Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Brunner wirft die Brocken hin
Bayern-SPD hat Landesliste zur Bundestagswahl beschlossen – Wer darauf fehlt, ist der Neu-Ulmer Abgeordnete
NEU-ULM - Karl-Heinz Brunner wusste zwar, dass er auf der Landesliste der Bayern-SPD zur Bundestagswahl wohl keinen besonders guten Platz bekommen würde. Doch noch Anfang des Monats hatte sich der NeuUlmer Bundestagsabgeordnete optimistisch gezeigt, zumindest unter den ersten 15 zu landen. Jetzt steht er überhaupt nicht auf der Liste. Was ist passiert?
Vor dem Treffen der SPD-Bezirke mit dem Landesvorstand am Freitagabend, bei dem die Liste sozusagen festgezurrt wurde, zeichnete sich ab, dass Karl-Heinz Brunner auf einem Platz „unter ferner liefen“landen würde. Denn selbst die schwäbische Spitzenkandidatin Ulrike Bahr kam nur auf Platz 16. Brunner geht deshalb davon aus, dass er höchstens mit einem Platz zwischen 25 und 35 hätte rechnen können.
Offiziell gesagt hat ihm das im Vorfeld niemand: „Keine Menschenseele hielt es für nötig, mich persönlich zu informieren“, sagte Brunner. Der Illertisser zog für sich die Konsequenz, dass er überhaupt nicht mehr für einen Platz auf der Landesliste zur Verfügung steht. „Ich bin kein Lückenbüßer“,
sagte Brunner. „Nur als Placebo gehe ich nicht auf die Liste.“
Am Freitagnachmittag teilte er der Bayern-SPD seinen Entschluss in einem Brief mit. Darin drückt er seine Enttäuschung darüber aus, dass bis dahin kein Gespräch des Landesvorstands mit ihm stattgefunden habe. „Meinem Verständnis der Grundsätze, die mich 1982 bewogen haben, der SPD beizutreten und Jahrzehnte für dieses Land und die Partei zu arbeiten, entspricht es jedenfalls nicht, eventuell morgen früh anhand des Stimmzettels zu erfahren, welchen Listenplatz der Landesvorstand für mich als Abgeordneten des Wahlkreises 255, der bisher das gesamte Allgäu betreute, vorsieht“, schreibt Brunner. Adressiert ist das Schreiben an Landeschefin Natascha Kohnen, Generalsekretär Uli Grötsch, Landesgeschäftsführer Olaf Schregelmann und die schwäbische Bezirksvorsitzende Ulrike Bahr.
Doch nicht einmal auf diesen Brief habe er eine Antwort bekommen, sagte Brunner. „Ich halte das für schlechten Stil, aber ich trete nicht nach. Das müssen die mit sich ausmachen.“Warum er ausgebootet wurde, kann Brunner nicht sagen, da ja niemand mit ihm gesprochen habe. Hält man ihn für zu alt? Oder für zu konservativ?
„Das sind alles Mutmaßungen“, sagte Brunner, der am Sonntag seinen 68. Geburtstag feierte. „Ich bin ja nicht allein. Den Florian Post aus München Nord und die Bela Bach aus München Land haben sie auch rausgekegelt.“
Nach der Enttäuschung über die Landesliste will Brunner nicht klein beigeben, sondern sagt sich: „Jetzt erst recht. Ich werde einen ordentlichen Wahlkampf als Direktkandidat führen.“Das sei er seinen Wählerinnen und Wählern schuldig. Dies hätten er und der Vorstand seines Bundeswahlkreises
gemeinsam beschlossen. In seinem Brief an die bayerische SPDSpitze schreibt der 68-Jährige: „Gerne hätten wir dies, gerade in der augenblicklichen Situation und Schwäche der CSU im Wahlkreis 255, mit Unterstützung der SPD getan.“Das sei wohl, auch auf schwäbischer Ebene, nicht gewünscht. „So müssen wir dies halt allein schaffen.“
Da der in der Masken-Affäre unter Korruptionsverdacht geratene Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein im Herbst nicht mehr antritt und außerdem der CSU den Rücken gekehrt hat, sind die Christsozialen gerade auf der Suche nach einem Kandidaten. Ob dies für ihn ein Vor- oder Nachteil ist, könne er nicht beurteilen, sagte Brunner.
Denn er wisse ja noch nicht, wer für die CSU antrete. „Ich nehme auf jeden Fall die Herausforderung an.“Der frühere Illertisser Bürgermeister sitzt seit acht Jahren im Bundestag. Bei der Wahl 2017 holte er 14,65 Prozent der Erststimmen und zog auf Platz 15 über die Landesliste der SPD wieder in das Parlament ein. Bei der Bundeswahlkreiskonferenz Anfang Februar wurde Brunner mit 93 Prozent der Stimmen zum Direktkandidaten der SPD für die Bundestagswahl bestimmt.