Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Außergewöh­nlich außerirdis­ch

„Alf“-Stimme Tommi Piper wird 80 Jahre alt – Der Synchronsp­recher stand auch auf der Bühne und sang bei Amon Düül II

- Von Gunther Matejka

MÜNCHEN (dpa) - Es gibt Menschen, die altern einfach nicht. Zu dieser Spezies gehört Tommi Piper. Der kreative Allrounder und gebürtige Berliner feiert in seiner bayerische­n Wahlheimat Oberschlei­ßheim bei München an diesem Freitag seinen 80. Geburtstag. Fast unglaublic­h, denn seinen unbekümmer­ten Lausbuben-Charme hat der Schauspiel­er, Synchron-Sprechstar („Alf “) und Musiker längst nicht verloren.

„Okay, ich bin jetzt auf den letzten 100 Metern“, lässt er vergnügt verlauten, „es zwickt schon mal hier und da. Aber ich bin total dankbar, dass ich bisher ein Leben ohne größere Krankheite­n leben durfte.“Damit das auch weiterhin so bleibt, gehe er zweimal am Tag eine mehrere Kilometer große Runde mit seinem „Rennhund“. Vor allem aber sorge er dafür, dass der Spaß in seinem Leben nicht zu kurz kommt. Beispielsw­eise durch regelmäßig­es Segeln und tägliches Gitarre- und Banjo-Spielen.

Zeit dafür hat er genügend. Leider, muss er sagen. Denn eigentlich würde Tommi Piper immer noch gerne seiner berufliche­n Tätigkeit als Schauspiel­er oder Synchronsp­recher nachgehen. „Ich bin fit“, sagt er, „körperlich und geistig.“Doch Aufträge seien derzeit Mangelware. Und wenn mal eine Zusage kommt, müsse man immer mit einer Absage im letzten Moment rechnen. Mehrfach habe er das in den vergangene­n Jahren so erlebt.

Von Verbitteru­ng ist Tommi Piper dennoch so weit entfernt wie die TVFigur Alf von ihrem Heimatplan­eten Melmac. „Was ich alles erleben durfte …“, sagt er – und klingt für einen Moment etwas nachdenkli­ch –, „ich habe wirklich nichts ausgelasse­n.“

Rund 150 Fernseh- und Filmproduk­tionen, zahlreiche Theaterauf­führungen und -tourneen sowie etliche Hörspiele stehen zu Buche – sowie eine Karriere als Musiker, die neben vielen Singles und Alben auch ein Engagement als Sänger der Krautrockg­ruppe Amon Düül II aufweist.

Die Weichen für ein kreatives Leben wurden früh gestellt. Pipers Eltern waren Künstler: der Vater Schauspiel­er, die Mutter Tänzerin. Der kleine Tommi schnuppert­e deshalb schon früh Theaterluf­t. Während und nach dem Zweiten Weltkrieg zog es Familie Piper mal ins niederbaye­rische Straubing, mal nach München, dann nach Hamburg. Dort bekam er auch erste Schauspiel­engagement­s – was dem nimmermüde­n Kreativlin­g aber nicht reichte: Er machte Musik, lernte die Lieder von Hans Albers und entwickelt­e eine Leidenscha­ft für New-Orleans-Jazz. Nach einer Ausbildung zum Grafiker absolviert­e Tommi Piper

die Hamburger Schauspiel­schule, spielte Theater in Hannover und Lübeck. Dann kam schon die erste große Synchronro­lle: die Stimme für Little Joe in der Western-Kultserie „Bonanza“. Viele Hunderte Male gab er die deutsche Version des jüngsten Cartwright-Sprosses.

In den folgenden

Jahren lieh Piper verschiede­nen Hollywood-Stars seine markante, stets leicht angeraute Stimme, so: Harvey Fierstein, Nick Nolte, Tony Danza und dem jungen Jeff Bridges.

Zu Ruhm und Ehre kam er aber nicht durch die Synchronis­ation eines Menschen aus Fleisch und Blut – sondern durch seine Sprecherro­lle für eine Puppe: Für die 102-teilige amerikanis­che Sitcom „Alf“. Der putzige Außerirdis­che mit der rüsselarti­gen Nase entwickelt­e sich in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre zum Quotenhit, nicht zuletzt wegen der launigen Synchronis­ation Pipers.

Lange wollte Piper nicht so gerne über diese Rolle sprechen, war sie für ihn doch gleicherma­ßen Fluch und Segen: Dem Hype folgte prompt eine Auftragsfl­aute, ein Zurück ins ernste Fach wollte sich nicht einstellen. Heute aber sagt er: „So langsam merke ich, dass ich damit Fernsehges­chichte geschriebe­n habe.“Das zeige sich auch daran, dass er noch heute, gut 30 Jahre nach der letzten „Alf“-Folge, auf diese Figur angesproch­en werde. „Erst letzte Woche passiert, an der Supermarkt­kasse“,

Tommy Piper wird immer noch auf „Alf“angesproch­en, den er in der gleichnami­gen Serie synchronis­ierte sagt er nicht ohne Stolz. Auch seine Meinung über ein anderes TV-Format hat er über die Zeit geändert. Als ihn vor einigen Jahren die erste Anfrage für das „Dschungelc­amp“erreichte, kam ein Auftritt für ihn nicht infrage. 2019 gab er dem Werben aber nach, um bei der 13. Staffel von „Ich bin ein Star – holt mich hier raus!“mitzuwirke­n. Eine nicht nur finanziell lohnende Angelegenh­eit, wie er sagt: „Man macht da schon was durch: Diese Hitze in Australien, diese giftigen Viecher“– aber, so sagt er, das schweiße die Leute auch zusammen. „Wir sind uns am Ende in den Armen gelegen. Das war richtig sentimenta­l. Besser als manches Theaterstü­ck.“

Den 80. Geburtstag will Tommi Piper mit seiner Frau und einem Nachbarn feiern – unter Corona-Bedingunge­n. „Wir grillen Bratwürstc­hen und trinken Champagner und später hole ich mein Banjo raus. Das wird gemütlich.“Da war es wieder, dieses berühmte Lausbuben-Lachen.

„Erst letzte Woche passiert, an der Supermarkt­kasse.“

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FOTO: UNITED ARCHIVES/IMAGO IMAGES Ein Stück TV-Geschichte: Seine deutsche Stimme hatte Alf (= Alien Life Form = Außerirdis­che Lebensform) von Tommi Piper.
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FOTO: STEPHAN JANSEN Junggeblie­bener Achtziger: Tommi Piper.

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