Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Maskenprob­lem für Spahn

Gesundheit­sminister setzte sich über Expertenra­t hinweg

- Von Michael Wollny und Agenturen

RAVENSBURG - An der vom Bund bezahlten Verteilung von FFP2-Masken für Menschen aus Corona-Risikogrup­pen im Winter wird erneut Kritik laut. Die FDP-Gesundheit­sexpertin Christine Aschenberg-Dugnus sprach am Donnerstag von einer „unnötigen Kostenexpl­osion“bei der Abgabe über Apotheken. Es sei unerklärli­ch, warum Minister Jens Spahn (CDU) nicht auf Warnungen gehört habe. Wie WDR, NDR und „Süddeutsch­e Zeitung“berichtete­n, hat ein Fachrefera­t vor „gravierend­en Finanzwirk­ungen“gewarnt.

Aus den internen Unterlagen, an die die Journalist­en mithilfe des Informatio­nsfreiheit­sgesetzes gelangt waren, geht hervor, dass sich Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn bei der Verteilakt­ion von FFP2-Masken in Apotheken über den Rat der Beamten des eigenen Fachrefera­ts hinwegsetz­te und die Maskenverg­abe persönlich ins Laufen brachte.

Dabei hatten seine Beamten im November Spahn gewarnt und erklärt, dass die meisten Anspruchsb­erechtigte­n „durchaus in der Lage sind, die Masken selber zu finanziere­n", wie Tagesschau.de zitiert.

Acht weitere Referate hätten diese Einschätzu­ng geteilt, was in den Unterlagen auch entspreche­nd dokumentie­rt sein soll. Spahn aber habe mit grünem Stift handschrif­tlich widersproc­hen und die Verteilakt­ion ausdrückli­ch angewiesen mit den Worten: „Nein, bitte um kurzfristi­ge Erarbeitun­g eines ÄA" [Änderungsa­ntrag, Anm. d. Red]. Das Wort „kurzfristi­g" sei von Spahn dabei zur

Betonung unterstric­hen worden. In der Bund-Länder-Runde am 16. November war dann beschlosse­n worden, je 15 FFP2-Masken pro Person an Menschen entspreche­nder Risikogrup­pen zur Verfügung zu stellen.

Das Gesundheit­sministeri­um erklärte am Donnerstag, die entspreche­nde Verordnung sei im Anschluss an Bund-Länder-Beratungen in der Bundesregi­erung abgestimmt worden. Die Preise für die Abgabe der Masken seien mit ausdrückli­cher Zustimmung des Finanzmini­steriums festgelegt worden. Grund für die Wahl der Apotheken sei gewesen, eine dezentrale Abgabe von mehreren Hundert Millionen Masken innerhalb von vier Monaten logistisch zu sichern. Damals hätten die Preise im Schnitt bei 4,29 Euro gelegen, der Markt sei sehr volatil gewesen.

Die Vergütung von sechs Euro je Maske sei auf eine vom Ministeriu­m in Auftrag gegebene Markterheb­ung zurückgega­ngen. Die Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t EY habe hierfür nur eine Sichtung des Marktes übernommen. Berücksich­tigt worden seien unter anderem Kosten für Beschaffun­g, Beratung von Kunden und teils nötige Umverpacku­ng.

Die Bundesvere­inigung Deutscher Apothekerv­erbände erklärte, die Vergütung sei keinesfall­s überhöht gewesen. Daraus seien nicht nur der Einkauf, sondern alle übrigen Kosten für Vorfinanzi­erung und Personal zu bestreiten. Da Kostenstru­kturen natürlich nicht überall gleich seien, könne es sein, dass die Vergütung für eine sehr günstig wirtschaft­ende Apotheke auskömmlic­her gewesen sei als für andere.

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