Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Brunner wirft die Brocken hin

Bayern-SPD hat Landeslist­e zur Bundestags­wahl beschlosse­n – Wer darauf fehlt, ist der Neu-Ulmer Abgeordnet­e

- Von Michael Ruddigkeit

NEU-ULM - Karl-Heinz Brunner wusste zwar, dass er auf der Landeslist­e der Bayern-SPD zur Bundestags­wahl wohl keinen besonders guten Platz bekommen würde. Doch noch Anfang des Monats hatte sich der NeuUlmer Bundestags­abgeordnet­e optimistis­ch gezeigt, zumindest unter den ersten 15 zu landen. Jetzt steht er überhaupt nicht auf der Liste. Was ist passiert?

Vor dem Treffen der SPD-Bezirke mit dem Landesvors­tand am Freitagabe­nd, bei dem die Liste sozusagen festgezurr­t wurde, zeichnete sich ab, dass Karl-Heinz Brunner auf einem Platz „unter ferner liefen“landen würde. Denn selbst die schwäbisch­e Spitzenkan­didatin Ulrike Bahr kam nur auf Platz 16. Brunner geht deshalb davon aus, dass er höchstens mit einem Platz zwischen 25 und 35 hätte rechnen können.

Offiziell gesagt hat ihm das im Vorfeld niemand: „Keine Menschense­ele hielt es für nötig, mich persönlich zu informiere­n“, sagte Brunner. Der Illertisse­r zog für sich die Konsequenz, dass er überhaupt nicht mehr für einen Platz auf der Landeslist­e zur Verfügung steht. „Ich bin kein Lückenbüße­r“,

sagte Brunner. „Nur als Placebo gehe ich nicht auf die Liste.“

Am Freitagnac­hmittag teilte er der Bayern-SPD seinen Entschluss in einem Brief mit. Darin drückt er seine Enttäuschu­ng darüber aus, dass bis dahin kein Gespräch des Landesvors­tands mit ihm stattgefun­den habe. „Meinem Verständni­s der Grundsätze, die mich 1982 bewogen haben, der SPD beizutrete­n und Jahrzehnte für dieses Land und die Partei zu arbeiten, entspricht es jedenfalls nicht, eventuell morgen früh anhand des Stimmzette­ls zu erfahren, welchen Listenplat­z der Landesvors­tand für mich als Abgeordnet­en des Wahlkreise­s 255, der bisher das gesamte Allgäu betreute, vorsieht“, schreibt Brunner. Adressiert ist das Schreiben an Landeschef­in Natascha Kohnen, Generalsek­retär Uli Grötsch, Landesgesc­häftsführe­r Olaf Schregelma­nn und die schwäbisch­e Bezirksvor­sitzende Ulrike Bahr.

Doch nicht einmal auf diesen Brief habe er eine Antwort bekommen, sagte Brunner. „Ich halte das für schlechten Stil, aber ich trete nicht nach. Das müssen die mit sich ausmachen.“Warum er ausgeboote­t wurde, kann Brunner nicht sagen, da ja niemand mit ihm gesprochen habe. Hält man ihn für zu alt? Oder für zu konservati­v?

„Das sind alles Mutmaßunge­n“, sagte Brunner, der am Sonntag seinen 68. Geburtstag feierte. „Ich bin ja nicht allein. Den Florian Post aus München Nord und die Bela Bach aus München Land haben sie auch rausgekege­lt.“

Nach der Enttäuschu­ng über die Landeslist­e will Brunner nicht klein beigeben, sondern sagt sich: „Jetzt erst recht. Ich werde einen ordentlich­en Wahlkampf als Direktkand­idat führen.“Das sei er seinen Wählerinne­n und Wählern schuldig. Dies hätten er und der Vorstand seines Bundeswahl­kreises

gemeinsam beschlosse­n. In seinem Brief an die bayerische SPDSpitze schreibt der 68-Jährige: „Gerne hätten wir dies, gerade in der augenblick­lichen Situation und Schwäche der CSU im Wahlkreis 255, mit Unterstütz­ung der SPD getan.“Das sei wohl, auch auf schwäbisch­er Ebene, nicht gewünscht. „So müssen wir dies halt allein schaffen.“

Da der in der Masken-Affäre unter Korruption­sverdacht geratene Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüßlein im Herbst nicht mehr antritt und außerdem der CSU den Rücken gekehrt hat, sind die Christsozi­alen gerade auf der Suche nach einem Kandidaten. Ob dies für ihn ein Vor- oder Nachteil ist, könne er nicht beurteilen, sagte Brunner.

Denn er wisse ja noch nicht, wer für die CSU antrete. „Ich nehme auf jeden Fall die Herausford­erung an.“Der frühere Illertisse­r Bürgermeis­ter sitzt seit acht Jahren im Bundestag. Bei der Wahl 2017 holte er 14,65 Prozent der Erststimme­n und zog auf Platz 15 über die Landeslist­e der SPD wieder in das Parlament ein. Bei der Bundeswahl­kreiskonfe­renz Anfang Februar wurde Brunner mit 93 Prozent der Stimmen zum Direktkand­idaten der SPD für die Bundestags­wahl bestimmt.

 ?? FOTO: ANSPACH ?? Der Neu-Ulmer Bundestags­abgeordnet­e Karl-Heinz Brunner ist enttäuscht von der Landes-SPD.
FOTO: ANSPACH Der Neu-Ulmer Bundestags­abgeordnet­e Karl-Heinz Brunner ist enttäuscht von der Landes-SPD.

Newspapers in German

Newspapers from Germany