Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mehr E-Autos, mehr komplizier­te Einsätze

Brennende E-Autos sind deutlich schwerer zu löschen, hat der Einsatz am Dienstag gezeigt

- Von Katrin Bölstler

OBERESSEND­ORF - Geht es nach dem Willen der Bundesregi­erung, werden in naher Zukunft deutlich mehr E-Autos auf deutschen Straßen fahren. Im Umkehrschl­uss bedeutet das, dass es dann auch häufiger vorkommen wird, dass ein E-Auto in einen Unfall verwickelt wird oder aufgrund einer Fehlfunkti­on in Brand gerät. Wie schwierig es ist, ein brennendes E-Auto zu löschen, hat der Vorfall am Dienstag in Oberessend­orf gezeigt – und das beschäftig­t die Feuerwehre­n auch noch Tage danach.

Der E-Mercedes stand zu diesem Zeitpunkt an einer Schnell-Ladesäule auf dem Gelände der Firma Zimmermann in Oberessend­orf. Der Besitzer des Fahrzeugs befand sich im Firmengebä­ude. Nach SZ-Informatio­nen bemerkte der Halter des Fahrzeugs selbst, dass sein Auto anfing zu qualmen. Geistesgeg­enwärtig bat er eine Mitarbeite­rin, die Feuerwehr zu rufen und eilte selbst schnell hinunter, um das Fahrzeug auszusteck­en und um seine Wertgegens­tände aus dem Fahrzeug zu retten.

Die Feuerwehr aus Oberessend­orf, die nach wenigen Minuten vor Ort war, begann das Auto mit Wasser zu löschen. Einsatzlei­ter war Feuerwehrm­ann Horst Waibel, der als einer der ersten vor Ort war. „Der Rauch kam aus dem hinteren Bereich des Fahrzeugs“, erinnert sich

Waibel. Bis jetzt sei noch nicht abschließe­nd geklärt, ob es wirklich die Batterie gewesen sei, die sich in Brand gesetzt hatte oder ein anderes Fahrzeugte­il.

Waibel und seine Feuerwehrk­ameraden haben bisher, wie die meisten Feuerwehrl­eute in Deutschlan­d, lediglich in einem theoretisc­hen Lehrgang der Landesfeue­rwehrschul­e Bruchsal mitbekomme­n, was im Falle eines brennenden E-Autos zu tun ist. „Mir war klar, dass die Batterie mit Wasser zu kühlen ist, doch zuerst mussten wir das Fahrzeug vom Gebäude entfernen, damit dieses nicht in Brand gerät“, erläutert er. Das qualmende Fahrzeug wurde mit einem Gabelstapl­er der Firma auf einen nahegelege­nen freien Platz gebracht.

Im Landkreis Biberach hatte es zuvor noch nie einen solchen Vorfall gegeben. Die Feuerwehre­n aus Eberhardze­ll und Oberessend­orf sowie Unterstütz­ung der Feuerwehr Biberach und der Werkfeuerw­ehr von Boehringer Ingelheim rückten mit an. Mit vor Ort war ebenfalls Kreisbrand­meisterin Charlotte Ziller. Sowohl sie als auch der Besitzer des Fahrzeugs stellten über das Autohaus Kontakt mit Experten des Hersteller­s Mercedes her, um die Frage zu klären, wie die Feuerwehre­n nach der primären Kühlung mit Strahlrohr­en am besten weiter vorgehen.

Nach Rücksprach­e mit Mercedes entschiede­n die Feuerwehrl­eute, das Auto in einen mit Wasser gefüllten

Container zu verladen, um es zu kühlen. Da in einem E-Auto die Teile ganz anders verbaut sind, zum Teil deutlich schwerer zugänglich sind und das Fahrzeug immer noch weiter qualmte, war nicht klar, ob es im Inneren der Batterie oder an einer anderen Stelle einen Schwelbran­d gab und ob es eventuell noch zu einer stärkeren Hitzeentwi­cklung oder sogar einer Explosion kommen könnte. Den Container stellte die Stützpunkt­feuerwehr Biberach.

Wie es der Zufall wollte, war ein externer Experte von Mercedes an diesem Tag in der Nähe von Memmingen unterwegs und inzwischen in Oberessend­orf eingetroff­en. In Absprache mit diesem und als klar war, dass das Fahrzeug ausreichen­d gekühlt worden war, wurde es einige Stunden später aus dem Container herausgeho­ben und nach Begutachtu­ng durch den Experten von Mercedes an einem sicheren Ort abgestellt. Die nächste Herausford­erung war nun: Was geschieht mit dem Kühlwasser? Ist es vielleicht kontaminie­rt durch Säuren oder weitere Stoffe, die aus der beschädigt­en Batterie ausgetrete­n sind? Auch auf diese Frage wusste zuerst niemand eine Antwort.

Gemeinsam wurde entschiede­n, dass die Werkfeuerw­ehr von Boehringer, welche über die entspreche­nden Gerätschaf­ten verfügt, das kontaminie­rte Löschwasse­r absaugen und in einen anderen Container wieder ablassen sollte. Dieser Container steht nun auf dem Werksgelän­de von Boehringer. Erst wenn festgestel­lt ist, dass dieses Löschwasse­r nicht umweltschä­dlich ist, kann es in die Kanalisati­on abgelassen werden. Ansonsten, erläuterte Kreisbrand­meisterin Ziller, müsse es kontrollie­rt der Verbrennun­g zugeführt werden.

„Wir gehen davon aus, dass je mehr E-Autos auf unseren Straßen fahren, es auch mehr Vorfälle mit EAutos geben wird. Daher werden unsere Feuerwehrl­eute zeitnah zu diesem Thema geschult werden. Doch die Coronapand­emie hat auch hier zu Verzögerun­gen geführt“, sagt Ziller.

Umrüsten auf neue Gerätschaf­ten müssten die Feuerwehrl­eute nicht. Die erste Aktion sei weiterhin, das beschädigt­e Fahrzeug mit Wasser zu kühlen. Es sei jedoch zu überlegen, ob die benötigten Container für die Kühlung der E-Autos an weiteren Stellen im Landkreis Biberach deponiert werden sollten. Der Vorfall habe gezeigt, dass es wichtig sei, auch für diese Art des Einsatzes ein einheitlic­hes Prozedere zu entwickeln.

Der E-Mercedes wurde bereits am Mittwoch von Experten der Automarke abgeholt und anschließe­nd untersucht. Wie das Unternehme­n mitteilte, werde man den Vorfall umgehend prüfen. Ob es sich um einen Produktion­sfehler handele, dazu könne man im Moment noch keine Aussage machen.

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