Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Mehr E-Autos, mehr komplizierte Einsätze
Brennende E-Autos sind deutlich schwerer zu löschen, hat der Einsatz am Dienstag gezeigt
OBERESSENDORF - Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, werden in naher Zukunft deutlich mehr E-Autos auf deutschen Straßen fahren. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass es dann auch häufiger vorkommen wird, dass ein E-Auto in einen Unfall verwickelt wird oder aufgrund einer Fehlfunktion in Brand gerät. Wie schwierig es ist, ein brennendes E-Auto zu löschen, hat der Vorfall am Dienstag in Oberessendorf gezeigt – und das beschäftigt die Feuerwehren auch noch Tage danach.
Der E-Mercedes stand zu diesem Zeitpunkt an einer Schnell-Ladesäule auf dem Gelände der Firma Zimmermann in Oberessendorf. Der Besitzer des Fahrzeugs befand sich im Firmengebäude. Nach SZ-Informationen bemerkte der Halter des Fahrzeugs selbst, dass sein Auto anfing zu qualmen. Geistesgegenwärtig bat er eine Mitarbeiterin, die Feuerwehr zu rufen und eilte selbst schnell hinunter, um das Fahrzeug auszustecken und um seine Wertgegenstände aus dem Fahrzeug zu retten.
Die Feuerwehr aus Oberessendorf, die nach wenigen Minuten vor Ort war, begann das Auto mit Wasser zu löschen. Einsatzleiter war Feuerwehrmann Horst Waibel, der als einer der ersten vor Ort war. „Der Rauch kam aus dem hinteren Bereich des Fahrzeugs“, erinnert sich
Waibel. Bis jetzt sei noch nicht abschließend geklärt, ob es wirklich die Batterie gewesen sei, die sich in Brand gesetzt hatte oder ein anderes Fahrzeugteil.
Waibel und seine Feuerwehrkameraden haben bisher, wie die meisten Feuerwehrleute in Deutschland, lediglich in einem theoretischen Lehrgang der Landesfeuerwehrschule Bruchsal mitbekommen, was im Falle eines brennenden E-Autos zu tun ist. „Mir war klar, dass die Batterie mit Wasser zu kühlen ist, doch zuerst mussten wir das Fahrzeug vom Gebäude entfernen, damit dieses nicht in Brand gerät“, erläutert er. Das qualmende Fahrzeug wurde mit einem Gabelstapler der Firma auf einen nahegelegenen freien Platz gebracht.
Im Landkreis Biberach hatte es zuvor noch nie einen solchen Vorfall gegeben. Die Feuerwehren aus Eberhardzell und Oberessendorf sowie Unterstützung der Feuerwehr Biberach und der Werkfeuerwehr von Boehringer Ingelheim rückten mit an. Mit vor Ort war ebenfalls Kreisbrandmeisterin Charlotte Ziller. Sowohl sie als auch der Besitzer des Fahrzeugs stellten über das Autohaus Kontakt mit Experten des Herstellers Mercedes her, um die Frage zu klären, wie die Feuerwehren nach der primären Kühlung mit Strahlrohren am besten weiter vorgehen.
Nach Rücksprache mit Mercedes entschieden die Feuerwehrleute, das Auto in einen mit Wasser gefüllten
Container zu verladen, um es zu kühlen. Da in einem E-Auto die Teile ganz anders verbaut sind, zum Teil deutlich schwerer zugänglich sind und das Fahrzeug immer noch weiter qualmte, war nicht klar, ob es im Inneren der Batterie oder an einer anderen Stelle einen Schwelbrand gab und ob es eventuell noch zu einer stärkeren Hitzeentwicklung oder sogar einer Explosion kommen könnte. Den Container stellte die Stützpunktfeuerwehr Biberach.
Wie es der Zufall wollte, war ein externer Experte von Mercedes an diesem Tag in der Nähe von Memmingen unterwegs und inzwischen in Oberessendorf eingetroffen. In Absprache mit diesem und als klar war, dass das Fahrzeug ausreichend gekühlt worden war, wurde es einige Stunden später aus dem Container herausgehoben und nach Begutachtung durch den Experten von Mercedes an einem sicheren Ort abgestellt. Die nächste Herausforderung war nun: Was geschieht mit dem Kühlwasser? Ist es vielleicht kontaminiert durch Säuren oder weitere Stoffe, die aus der beschädigten Batterie ausgetreten sind? Auch auf diese Frage wusste zuerst niemand eine Antwort.
Gemeinsam wurde entschieden, dass die Werkfeuerwehr von Boehringer, welche über die entsprechenden Gerätschaften verfügt, das kontaminierte Löschwasser absaugen und in einen anderen Container wieder ablassen sollte. Dieser Container steht nun auf dem Werksgelände von Boehringer. Erst wenn festgestellt ist, dass dieses Löschwasser nicht umweltschädlich ist, kann es in die Kanalisation abgelassen werden. Ansonsten, erläuterte Kreisbrandmeisterin Ziller, müsse es kontrolliert der Verbrennung zugeführt werden.
„Wir gehen davon aus, dass je mehr E-Autos auf unseren Straßen fahren, es auch mehr Vorfälle mit EAutos geben wird. Daher werden unsere Feuerwehrleute zeitnah zu diesem Thema geschult werden. Doch die Coronapandemie hat auch hier zu Verzögerungen geführt“, sagt Ziller.
Umrüsten auf neue Gerätschaften müssten die Feuerwehrleute nicht. Die erste Aktion sei weiterhin, das beschädigte Fahrzeug mit Wasser zu kühlen. Es sei jedoch zu überlegen, ob die benötigten Container für die Kühlung der E-Autos an weiteren Stellen im Landkreis Biberach deponiert werden sollten. Der Vorfall habe gezeigt, dass es wichtig sei, auch für diese Art des Einsatzes ein einheitliches Prozedere zu entwickeln.
Der E-Mercedes wurde bereits am Mittwoch von Experten der Automarke abgeholt und anschließend untersucht. Wie das Unternehmen mitteilte, werde man den Vorfall umgehend prüfen. Ob es sich um einen Produktionsfehler handele, dazu könne man im Moment noch keine Aussage machen.