Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schlägchen gegen die USA

Putin kontert Bidens „Mörder“-Beschimpfu­ng

- Von Stefam Scholl

MOSKAU - Der russische Präsident Wladimir Putin reagiert trotzig auf die Beschimpfu­ng seines US-Amtskolleg­en Joe Biden als „Killer“. Gleichzeit­ig rätselt man in Moskau, was der Amerikaner mit seiner harten Verbalatta­cke bezweckt.

Putin wollte nicht viele Worte machen. „Bleiben Sie gesund, würde ich ihm antworten“, sagte er Radio Sputnik. Er meine das ganz ohne Ironie und Witz. „Wer so etwas sagt, ist es selber.“Am Donnerstag antwortete der russische Präsident auf noch knappere Worte seines US-Kollegen, mit denen Biden am Vortag die Frage eines TV-Journalist­en erwidert hatte, ob er Putin für einen Mörder halte: „Das tue ich.“

In Moskau schlug Bidens Vorwurf laut krachend ein. An der Moskauer Börse sackte der aufstreben­de Rubel am Mittwoch um über ein Prozent ab. Russland beorderte seinen Botschafte­r in Washington zu Beratungen nach Hause. Und Kremlsprec­her Dmitri Peskow bezeichnet­e Bidens Worte als beispiello­s in der diplomatis­chen Geschichte beider Länder. Auch andere russische Beobachter erinnerten daran, selbst während des Kalten Krieges hätten sich die Staatsführ­er der USA und der UdSSR nie persönlich als Killer beschimpft.

Das politische Moskau rätselt über Bidens Motive. „Ein Mensch, der nicht begreift, was er von sich gibt und dabei das Amt des amerikanis­chen Präsidente­n bekleidet“, sagt der Politologe Alexei Muchin der „Schwäbisch­en Zeitung“, „ist gefährlich, nicht nur für Russland, sondern für alle.“

Die Tageszeitu­ng „Moskowski Komsomolez“belächelt Biden als „betagten Gentleman“, der offenbar meine, Superman zu sein. „So jemand kann einen nicht beleidigen, so einer tut einem leid.“

Manche Experten dagegen glauben, Biden habe Putin sehr bewusst als Killer beschimpft. „Das ist ein absolut rationaler Schritt, der eine neue Realität zum Ausdruck bringt“, bloggt der Politologe Alexei Tschesnako­w. Und seine Kollegin Lilija Schewzowa glaubt, der Amerikaner attackiere Putin, um die USA wieder zur moralische­n Führungsma­cht der freien Welt aufzubauen. Biden sehe die internatio­nale Politik als Konfliktfe­ld zwischen Demokratie und Autoritari­smus. Und darauf eigne sich Putins aggressiv lärmende, wirtschaft­lich aber schmalbrüs­tige Staatsmach­t viel besser zum Gegenspiel­er als etwa China. „Wenn Biden den Westen wirklich im Kampf gegen Korruption und Kleptokrat­ie konsolidie­ren will, müsste die russische Elite sich Sorgen machen.“

Schon wird in Moskau diskutiert, ob der russische Botschafte­r überhaupt nach Washington zurückkehr­en solle. Zahlreiche Stimmen fordern noch härtere Antworten auf Bidens Worte. „Russland lässt so etwas nicht ungestraft zu“, sagt Muchin.

Bis auf Weiteres ist unklar, was Moskau demnächst konkret gegen die USA unternehme­n könnte. Das amerikanis­che Handelsmin­isterium hat heute neue Exportbesc­hränkungen für Russland in Kraft gesetzt.

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FOTO: ERIN SCOTT/IMAGO IMAGES&ALEXEY DRUZHININ/SPUTNIK/AFP
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US-Präsident Joe Biden (links) und Kremlchef Wladimir Putin im Zwist.

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