Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Schüler testen sich in Laupheim selbst
Mit zwei unterschiedlichen Test-Modellen wollen die weiterführenden Schulen für mehr Sicherheit sorgen
LAUPHEIM - Drei Tropfen auf die Testplatte genügen. Dann heißt es warten. Nach 15 Minuten steht das Ergebnis fest. Dann wissen die Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse der Friedrich-UhlmannSchule (FUS), ob sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben oder nicht. Doch was tun, während des Wartens? „Wir könnten ein Lied singen“, schlägt ein Schüler vor. „Wegen Corona dürfen wir in der Schule gerade leider nicht singen“, muss Schulleiter Andreas Trögele den Vorschlag abwehren.
Er zeigt den Neuntklässlern an diesem Dienstagmorgen, wie sie selbst den Schnelltest machen können. Sich mehrmals tief räuspern oder husten, in eine Papiertüte spucken, mit einer Pipette die Spucke in ein Fläschchen mit Flüssigkeit geben, gut schütteln und auf die Testplatte tropfen. Der sogenannte Spucktest sei momentan für die Schüler die beste Lösung, sagt der Schulleiter – besser als die Methode mit den langen Stäbchen.
„Ich fühle mich wie im Krankenhaus“, ruft eine Schülerin. Zustimmung und verhaltenes Lachen aus der Klasse. Einer ihrer Mitschüler meint: „Ich fühle mich wie im Krieg.“Alle halten Abstand, sitzen an einzelnen Tischen, tragen Masken. Das wird sich auch nach der Testung nicht ändern. Denn das Hygienekonzept besteht weiter. Aber: „Ich glaube, dass diejenigen, die sich Sorgen machen, durch die Tests ein gewisses Maß an Sicherheit empfinden“, meint er.
Die Stadt Laupheim ist bei den Tests in Vorleistung gegangen. Zuerst einmal soll die Zeit bis Ostern überbrückt werden – bis das Land Baden-Württemberg Tests stellt. Es sei besser, präventiv zu handeln, erklärt Sarah Rieder von der Pressestelle der Stadt. Deshalb habe sich die Stadt für die Tests zum Schulstart für die fünften und sechsten Klassen stark gemacht.
Ungefähr zehn Euro kostet ein Test. „Das ist ein Haufen Geld“, sagt
Schulleiter Trögele. Allein an der FUS sind momentan knapp 100 Schülerinnen und Schüler in Präsenz. Sie alle bekommen von der Stadt einen Test pro Woche gestellt – wenn sie und ihre Eltern das wollen. Alle Kinder müssen vorher eine unterschriebene Einverständniserklärung abgeben. So kommt es, dass nur sieben der 19 Schüler der neunten Klasse an diesem Morgen den Selbsttest machen. Von den anderen fehlt noch die Einverständniserklärung der Eltern. „Die meisten haben sie verschlampt“, ist sich Trögele sicher. „Die kommen noch.“Fünf Eltern konnte er zudem durch die Erklärung der Sinnhaftigkeit der Tests davon überzeugen, dass ihre Kinder sich testen lassen dürfen.
Der Schulleiter plädiert dafür, die Tests auch nach den Osterferien weiterzuführen. Auch wenn die Lehrerinnen und Lehrer bereits genug Stress mit Homeschooling, Präsenzunterricht und gesplitteten Klassen hätten. Sie sollen in Zukunft die Tests selbstständig in ihren Klassen anleiten. „Wir tun alles, wenn es nur hilft.“Er erkenne zunehmend, dass die Kinder zu Hause vereinsamen würden. Dass sie sich mittlerweile auf Vokabeltests freuten, weil sie dann wieder in die Schule dürfen, sei vor der Pandemie undenkbar gewesen. Wenn die Tests dazu führen würden, dass bei einem positiven Fall weniger Schüler in Quarantäne müssten, sei das ein guter Weg, glaubt er.
Die FUS stellt an den weiterführenden Schulen in Laupheim einen Sonderfall dar. Denn nur hier testen sich die Schülerinnen und Schüler im Gebäude selbst. Schulleiter Trögele glaubt nicht, dass die Testungen zu Hause funktionieren. Nicht, dass seine Schüler das nicht hinkriegen würden. Seine Befürchtung ist eher, dass die Tests dann im Müll landen.
Im Gegensatz dazu testen die Schüler sich an den anderen Schulen zu Hause. Deshalb sind Einsatzkräfte der Feuerwehr momentan an den Schulen unterwegs, um den Kindern die Handhabung der Tests zu erklären. Am Carl-Laemmle-Gymnasium (CLG) schilderte am Dienstagmorgen Feuerwehrkommandant Andreas Bochtler den Fünft- und Sechstklässlern die Funktionsweise. Die Abschlussschüler können die Tests ohne Einführung mitnehmen.
Die Tests würden auch vor Einsätzen von den Feuerwehrleuten verwendet – am vergangenen Wochenende benutzten ihn auch die Wahlhelfer. „Wir hatten schon eine ausreichende Menge da“, sagt Bochtler. Mit den Spucktests versuche die Stadt nun schnellstmöglich auf die Schulöffnung zu reagieren. Bochtler räumt jedoch ein: „Für Kinder waren die nie gedacht.“Trotzdem ist er sich sicher, dass die Tests zu Hause funktionieren. Gegen das Verfahren an der FUS habe er nichts einzuwenden – im Gegenteil: „Ich finde gut, wie Herr Trögele das macht.“
Der Grund für die Testungen ist der gleiche: „Ziel ist es, die Schulen offen zu halten, damit die Kinder kommen können“, sagt Bochtler. Ohne die Tests wäre die Wahrscheinlichkeit von Ansteckungen viel höher. Denn die Kinder wüssten meist nicht, dass sie das Virus haben. Mit den Tests könnten sie das jedoch erkennen und die Schulen sowie das Gesundheitsamt reagieren.
An der FUS haben die Schüler der neunten Klasse am Dienstagmorgen nun 15 Minuten auf ihr Ergebnis gewartet. Bei allen fällt der Corona-Test negativ aus. Was geschehen würde, wenn er positiv getestet wird, will ein Schüler wissen. „Dann müssen dich deine Eltern abholen und ihr geht zum Hausarzt, um noch einen Test zu machen“, erklärt ihm Trögele. Dann entscheide das Gesundheitsamt, wie es weitergeht.
Und es gibt zwei weitere Fragen: „Dürfen wir den benutzten Test mit nach Hause nehmen?“Das sei schon ein bisschen eklig, meint Trögele. Da sei schließlich Spucke drauf. Und: „Darf ich ein Foto davon machen?“„Natürlich“. Bevor sie gehen, kriegen die Schüler von Trögele noch eine Aufgabe: „Ihr könnt eure Mitschüler überzeugen, dass es cool war, sich testen zu lassen.“