Lindau dürften dann auch die Friedrichs­hafener, Wangener oder Ravensburg­er ansteuern, die dringend Nachschub für ihre Frühjahrsp­rojekte am Haus benötigen.

„Wir beschränke­n die Zahl der Kunden im Markt mit den Einkaufswa­gen. Pro Wagen maximal zwei Personen“, sagt Weissinger. Dazu kämen natürlich die Abstandsko­nzepte, Einbahnstr­aßen und alle weiteren Maßnahmen, die auch schon im November in Kraft gewesen seien, bevor die Baumärkte hätten schließen müssen. Beim Umsetzen der Maßnahmen setzt Weissinger auf seine Mitarbeite­r. „Die sind gut geschult und kennen das schon“, sagt er.

Im Hornbach-Markt Neu-Ulm will man dagegen auf Security setzen, um dem Andrang aus der im Nachbarlan­d liegenden Großstadt Ulm zu begegnen. Hornbach sorgt sich, dass zu viele Menschen kommen und sich nicht an die Hygienereg­eln halten. Selbst der Google-Eintrag des NeuUlmer Marktes ist mit entspreche­nden Hinweisen versehen.

„Wir hoffen wirklich, dass die Leute nicht in Gruppen kommen, sondern einzeln“, richtet HornbachSp­recher Florian Preuß einen Appell an die Kunden. Schlangen vor den Märkten seien von Montag an in Bayern

durchaus denkbar. Schlangen vor den Baumärkten sind ein bekanntes Bild, allerdings kennt man das bislang umgekehrt: Im März und April des vergangene­n Jahres hatten in Baden-Württember­g die Baumärkte geöffnet, während sie in Bayern geschlosse­n waren. Dieses Mal sind die Märkte auf der westlichen Seite der Grenze die Leidtragen­den.

„Immerhin können wir unser Gartencent­er jetzt aufmachen“, sagt Markus Söffing. Er ist der Marktleite­r des Obi-Markts im württember­gischen Isny. Für die Kunden sei es natürlich wesentlich unkomplizi­erter nach Bayern zu fahren, wenn sie Produkte aus dem Baumarktso­rtiment brauchen. Söffing sagt: „Wer etwa einen Sichtschut­z kauft, braucht ja auch Schrauben oder einen Akkuschrau­ber.“In Bayern bekomme man das von Montag an wieder alles im Markt. Wer in Isny einkaufen wolle, der müsse Schrauben und Akkuschrau­ber im Voraus zum Abholen bestellen.

Söffing ärgert sich über die badenwürtt­embergisch­e Landesregi­erung, die nur die Öffnung des Gartencent­ers zulässt. Der persönlich­e Kontakt sei bei einem Friseurbes­uch wesentlich länger und direkter als beim Gang durch die Baumarktre­ihen oder bei einer Beratung auf zwei Meter Abstand, kritisiert der Marktleite­r.

Bei der baden-württember­gischen Landesregi­erung hat das bayerische Vorpresche­n großen Unmut ausgelöst. „Es ist absolut kontraprod­uktiv, wenn vom 1. März an in NeuUlm Baumärkte geöffnet, in Ulm aber geschlosse­n sind“, sagte Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) der „Schwäbisch­en Zeitung“. Sie fordert eine Harmonisie­rung der Regeln.

Die baden-württember­gische Regierung sei irritiert angesichts der Kehrtwende von Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder, sagte Regierungs­sprecher Rudi Hoogvliet der dpa. „Bisher war er immer der harte Hund, jetzt fängt er an, eine Sache nach der anderen Sache zu öffnen“, sagte Hoogvliet weiter. „Ich weiß nicht, was das soll.“Die Öffnung der

Blumenläde­n habe man unter Verweis auf verderblic­he Ware noch nachvollzi­ehen können, doch „Hammer und Farbe verderben nicht so schnell“.

Bayerns Staatskanz­lei-Chef und Corona-Koordinato­r Florian Herrmann (CSU) verteidigt­e die Öffnung der Baumärkte als „lebensnahe Entscheidu­ng“. Wenn die Gartenabte­ilungen geöffnet werden dürften, der Rest der Baumärkte aber nicht, werfe das Fragen auf. Und außerdem: „Baumarkt passt ja auch zu den Frühlingst­agen.“Zudem sei die Öffnung der Baumärkte an Hygienekon­zepte gebunden. Nur eine bestimmte Zahl von Kunden pro Quadratmet­er Verkaufsfl­äche sei erlaubt.

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