Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Zoll geht gegen Schwarzarbeit vor
In Ulm kontrollieren Beamte eine Baustelle im Science Park II – Sie werden auch fündig
ULM - Schneeflocken tanzen über den Hof des Hauptzollamts in Ulm, wo sich 28 Zöllner und zwei Hunde versammelt haben. Es ist 7.30 Uhr am Dienstagmorgen und für die Einheit „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“(FKS) steht die Prüfung einer Baustelle an. Ihre Fahrzeuge stehen bereit. Nur drei davon sind durch die Aufschrift Zoll zu erkennen, den Großteil kann man nur an ihrem Behördenkennzeichen von zivilen Autos unterscheiden.
Einsatzleiter Fabio Pix gibt das Signal zum Aufbruch und die Kolonne macht sich auf den Weg. Ihr Ziel: Der Science Park II im Nordwesten von Ulm. Dort baut die Ulmer Wohnungsund Siedlungsgesellschaft (UWS) ein neues Bürogebäude mit 7500 Quadratmetern Bürofläche. Der Rohbau wurde bereits abgeschlossen und die Fenster eingesetzt. Derzeit wird hauptsächlich an den Innenräumen gearbeitet. Die 35 Arbeiter auf der Baustelle ahnen nicht, dass der Zoll heute kommt.
Die Kontrollen werden nicht angekündigt. Die Ahnung, dass der Zoll kommen könnte, liegt allerdings immer in der Luft. „In den meisten Fällen werden Bauvorhaben dieser Größe mindestens ein Mal von uns kontrolliert“, erzählt nämlich Hagen Kohlmann, der Pressesprecher des Hauptzollamts in Ulm.
Im Science Park II angekommen eilen die Zöllner aus den Wagen. Ein Teil der Beamten sichert die Baustelle wegen Fluchtgefahr von Beschäftigten, die etwas zu verbergen haben. „Eine Vorsichtsmaßnahme“, erklärt Pix, der die Finanzkontrolle Schwarzarbeit leitet. „Es kommt nur sehr selten vor, dass jemand flieht.“Der Rest der Truppe betritt die Baustelle und macht sich auf die Suche nach dem Bauleiter. Hier gibt es bereits das erste Problem: Der verantwortliche Architekt ist noch nicht vor Ort.
Während die Einsatzleitung wartet, bereitet eine Gruppe Zöllner den bürokratischen Teil der Kontrollen vor. Tische werden aufgebaut und Laptops hochgefahren. Eine andere Gruppe Beamter sucht derweil die Stockwerke ab und schickt die Bauarbeiter ins Erdgeschoss.
Die Baustelle werde an diesem Dienstag zum ersten Mal kontrolliert, doch man rechne nicht mit illegalen Vorgängen. Möglicherweise liegt es daran, dass hier eine städtische Baugesellschaft baut. „Selbst, wenn keine Schwarzarbeiter ermittelt werden, helfen regelmäßige Kontrollen bei der Prävention“, sagt Kohlmann. „Sie vermittelt den Bürgern und den Bauunternehmern, dass gegen illegale Beschäftigung vorgegangen wird.“
Auf der Baustelle arbeiten derzeit sechs deutsche Firmen, das haben die Beamten bereits im Voraus ermittelt.
Denn vor jedem Einsatz werden Geschäftsunterlagen des Bauvorhabens eingesehen. „Der Großteil unserer Arbeit findet am Schreibtisch statt“, sagt Pix. „Wir verbringen nur zehn bis 20 Prozent unserer Arbeitszeit bei Kontrollen.“Seiner Erfahrung nach gäbe es kaum Probleme mit örtlichen Firmen, meist müsse man nur bei einigen osteuropäischen Subunternehmern genauer prüfen. Denn diese vermittelten auch ausländische Arbeiter, ohne sie korrekt anzumelden.
Inzwischen haben sich alle Bauarbeiter im Erdgeschoss eingefunden. Ihre Ausweise wurden eingesammelt und die Zoll-Teams beginnen mit der Arbeit. Zuerst wird geprüft, ob die Dokumente vollständig und echt sind, dann füllen die Arbeiter zusammen mit den Zöllnern einen Erfassungsbogen aus, in dem sie Angaben zu ihrem Arbeitgeber, ihrer Arbeitszeit
und ihrem Lohn machen. Diese werden dann mit den Daten des Arbeitgebers verglichen. „Meist sind die Daten nicht 100 Prozent korrekt“, erklärt Pix. „Aber das ist erst mal nicht ungewöhnlich. Aufmerksam werden die Kollegen, wenn alle Arbeiter exakt dasselbe sagen oder die einzelnen Aussagen weit auseinander liegen.“
Da gerade in der Baubranche viele Beschäftigte aus dem Ausland kommen, kommt es manchmal zu Kommunikationsschwierigkeiten. „Zum Glück gibt es unter den Kollegen einige, die Fremdsprachen sprechen“, sagt Pix. „Außerdem können uns oft auch die anderen Bauarbeiter beim Übersetzen helfen.“Zur Not kann der Zoll auch externe Dolmetscher anfordern.
Viele Bauarbeiter seien die Zollkontrollen bereits gewöhnt. „Wer schon länger in Deutschland arbeitete, weiß was ihn erwartet“, erzählt Kohlmann. Zu Konflikten käme es äußerst selten. „Wir schauen, dass wir alles so schnell und effizient wie möglich erledigen, damit die Arbeiter nicht allzu lange abgehalten werden.“Die, bei denen keine Auffälligkeiten festgestellt wurden, bekommen ein grünes Armband und dürfen weiter arbeiten.
Bei einem Beschäftigten stellen die Zöller dann doch fest, dass etwas nicht stimmt: Die Aufenthaltserlaubnis fehlt. Deshalb muss der Mann aus Serbien die Beamten zurück zum Zollamt begleiten, wo er vernommen wird. Seine Dokumente und eine Sicherheitsleistung wurden beschlagnahmt. Dabei handelt es sich um Geld oder Wertsachen, die absichern sollen, dass die Person nicht das Land verlässt. Wenn der Mann doch noch ein gültiges Papier vorlegen kann, erhält er die Sicherheitsleistung zurück. Ansonsten wird das mit der drohenden Geldstrafe verrechnet. Ermittlungen gegen ihn und seinen Arbeitgeber werden nun eingeleitet.