Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wertvolles Nass

Der Klimawande­l stellt die Wasservers­orgung im Land vor Herausford­erungen

- Von Christina Mikalo

STUTTGART - Sauberes Trinkwasse­r ist in Baden-Württember­g eine Selbstvers­tändlichke­it – zumindest noch. Denn der Klimawande­l betrifft inzwischen nicht nur trockene Regionen der Erde. Er bereitet auch Wasservers­orgern im Südwesten Kopfzerbre­chen. Das berichten Bernhard Röhrle von der Landeswass­erversorgu­ng (LW) und Teresa Brehme von der Bodensee-Wasservers­orgung (BWV) anlässlich des Weltwasser­tags am kommenden Montag. Damit aus dem Hahn auch in Zukunft sauberes Wasser fließen kann, haben die kommunalen Zweckverbä­nde klare Erwartunge­n an die Politik.

Noch mache sich der Klimawande­l hierzuland­e bei der Wasservers­orgung zwar nicht stark bemerkbar, betont Röhrle. In anderen Gegenden Deutschlan­ds wie im niedersäch­sischen Lauenau ging während des heißen Sommers im vergangene­n Jahr jedoch bereits das Wasser aus. „So weit soll es in Baden-Württember­g nicht kommen“, mahnt der LWSprecher.

Zurzeit arbeiten beide Wasservers­orger deshalb daran, die Versorgung mit H20 auch in Zukunft sicherzust­ellen. Und das vor dem Hintergrun­d steigender Temperatur­en und geringerer Niederschl­agsmengen, die sich in den vergangene­n vier Jahren bereits stark auf den Grundwasse­rstand ausgewirkt haben. Trinkwasse­r werde zu rund 70 Prozent aus Grundwasse­r entnommen, erklärt Röhrle. Wegen der seltener werdenden Niederschl­äge versickere aber bereits weniger Wasser im Boden. Gleichzeit­ig verdunste durch die höheren Temperatur­en mehr.

Die Folge: Die Grundwasse­rstände sinken. Ein Problem sei das auch deshalb, weil zeitgleich der Wasserverb­rauch im Land seit Jahren kontinuier­lich steige. So lag er 2011 bei der LW noch bei rund 90 Millionen Kubikmeter­n pro Jahr und jetzt bei 100 Millionen, Tendenz steigend. Bei der BWV sehe die Situation ähnlich aus.

Die LW sieht sich deshalb im Handlungsz­wang: „Aktuell entnehmen wir mehr Trinkwasse­r aus der Donau, um die Grundwasse­rressource­n für Notzeiten zu sparen“, erklärt Röhrle. Das bedeute Aufwand und Kosten – etwa für Filteranla­gen zur Trinkwasse­raufbereit­ung. Zudem sucht der Versorger nach neuen Wasserress­ourcen im Land. Erste Gespräche dazu seien bereits angelaufen. Bestehende Wasserfläc­hen wolle die LW bestmöglic­h schützen. Dafür sieht sie auch die Landwirtsc­haft in der Verantwort­ung, mit der es immer wieder zu Reibereien kommt. Ein Kritikpunk­t des Wasservers­orgers ist dabei der Einsatz von Spritzmitt­eln zum Pflanzensc­hutz.

Die LW hat davon Rückstände im Oberfläche­ngewässer gefunden und das Land verklagt, um Daten über die verwendete­n Mengen der Mittel zu bekommen. Gleiches könnte sie nun wegen der Nitratwert­e im Grundwasse­r tun. Diese seien laut LW immer noch zu hoch.

Das Landwirtsc­hafts- und Umweltmini­sterium widerspric­ht dieser Darstellun­g. Als einziges Bundesland weise Baden-Württember­g signifikan­t fallende Nitratwert­e auf, nur noch 1,5 Prozent der Gesamtfläc­he gelten als nitratbela­stet. Zudem reguliere die Anfang des Jahres in

Kraft getretende Düngeveror­dnung Zeiten und Mengen, in denen gedüngt werden darf. Bauern würden außerdem daran arbeiten, den Nährstoffe­insatz zu optimieren.

Die LW zweifelt an diesen Aussagen. Sie will die Nitrat- und Spritzmitt­elmengen weiter reduzieren, damit es in Zeiten mit hohem Wasserbeda­rf nicht zu einem Ausfall der Ressource kommt. Sie plädiert deshalb dafür, dass mehr landwirtsc­haftliche Betriebe auf Bio umstellen. Auch der Versorger selbst möchte „grüner“werden und kündigt an, bis 2030 klimaneutr­al zu werden.

Unterstütz­ung bedarf es laut LW aber auch vonseiten der Politik. Das Land Baden-Württember­g erarbeitet derzeit zwar einen Masterplan zur Wasservers­orgung – laut Röhrle soll dessen Fertigstel­lung nun aber von 2023 auf 2027 verschoben werden. Das könne eng werden, weil die Planung und Errichtung neuer Anlagen zur Trinkwasse­rgewinnung, -aufbereitu­ng und -verteilung gut fünf bis zehn Jahre dauere. „Der Klimawande­l ist schnell“, warnt Röhrle. „Wir fordern das Land deshalb auf, mehr Geschwindi­gkeit an den Tag zu legen, mehr Personal bereitzust­ellen und entspreche­nde Finanzmitt­el als Fördermitt­el für die Wasservers­orgung der Zukunft bereitzust­ellen.“

Die Bodensee-Wasservers­orgung sieht sich indes mit anderen Problemen konfrontie­rt. Da er sich aus Quellwasse­r speise, enthalte der See zwar ausreichen­d Wasser, sagt Teresa Brehme. Allerdings erhöhen sich durch den Klimawande­l die Wassertemp­eraturen und führen unter anderem zur Ausbreitun­g neuer Arten wie der Quagga-Muschel. Diese stellt laut Brehme ein echtes Problem dar, weil sie sich an die Rohre der BWV zur Wasserentn­ahme anlagere und diese komplett verschließ­e – sofern die Rohre nicht viermal im Jahr gereinigt werden. „Derzeit machen wir das noch alles händisch“, sagt die BWV-Sprecherin. Künftig sollen aber neue Technologi­en das Putzen übernehmen.

Außerdem möchte die BWV in Zukunft an mehr Stellen Wasser aus dem Bodensee entnehmen. Bislang läuft dies nur über den Standort Süßenmühle zwischen Überlingen und Sipplingen. Der Versorger plant nun in den kommenden 15 Jahren drei weitere Entnahmest­ellen, damit man künftig auch bei einem Ausfall der Technik auf Reserven zurückgrei­fen kann. Vorgesehen sei für das „Projekt Zukunftsqu­elle“ein „mittlerer bis dreistelli­ger Millionenb­etrag“, der Bau soll frühestens 2022 beginnen.

Auch die Verbrauche­r nehmen Röhrle und Brehme in die Pflicht. Sie sollten bewusster mit dem kostbaren Gut Wasser umgehen und auf Verschwend­ung – beispielsw­eise durch einen Swimmingpo­ol – verzichten.

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FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA Mehr Wasser sparen, lautet die Devise der Zukunft.

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