Schwäbische Zeitung (Laupheim)
1763 Nachwuchsmusiker spielen online vor
„Jugend musiziert“findet in ungewohnter Form statt – Jurys sitzen auch in der Landesakademie Ochsenhausen
OCHSENHAUSEN - Die 58. Auflage von „Jugend musiziert“ist eine besondere. Sie ist die erste des großen musikalischen Jugendwettbewerbs, die – gezwungenermaßen – in digitaler Form angeboten wird. 1763 der besten Nachwuchsmusiker aus dem ganzen Land haben ihre Beiträge für den Wettbewerb eingereicht. Diese Videos werden seit Mittwoch von knapp 100 Juroren an der Landesakademie Ochsenhausen und der Bundesakademie Trossingen gesichtet und bewertet. Ein erstes Fazit der Verantwortlichen fällt positiv aus. „Es ist erstaunlich, was die jungen Leute auf die Beine gestellt haben“, sagt Harald Maier, Generalsekretär des Landesmusikrats, der den Wettbewerb in Baden-Württemberg organisiert.
Im vergangenen Jahr hatten die Regionalwettbewerbe noch wie geplant stattfinden können, doch dann stoppte die Pandemie die Entscheidungen auf Landes- und Bundesebene. „In diesem Jahr konnten wir uns vorbereiten, wir wussten ja, dass es keine Präsenzwettbewerbe geben wird“, erzählt Harald Maier. Und da die Regionalwettbewerbe im Januar nicht hätten stattfinden können, seien die Regional- und Landesebene zusammengefasst worden. Vor einigen Wochen sei dann entschieden worden, auf Videoformate zu setzen, die die Teilnehmer bis zum 7. März selbst hatten drehen und einreichen müssen. „Damit sind wir in bester Gesellschaft, auch die großen renommierten Wettbewerbe haben
ANZEIGEN sich für diese Form entschieden“, ergänzt der Generalsekretär des Landesmusikrats.
1250 Videos seien von 1763 Nachwuchsmusikern aus ganz BadenWürttemberg hochgeladen worden. „Es hat mich sehr berührt, dass so viele den Aufwand nicht gescheut und gezeigt haben, wie wichtig ihnen dieser Wettbewerb ist“, sagt Harald Maier. Dieses Jahr sind die Solokategorien Blasinstrumente, Zupfinstrumente, Bass (Pop), Musical und Orgel an der Reihe. In den Ensemblewertungen sind Duo Klavier und ein Streichinstrument, Klavier vierhändig, Duo-Kunstlied und Zupf-Instrumente vertreten.
Insgesamt wurden von den Teilnehmern zwei Terabyte Daten hochgeladen. Diese zu ordnen und zu bewältigen, ist laut Harald Maier zwar eine Herausforderung gewesen. Es sei den Veranstaltern jedoch ein großes Anliegen gewesen, dass die Kinder und Jugendlichen, die monatelang geübt hätten, nicht enttäuscht werden und ihre Stücke präsentieren dürfen. Die Aufnahmequalität der eingereichten Beiträge sei „erstaunlich gut“, sagt Harald Maier. „Unsere Juroren können anhand eines solchen Videos problemlos beurteilen, wo jemand künstlerisch steht.“
Dies tun sie nun noch bis Sonntag in Ochsenhausen und Trossingen. „Wir freuen uns, dass wir diesen für den musikalischen Nachwuchs so wichtigen Wettbewerb durch unsere Arbeit unterstützen können“, sagt der Ochsenhauser Akademiedirektor Prof. Dr. Klaus K. Weigele. Für die jungen Musikerinnen und Musiker sei es wichtig, dass dieser Wettbewerb auch unter Pandemie-Bedingungen stattfinden könne. Weigele ist Teil einer der 24 Jurys, die die Solo- und Ensemblewertungen vornehmen und entscheiden, wer eine Weiterleitung zum Bundeswettbewerb erhält. Dieser ist in den Pfingstferien in Bremen geplant.
Gemeinsam mit Christian Segmehl, Bernd Ballreich und Franziska Lee bewertet Weigele die SaxofonBeiträge. Zu viert sitzen die Jurymitglieder in einem großen Raum, jeder an einem Tisch. Die eingereichten Werke flimmern über einen Bildschirm, die Musik kommt aus zwei großen Lautsprechern.
Weigele bestätigt Harald Maiers Einschätzung: Man könne den Leistungsstand der Musizierenden auch in dieser etwas ungewohnten Form erkennen. „Viele gehen souverän mit dem Medium um“, lobt der Akademiedirektor. Was aber fehle, sei die Atmosphäre. Diese vermisst auch Christian Segmehl. „Es ist ein Riesenunterschied, wenn man vor Publikum spielen muss.“So wirke alles ein wenig bizarr.
Harald Maier vom Landesmusikrat pflichtet den Jurymitgliedern bei. Wer eine Veranstaltung von „Jugend musiziert“einmal live erlebt und Hunderte Kinder bei der Bekanntgabe der Ergebnisse jubeln gehört habe, wisse, was in diesem Jahr fehle. „Insofern ist dieses Format für uns keine Freude.“Sein Wunsch für die kommenden Jahre: „Wir hoffen, dass der Wettbewerb in dieser Form eine einmalige Sache bleibt.“