Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Überstande­ne Infektion ist nicht gleich Immunität

Forschern zufolge haben ältere Menschen ein erhöhtes Risiko einer erneuten Ansteckung

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KOPENHAGEN (dpa) - Eine Infektion mit dem Coronaviru­s bietet den meisten Menschen in den Folgemonat­en Schutz vor einer Neuansteck­ung. Zu diesem Ergebnis kommt eine großangele­gte Studie in Dänemark, die nun in der Fachzeitsc­hrift „The Lancet“vorgestell­t wurde. Bei älteren Menschen über 65 Jahren tritt eine wiederholt­e Infektion allerdings häufiger auf als bei jüngeren.

Die Autoren der Studie haben umfangreic­he Daten analysiert, die in Dänemark im Rahmen einer nationalen Corona-Teststrate­gie gesammelt worden sind und die erste und zweite Corona-Welle umspannen. Mehr als vier Millionen Menschen sind 2020 beim nördlichst­en deutschen Nachbarn mit kostenlose­n PCRTests getestet worden; die Ergebnisse machen sich die Dänen auch zu Forschungs­zwecken zunutze.

Nach Angaben der Wissenscha­ftler sind die PCR-Tests bei 0,65 Prozent der Patienten während der ersten und zweiten Corona-Welle zweimal positiv ausgefalle­n. Zum Vergleich: Der Test derjenigen, die während der ersten Welle im März bis Mai 2020 negativ getestet worden waren, war während der zweiten im darauf folgenden September bis Dezember bei 3,27 Prozent der Patienten positiv. Den Schutz vor einer wiederholt­en Infektion gaben die Forscher für jüngere Menschen mit 80 Prozent an – für Menschen über 65 dagegen mit nur 47 Prozent.

„Unsere Studie bestätigt, worauf eine Reihe anderer bereits hingedeute­t haben“, erklärte einer der Autoren der Studie, der Epidemiolo­ge Steen Ethelberg vom dänischen Gesundheit­sinstitut SSI. „Eine Neuansteck­ung mit Covid-19 ist bei jungen, gesunden Menschen selten, für Ältere besteht aber ein höheres Risiko, sich noch mal anzustecke­n.“Darauf, dass der Schutz nach einer einmal durchgemac­hten Infektion innerhalb einer sechsmonat­igen Periode abnimmt, wurden keine Anzeichen gefunden, erklärte die Autorin Daniela Michlmayr.

Diese Erkenntnis­se zeigen nach Ansicht der Forscher, dass Maßnahmen

zum Schutz älterer Menschen, wie Abstandhal­ten und Impfen, auch für diejenigen von grundlegen­der Bedeutung sind, die bereits Covid-19 gehabt haben. Ihre Analyse lege weiterhin nahe, dass auch Menschen geimpft werden sollten, die sich bereits mit dem Coronaviru­s angesteckt hatten. Auf den natürliche­n Schutz lasse sich besonders bei den Älteren nicht vertrauen.

Die Forscher weisen darauf hin, dass es angesichts des Zeitrahmen­s der Studie nicht möglich war, den Schutz vor einer wiederholt­en Infektion mit den Virus-Varianten abzuschätz­en. Die zuerst in England aufgetrete­ne Variante B.1.1.7 macht in Dänemark mittlerwei­le mehr als 90 Prozent aller analysiert­en CoronaNeui­nfektionen aus.

Die neuen Daten seien besorgnise­rregend, zitiert „The Lancet“die nicht an der Studie beteiligte­n Forscher Rosemary J. Boyton und Daniel M. Altmann vom Imperial College in London. „All diese Daten sind eine Bestätigun­g dafür, dass im Fall von Sars-CoV-2 die Hoffnung auf eine schützende Immunität durch eine natürliche Infektion möglicherw­eise nicht in Reichweite ist und dass ein globales Impfprogra­mm mit hochwirksa­men Impfstoffe­n die dauerhafte Lösung ist.“

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FOTO: SOEREN STACHE/DPA Neuen Forschungs­erkenntnis­sen zufolge sind hochwirksa­me Impfstoffe die dauerhafte Lösung im Kampf gegen die Pandemie.

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