Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Brauereigaststätte soll im Sommer öffnen
Zwei Kanadier haben große Pläne für den ehemaligen „Goldenen Adler“in Schemmerhofen
SCHEMMERHOFEN - Einkehrmöglichkeiten sind rar in Schemmerhofen: Doch bereits im Sommer soll im ehemaligen „Goldenen Adler“ein neues Gasthaus mit einer eigenen Brauerei entstehen. Hinter dem Projekt stehen zwei Chemiker aus Kanada. Für sie ist es ein „Lebensprojekt“, für das sie aber auch ein finanzielles Risiko eingehen.
Mehr als drei Jahre haben Mirka Blanchet und Cedrickx Godbout nach einem Ort gesucht, um ihren Traum zu verwirklichen. Im vergangenen Jahr wurden sie dann in Schemmerhofen fündig. Das ehemalige Gasthaus Adler in der Schemmerhofer Ortsmitte stand zum Verkauf. „Das war Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Cedrix Godbout.
Im November kaufte das Paar das Gebäude an der Ringstraße. Die Bausubstanz und selbst viele Möbel waren gut erhalten, die ehemalige Kegelhalle bietet genug Platz, um alle Ideen in die Tat umzusetzen. Denn Blanchet und Godbout haben Großes geplant: Sofern es die Corona-Auflagen zulassen, wollen sie voraussichtlich im Juni eine Brauereigaststätte eröffnen und mit handgemachtem Bier, einer Craftbier-Boutique und einer großen Speisekarte ihre Gäste überzeugen. Wenn der Betrieb einmal läuft, könnten auch Musik- und Ausstellungen stattfinden. Im Innenraum sollen künftig etwa 60 Personen Platz finden, auf der Terrasse und in dem Biergarten zusätzlich weitere 100 Personen.
Noch laufen die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen: Die Haustechnik muss komplett erneuert, Rohre und Leitungen verlegt werden. Die Wände bekommen einen neuen Anstrich, das Gebäude braucht neue Türen. „Wir wollen das Gasthaus einladend und offen gestalten“, erzählt Godbout. „Mit einer Mischung aus Alt und Neu.“Die Pläne dafür haben er und seine Frau längst fertig.
Im Mittelpunkt der Gaststätte soll das Bier stehen. „Hier soll ein gemütlicher Treffpunkt für die Gemeinde entstehen“, sagt Godbout und fügt hinzu: „Mit Bier kann man die Leute zusammenbringen.“Die Idee für eine eigene Gaststätte kam Mirka Blanchet bereits vor längerer Zeit. Schon als die beiden noch zusammen in ihrem Heimatland Kanada lebten, tranken sie gerne Bier. Dort gibt es zahlreiche kleinere Brauereien und Zusammenschlüsse von privaten Hobbybrauern.
Bei einem Braukurs habe sie dann richtig Feuer gefangen, erzählt Blanchet. Seit 2013 lebt das Paar mit seinen Kindern in Attenweiler. Damals kam Godbout aus beruflichen Gründen in die Region, nachdem eine Abteilung im Boehringer-Werk in Montreal geschlossen worden war. Deutschland kannte Godbout bereits von seiner Promotions-Zeit im Ruhrgebiet. Blanchet arbeitete lange als Chemikerin für die kanadische Regierung. In Deutschland kümmerte sie sich vor allem um ihren Sohn und ihre Tochter. Jetzt aber hat sie Zeit gefunden für ihre Passion, das Bierbrauen. Vor fünf Jahren begann sie damit in der eigenen Küche. Dort experimentiere sie mit der Zubereitung und den Zutaten. Als Chemikerin sei das Brauen für sie „kein Hexenwerk“: „Eigentlich erkennt man schnell, wenn das Bier nicht gut gelungen ist“, erzählt sie. Aus dem Hobby entstand dann die Idee, eine eigene Firma zu gründen.
Blanchet besuchte einen Kurs bei der IHK, schrieb einen Businessplan, kümmerte sich um die Formalitäten. Als sich dann in Schemmerhofen die Chance zum Kauf bot, zögerten sie und ihr Mann nicht mehr lange. „Wir investieren hier für uns eine riesige Summe“, erzählt Godbout. „Wenn wir verraten würden, wie viel, würden die meisten Schwaben sagen, die Kanadier sind verrückt.“
Das Paar möchte künftig nicht nur in Schemmerhofen arbeiten, sondern auch im Obergeschoss des Gasthauses wohnen und den Garten im Hinterhof nutzen. Hier planen sie, eigenen Hopfen anzubauen. Getestet haben sie das bereits in Attenweiler. „Wir haben ein paar Sorten ausprobiert, der wächst hier hervorragend“, erzählt Godbout. Der Hopfen sei später aber eher dafür gedacht, um den Gästen die wichtige Bierzutat zeigen zu können. Für die Menge, die im Gasthaus künftig gebraut werden soll, reicht der Hopfen nicht aus. Blanchet rechnet für den Anfang mit 1000 Liter am Tag. Zusätzlich könnten in der Bierboutique auch weitere Craftbiere verkauft werden.
Großen Wert legen Blanchet und ihr Mann Godbout auch auf das Essen. „Wir wollen einen guten Koch und Servicekräfte finden“, sagt sie. Auf der Speisekarte sollen dann durchaus typisch kanadische Gerichte wie etwa geräuchertes Rindfleisch, aber auch schwäbische Gerichte stehen. Entscheidend sei, dass mit regionalen und saisonalen Zutaten gekocht werde.
Das Interesse der Schemmerhofer an der neuen Brauereigaststätte ist bereits groß. Das merken Blanchet und Godout. „Viele Leute kommen schon an die Tür und möchten reinschauen“, erzählt Godbout. „Schön, dass es hier weitergeht“, diesen Satz hören sie immer wieder. Und beide glauben fest daran, dass das auch so kommt. „Vielleicht ist es im Sommer genau die richtige Zeit.“Wenn das Schlimmste der Pandemie überstanden sein dürfte, sehnen sich wohl viele nach einem Besuch im Biergarten. Bis dahin gibt es für Blanchet und Godbout noch viel zu tun. Doch beide sind optimistisch, dass sie rechtzeitig öffnen können.