Schwäbische Zeitung (Laupheim)
AfD mit deutlichen Verlusten
Nicht länger drittstärkste Kraft im Land – Gögel sieht Grund in Corona-Krise
STUTTGART/RAVENSBURG - Für die AfD war es kein guter Wahlabend. Sie erreichte laut Hochrechnungen nur 9,8 Prozent, ein Minus von mehr als fünf Prozent im Vergleich zu 2016. Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen führte die Verluste vor allem auf den Konflikt seiner Partei mit dem Verfassungsschutz zurück. Ähnlich äußerte sich die AfD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel, die den Wahlkreis Bodensee im Berliner Parlament vertritt.
Die AfD zieht damit zum zweiten Mal nach 2016 in das Landesparlament in Stuttgart ein. Hier erzielten sie damals das beste Wahlergebnis in einem westdeutschen Flächenland mit 15 Prozent. Mit zunächst 23 Abgeordneten stellten sie bei ihrer Wahlpremiere sofort die größte Oppositionsfraktion. Unter Führung von AfD-Bundeschef Jörg Meuthen spaltete sich die Fraktion jedoch im Streit um den Umgang mit dem Singener Abgeordneten Wolfgang Gedeon, der mit antisemitischen Publikationen auffiel. Der Streit schlug bundesweit Wellen, die damalige Parteichefin Frauke Petry reiste nach Stuttgart, um zu schlichten – und geriet in Streit mit Meuthen. Dieser hat die Fraktion mittlerweile in Richtung EU-Parlament verlassen.
Der amtierende Fraktionschef Gögel zog für seine Partei auch als Spitzenkandidat in den Landtagswahlkampf. Er gilt als Anhänger jener AfD-Strömung, die die Partei grundsätzlich koalitionsfähig mit der CDU machen will. Das hatte er kurz vor den Wahlen auch noch einmal bei einer Runde im SWR betont. „Am meisten Schnittmengen gibt es mit der CDU“, so Gögel, fügte aber selbstkritisch hinzu, noch sei man nicht regierungsfähig. Gögel selbst hatte sich etwa auf einem Parteitag in Heidenheim klar von rechtsnationalen Strömungen abgegrenzt, was ihm viel Widerspruch aus den eigenen Reihen einbrachte.
Auch er konnte jedoch nicht verhindern, dass Teile der AfD, darunter auch die Abgeordneten Christina Baum aus dem Main-Tauber-Kreis, im Verfassungsschutzbericht 2019 auftauchen – wegen demokratiefeindlicher Bestrebungen. Baum wird dem mittlerweile offiziell aufgelösten „Flügel“zugerechnet, einer Gruppierung innerhalb der AfD, die auf Initiative des Thüringer AfDChefs Björn Höcke gegründet wurde. Aus Sicht der AfD sind die Einschätzungen des Verfassungsschutzes rein politisch motiviert.
Gögel sagte am Wahlabend, man müsse mit dem Ergebnis zufrieden sein. Er machte unter anderem den Wahlkampf unter Corona-Bedingungen mitverantwortlich. Besonders für Oppositionsparteien sei es ohne Straßen- und Haustürwahlkampf schwierig, auf ihre Inhalte aufmerksam zu machen. „Da versammeln sich die Wähler doch eher hinter den Agierenden und hinter den Regierenden“, sagte Gögel am Sonntagabend. „Von daher war ein Verlust einzukalkulieren und zu erwarten.“
Doch es habe durchaus auch eigene Fehler gegeben. „Die werden wir jetzt intern analysieren“, so der AfDSpitzenkandidat. Mitte 2020 hatte Gögel noch die 20-Prozent-Marke als Ziel ausgegeben, nun verliert seine Fraktion den Status als drittstärkste Kraft im Parlament.